Liebling der Götter
dazu noch sehr gewissenhafter Vorbesitzer. Für dich kostet der ganze Spaß …«
»Vergiß es«, winkte Apollo ungeduldig ab. »Diesen hier oder keinen, klar? Wenn du meinst, du schaffst es nicht«, fügte er mit bedrohlichem Unterton hinzu, »dann kenne ich da ein paar Zwerge, die das bestimmt hinkriegen.«
Vulcanus blickte ihn böse an. »Also gut, ich mach’s, ist ja nicht mein Geld.«
»Du sagst es. Ich brauche den Wagen bis zum Wochenende, also haue rein.« Dann machte sich Apollo einfach davon und brach auf diese Weise die Debatte abrupt ab.
Nachdem Apollo verschwunden war, verbrachte Vulcanus fast eine halbe Stunde damit, kleine Skizzen auf den Umschlag zu kritzeln. Dann sah er sich noch einmal alles in Ruhe an, drehte und wendete den Umschlag hin und her, bis er ihn schließlich zerriß und seine Mitarbeiter zusammentrommelte. Vulcanus’ Personal setzt sich in erster Linie aus Zyklopen zusammen, jenen kannibalischen Donnerriesen aus Sizilien, die nur ein Auge haben, und das auch noch auf der Stirn. Genau in diesem Augenblick saßen sie bei voll aufgedrehtem Transistorradio um den Reifenspanner herum, spielten Poker und schielten (mit Ausnahme von Bia) hin und wieder nach dem Pirelli-Kalender (was einem als Einäugiger erst mal jemand nachmachen muß).
»Brontes!« rief Vulcanus. »Sthenos! Bia! Kratos! Kommt sofort her, es gibt was zu tun!«
Murrend unterbrachen die Zyklopen das Pokerspiel und schlurften in die Reparaturwerkstatt, wobei sie mit den klobigen Füßen Furchen in den Staub zogen.
»Worum geht’s denn, Boß?« wollte Brontes wissen.
Vulcanus zeigte auf die hydraulische Hebebühne. »Seht ihr das Ding da oben?«
»Klar, Boß.«
»Und was ist das?«
Brontes kratzte sich am Kopf. Nachdenken, solange es sich nicht auf das Anziehen von Muttern und das Treffen von Gegenständen mit einem Schraubenschlüssel beschränkte, gehörte nicht gerade zu seinen Stärken. »Sieht aus wie ein Volkswagen, Boß.«
»Gut geraten, Brontes. Und jetzt hört mir mal zu …«
»Danke, George«, sagte Jason. »Hol mich bitte morgen früh gegen halb neun ab, ja?«
George blickte ihn mürrisch an. »So etwas hast du das letztemal auch gesagt, erinnerst du dich?«
»Ist ja gut …«
»›In spätestens zwei Stunden müßte ich wieder zurück sein‹, hast du gesagt.«
»George, spielt doch jetzt …«
»Volle vierzehn Stunden hat’s gedauert!« empörte sich George.
»Ich gebe zu, daß ich ein bißchen das Zeitgefühl verloren hatte. Aber ich habe dir doch schon gesagt, daß es mir leid tut.«
George ersparte sich weitere Bemerkungen und schüttelte nur verärgert den Kopf. Dann startete er den Golfbuggy und fuhr davon.
Jason suchte nach dem Hausschlüssel, öffnete die Tür und ging hinein. »Hallo, Mum, ich bin’s!« rief er durch den Flur.
»Bist du’s, Jason?« erkundigte sich eine Stimme aus der Küche.
Wie üblich murmelte Jason leise im Flur: »Nein, es ist der Papst höchstpersönlich«, und betrat dann die Küche.
Mrs. Derry backte gerade Kekse. Soweit sich Jason erinnern konnte, hatte es noch nie einen Zeitpunkt gegeben, an dem seine Mutter keine Kekse gebacken hätte. Komisch daran war nur, daß er Kekse noch immer furchtbar gern mochte, obwohl er sie schon bergeweise gegessen hatte. Genauso erging es seinem Vater und auch seiner Mutter. Aber selbst wenn sie alle drei zusammen in Schichten rund um die Uhr gegessen hätten, wäre es ihnen wohl kaum möglich gewesen, die Unmengen an Schmalzgebäck, Ingwerplätzchen, Schokoladenkeksen und Waffelröllchen zu vertilgen, die im Verlauf der letzten fünfzehn Jahre in dieser Küche produziert worden waren. Das wiederum bedeutete, daß die meisten von ihnen noch irgendwo im Haus lagern mußten. Im Schrank unter der Treppe, im Gewächshaus, im Geräteschuppen oder sonstwo. Eines Tages öffnet er eine Tür, und sämtliche Plätzchen werden sich über ihn ergießen …
»Tut mir leid, daß ich mich etwas verspätet habe, Mum, aber ich bin von ein paar Geisterkriegern aufgehalten worden.«
»Das macht nichts, Schatz. Dein Vater war hier.«
»Ich weiß. Der große Dad, hast du am Telefon gesagt. Was wollte er denn?«
Mrs. Derry hörte mit dem Teigkneten auf und wischte sich entschlossen die Hände ab. »Er ist sehr böse auf dich, Jason.«
Wie wir wissen, haben die meisten Namen eine bestimmte Bedeutung. Dorothea bedeutet zum Beispiel ›Geschenk Gottes‹, Winfried ›Freund des Friedens‹ und Stephan ›der Gekrönte‹. Soviel wir
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