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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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aus tiefem Schlaf gerissen.
    Als halbgöttliches Wesen konnte Jason normalerweise selbst bei massivsten Störungen durchschlafen, diese hier aber war selbst für ihn zuviel. Nach einer Halbschlafphase, während der er von Träumen heimgesucht wurde, in denen riesige Drosseln mit dem Schnabel auf bunten Schneckengehäusen herumtrommelten, zog er sich aus dem Bett, tastete im Dunkeln nach dem Schwert von Wen-zum-Teufel-kratzt-schon-der-Name und taumelte zum Fenster. Als er den Vorhang aufzog, sah er, wie ein großer Vogel ans Fenster klopfte.
    »Hau ab hier, husch!«
    Der Vogel ließ sich nicht verscheuchen. Dann fiel Jason auf, daß es sich um einen Adler handelte, und obwohl für ihn ein Adler fast wie der andere aussah, öffnete er aus einer spontanen Eingebung heraus das Fenster um eine Handbreit.
    »Was willst du?« fragte er den Vogel.
    Der Adler schob kreischend eine Kralle zwischen das Fenster. Seufzend öffnete Jason es ganz, und der Vogel hüpfte herein. Dann schüttelte sich der Adler den Regen aus den Federn und verwandelte sich in eine wunderschöne junge Frau.
    »Hallo!« begrüßte sie Jason freundlich. »Tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe, aber hast du vielleicht einen Augenblick Zeit für mich?«
    Jason nickte nur und deutete mit einer knappen Geste auf den Stuhl. Auf ihm lagen etliche Socken herum, von denen einige das Haltbarkeitsdatum bereits beträchtlich überschritten hatten, aber das Mädchen tat so, als schere es sich nicht darum.
    »Mein Name ist Adler«, sagte sie, »aber du kannst mich gern Mary nennen.«
    Erneut fiel Jason als Antwort nur ein stummes Nicken ein, denn es hatte ihm schlichtweg die Sprache verschlagen.
    »Ich bin eine gute Bekannte von Prometheus und Gelos«, fuhr das Mädchen fort. »Übrigens ist er eigentlich gar nicht Gelos, er heißt nur so; wenigstens ist das nicht sein richtiger Name, auch wenn er so genannt wird. In Wirklichkeit heißt er Dingsbums.«
    Jason nickte ein drittes Mal, als hätte er nie etwas Logischeres gehört.
    Das Mädchen lächelte ihn an, schlug die Beine übereinander und sagte: »Die beiden möchten gern wissen, ob du bereit wärst, ihnen einen kleinen Gefallen zu tun. Es hängt mit dem zusammen, was Dingsbums – das ist Gelos – dir neulich schon erzählt hat; also mit Jupiter und seinen Ablenkungstaktiken. Tut mir leid, wenn ich dich um diese Uhrzeit damit belästigen muß, aber das Haus ist fast die ganze Nacht von Göttern beobachtet worden, und mir ist es eben erst gelungen, sie loszuwerden.«
    Jasons verdutzter Gesichtsausdruck schien dem Mädchen wie die Bitte um eine Erklärung vorzukommen, wie sie das allein geschafft haben wollte, denn sie errötete leicht und fuhr unaufgefordert fort: »Ach, das war gar nicht so schwer. Ich habe einfach jedem der Reihe nach gesagt, ich würde mich gern mit ihm in zehn Minuten hinter dem …«
    »Ach so.«
    »Was die beiden jedenfalls von dir wollen …«
    »Nein«, widersprach er. »Tut mir leid, wirklich.«
    Das Mädchen blickte ihn erstaunt an. »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Nein, mein ›Wirklich‹ bezog sich auf das, was du davor gesagt hast.«
    »Ich sagte, tut mir leid.«
    »Und davor?«
    »Nein.«
    »Aha, und warum?«
    »Ich habe morgen früh genug zu tun«, antwortete Jason. »Vielleicht ein andermal.«
    Das schien auf das Mädchen eine merkwürdige Wirkung zu haben. Zuerst musterte sie aufmerksam ihre Arme, dann ihre Beine. Schließlich stand sie auf und betrachtete sich genau im Spiegel. Nachdem sie sich anscheinend davon überzeugt hatte, daß alles am richtigen Platz war, setzte sie sich wieder hin und sagte: »Jetzt mal im Ernst. Was die beiden von dir möchten …«
    »Nein, habe ich gesagt!« widersprach Jason heftig. »Das sollte ja wohl reichen.«
    »Aber wir …«
    »Ich sage das nicht einmal besonders gern, aber für mich ist die ganze Geschichte endgültig aus und vorbei. Ich habe genau darüber nachgedacht, und Tatsache ist, daß es für mich kein Zurück mehr gibt. Immerhin ist Jupiter mein Vater, und es wäre nicht richtig, wenn ich …«
    »Er hat versucht, dich umzubringen.«
    »Sicher, es gab da einige Unstimmigkeiten«, räumte Jason ein. »Und in gewisser Weise ist an deinen Worten etwas dran, aber …«
    »Er hat Mars und Pluto auf dich angesetzt – und einhundert Höllenkrieger.«
    »Die Höllenkrieger waren bestimmt nur zum Spaß da. Ich meine, man kann nicht von einem erwarten, einen Gegner ernst zu nehmen, wenn er – wie in einem dieser Zeitrafferfilme über das

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