Liebling, Ich Kann Auch Anders
x-mal zuvor. Ich habe gelernt. Jonathan sieht mich nicht als praktischen Ausheulkumpel. Er widmet meinen Themen genauso viel Zeit wie ich den seinigen. Da er als Lektor in dem Verlag arbeitet, der vermutlich meinen ersten eigenen Roman herausbringen wird, ist es wirklich nicht so, dass nur ich ihm was gebe. Er verfolgt mit Spannung den Fortschritt der Geschichte. Manchmal denken wir auch über einen Schluss nach – für den Fall dass die Weizeneggers und Eva in absehbarer Zeit nichts Packendes zustande bringen. Aber ich bin da ja ziemlich zuversichtlich.
Außer Gesprächen, tiefen Blicken und gegenseitigen Nackenmassagen (HWS-Syndrom, das Leiden der Schreibtisch-Täter …) ist zwischen Jonathan und mir übrigens noch nichts gelaufen. Aber ich habe mir vorgenommen, seinem männlichen Selbstbewusstsein wieder ein bisschen auf die Sprünge zu helfen. Das ist nämlich schon gewaltig ramponiert. Doch mein weibliches war es ja auch – besonders vor meiner gerechtigkeitsfördernden New-York-Reise.
Die hat mir übrigens zu Oliver verholfen. Mit ihm besuche ich gelegentlich Konzerte, Discos oder eine Studentenparty. Weiter will ich jedoch nicht gehen, denn zu sehr genieße ich es, nein zu sagen und mich dafür umso intensiver anhimmeln zu lassen. Ja, Sibylles Weisheiten zu befolgen, kann sehr sinnvoll sein, vor allem, wenn der Typ ohnehin keine allzu große Herausforderung darstellt … Aber wer weiß, vielleicht ergibt sich ja später irgendwann mal was, wenn unser Altersunterschied sich relativiert hat – wenigstens unter zwanzig Prozent absackt …
Mit Jonathan ist das anders. Er ist schon sechsunddreißig. Und bei ihm habe ich es endlich mal mit einem Mann zu tun, der meine physischen, psychischen und intellektuellen Qualitäten gleichermaßen schätzt und sich dabei als respektvoll und galant erweist. Das ist wie ein warmer Regen nach einer langen Dürreperiode. Die Wüste lebt!
Nachdem Francis mit den Geheimnissen ihres Natels ausreichend vertraut war, bot sie Marcel per Mail an, ihm ihre Telefonnummer mitzuteilen, falls er sich einverstanden erklären sollte, sie ausschließlich während der angegebenen Zeiten anzurufen. Nahezu mailwendend signalisiert er ihr sein Einverständnis.
Als sie am nächsten Tag schließlich Zeit fand, sich an den Computer in der Bibliothek zu setzen und Magnus ihre Nummer zu übermitteln, gelang es ihr nicht, die gewünschte Internetseite aufzurufen. Sie versuchte es mit anderen Adressen, doch nichts funktionierte mehr.
»Ich glaube, das Netz ist zusammengebrochen«, sagte sie zu Eva. Mit deren Notebook klappte jedoch der Kontakt.
»Euer Computer ist vielleicht ins Visier der Sittenkontrolle geraten und wurde lahmgelegt«, mutmaßte Eva grinsend.
Francis hegte da jedoch einen anderen Verdacht: »Ich fürchte fast, Thomas hat wieder mal ein Virus oder einen Wurm eingeschleppt!«
»Oh, das wäre fatal. Aber du kannst für dein Liebesgeplänkel gern auch mein Laptop benutzen.«
»Danke, das ist lieb. Werde ich auch gern tun. Aber es löst nicht das wirkliche Problem. Magnus wird stinksauer sein!«
Magnus war nicht nur stinksauer, sondern er rastete regelrecht aus, als er den Schaden bemerkte. Wie von Sinnen rannte er im Haus herum und brüllte wie ein angestochener Stier. Dann knöpfte er sich Thomas vor, der in Vorahnung des heraufziehenden Unwetters schon vor der Heimkehr seines Vaters die Hosen voll hatte und wie das inkarnierte Schuldbewusstsein herumschlich. Einen Moment lang befürchtete Francis sogar, Magnus könnte die Hand gegen Thomas erheben, was in der Familie Weizenegger einen absoluten Tabubruch bedeutet hätte. Während sie überlegte, wie sich das Schlimmste verhindern ließe, erschien Eva auf der Bildfläche. Die hatte nur wenig, aber doch das Essenzielle mitbekommen.
»Wenn du was derart Dringendes zu erledigen hast, dann kannst du auch gern mein Gerät benutzen«, bot sie Magnus an.
Er ging zwar nicht auf das Angebot ein, vergaß aber offenbar im Eifer der Erregung, dass seine Intimgegnerin vor ihm stand und wiederholte noch einmal die Gründe seines Zorns.
»Zig Mal habe ich ihm gesagt, er darf das Gerät nicht für irgendwelche Scheißraubkopien von seinen Kumpels benutzen. Diese Verblödungsspiele, die sie untereinander austauschen – ohnehin der letzte Schwachsinn, aber dafür hat er meinen alten PC auf seinem Zimmer!«
»Schon, aber der Monitor ist hopps gegangen«, entschuldigte sich Thomas kleinlaut.
»Noch lange kein Grund, meine
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