Liebling, Ich Kann Auch Anders
Zweimetermarke.«
»Donnerwetter! Einer der seltenen Fälle, bei denen die Namensgebung der Eltern voll ins Schwarze getroffen hat – im Gegensatz zu den mickrigen schwarzhaarigen Siegfrieds oder den blassen blonden Mädchen namens Carmen.«
Eva lachte kurz und setzte dann ihren Report fort: »Wir kamen ans Ufer und folgten einem schmalen Pfad, der über Baumwiesen und an Gärten vorbei führte. In der Schweiz gehört das Ufer genau wie in Deutschland dem Staat. Am Schweizer Bodenseeufer hindert dich auch kaum jemand daran, am Ufer entlangzuspazieren – selbst wenn du dabei ein privates Grundstück betrittst.
Wir gelangten schließlich zu einem kleinen Landvorsprung, auf dem einige Trauerweiden standen, deren Äste fast bis zum Wasser hinunter reichten. Ein floraler Baldachin, der vom Wasser aus wie ein dichter Vorhang wirken musste. Neben einem der Stämme stand ein alter Stahlrohrstuhl. Vielleicht war das ein Platz, wo sich gelegentlich ein Angler aufhielt oder jemand, der es liebte, in aller Stille Sonnenuntergänge zu genießen. Jedenfalls ließ sich Magnus in dem Stuhl nieder, und ich setzte mich auf seinen Schoß. Und dann haben wir uns geküsst – bis die Sonne unterging …«
»Moment, ich glaube, mit meiner Zeitrechnung stimmt was nicht. Die Sonne geht zurzeit gegen neun unter.«
»Ja, als ich heimkam, war’s kurz nach zehn Uhr.«
»Und als ihr dort ankamt?«
»Vermutlich kurz nach fünf.«
»Aha, ihr habt also viereinhalb Stunden lang auf einem Stuhl gesessen und geknutscht?«
»Nicht nur geknutscht. Wir haben natürlich auch geredet – also vor allem er. Und uns geküsst. Fast überall. Und es war traumhaft!«
Vermutlich schaute ich reichlich belämmert drein, denn Eva musste lachen. »Ja, ich hätte es auch nicht geglaubt, aber so was ist möglich«, schwärmte sie schließlich und bekam wieder diesen Gesichtsausdruck, als wäre sie etwas weggetreten.
»Plötzlich ist Magnus aufgeschreckt. ›Es ist ja schon dunkel! Hast du eine Ahnung, wie spät es ist?‹ Ich schätzte zwischen neun und halb zehn, was uns dann beide überraschte. Hand in Hand gingen wir zu meinem Auto zurück und ich fuhr ihn zu seinem, das im Schatten alter Bäume stand. Ein Maserati.«
»Oho, Maserati! Der Herr scheint in mancherlei Hinsicht das Exklusive zu schätzen!«
»Sieht so aus. Er bat mich, noch einen Moment zu warten, öffnete den Kofferraum, nahm zwei Päckchen heraus, die er sich unter den Arm klemmte, und einen eingewickelten Blumenstrauß von gigantischem Umfang. Er streifte das Papier ab und überreichte mir rosa Rosen in einem Gebinde mit Grün und Schleierkraut. »Mit diesem Strauß möchte ich dich um Verzeihung bitten für die Seelenpein, die ich dir bereitet habe.«
»Hm, nobel! Das könnte mir auch gefallen. Zumindest hat er so was wie Stil, der Typ.«
»Allerdings. Dann gab er mir noch die Päckchen. Es waren Bücher. Berühmte Liebespaare der Weltgeschichte und ein Cartoon zum Thema Sexualaufklärung.«
»Er scheint ja wirklich an alles zu denken.«
»Und ich an nichts außer an ihn. – Im Moment.«
Ich stand auf und umarmte sie. »Ich muss gestehen, dass ich schon einen Riesenhass hatte auf diesen Typen. Aber das, was er gestern geleistet hat, stimmt mich etwas milder.«
Eva stand auf, zog ein zusammengefaltetes Blatt aus ihrer Handtasche und reicht es mir. Es war der Ausdruck einer Mail vom Morgen:
›Deinen Duft, liebste Eva, an mir spürend und atmend, deine Stimme im Nachklingen, schwinge ich durch den Tag, umarme dich, alles von dir! Unendlich der Strom deiner Gefühle, deine Wärme – jede Distanz verachtend, dein Lachen, jeden Schild neckend. Berauscht von deinem Eros, kein Innehalten! Jede Faser nimmt dich wahr! Alle Normen vergessend, nur ein Gedanke: Schicksal!‹
Mir kam’s wieder einmal ein bisschen schwülstig vor, was möglicherweise auch nur daran lag, dass der Schrieb nicht an mich gerichtet war.
»Sehr eindrucksvoll«, lobte ich und reichte ihr das Blatt zurück. Sie schwamm so tief im Glück, dass ihre Ohren ganz unempfänglich waren für meine Ironie.
»Stört es dich denn gar nicht, dass er verheiratet ist?«, fragte ich.
Ein winziger Anflug von Neid hatte mir ins Bewusstsein gerufen, dass ich dennoch privilegiert war. Die Nächte in Benis Armen … Magnus mochte ja in mancherlei Hinsicht ein paar Nummern größer sein als Beni, aber auf solche Freuden musste meine arme Freundin ja wohl verzichten.
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Natürlich
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