Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebling, Ich Kann Auch Anders

Liebling, Ich Kann Auch Anders

Titel: Liebling, Ich Kann Auch Anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Kast-Riedlinger
Vom Netzwerk:
als schick.
    »Ein Ehemann würde sich mit zu viel Schick möglicherweise verdächtig machen … Aber weiter: Die Jungs waren außer Haus. Leonardo an der Uni und David in der UB. Ich rannte also halb nackt durch die Wohnung, legte eine meiner seit Langem bewährten Motivations-CDs auf: Man, I feel like a woman von Shania Twain. Dazu tanzte ich wild herum. Das Wetter war fantastisch. Der erste warme Maitag nach den nicht enden wollenden Eisheiligen. Ich schaute aufs Thermometer: fünfundzwanzig Grad! O Schreck! Ich hatte nichts anzuziehen!«

    »Hast du diesen Spruch eigentlich je aus dem Munde eines Mannes gehört?«
    »Nein, Männer ziehen ja auch jeden Tag dasselbe an. Aber du weißt doch, dass ich nicht so viel mitgenommen hatte – und Schickes sowieso nur für kühlere Tage. Also setzte ich mich aufs Rad und raste in die Stadt. Es war kurz vor zwölf Uhr. Du kennst mich ja: Ich habe nie das Problem, keine Klamotten zu finden, die mir passen und gefallen, sondern eher zu viele. Also riss ich mich mit aller Gewalt zusammen und beschränkte mich auf ein einziges Kleid! Sonst wäre das Theater ja in der Wohnung wieder losgegangen, ich hätte mich nicht entscheiden können, das eine aus, das nächste an gezogen und wieder von vorn angefangen. Ich fand was ganz Tolles: einen sonnengelben Traum aus Crêpe de Chine mit Corsagen-Oberteil und sanft schwingendem Rock. Zeig ich dir nachher, ich hab’s in der Reisetasche. Nun brauchte ich natürlich noch ein Paar neue Schuhe, denn ich konnte ja schlecht schwarze Pumps zum Sommerkleid tragen. Also Sandaletten. Die hier.«
    Sie streckte mir ihr rechtes makelloses Bein hin, dessen Fuß in einer eleganten Sandalette mit hellblauen Riemchen steckte.
    »Sehr schön – dafür, dass du sie in der Provinz gekauft hast«, lobte ich provozierend.
    »Danke! – Um halb zwei war ich schließlich zu Hause. Ich stellte mich zum zweiten Mal unter die Dusche und cremte mich erneut ein. Vor allem Arme und Beine, denn meine Haut sollte ja seidig schimmern. Dann nahm ich mir mein Haar noch einmal vor, und schließlich schminkte ich mich sorgfältig und wirkungsvoll. Als ich mich im neuen Kleid und mit den neuen Schuhen im Spiegel betrachtete, gefiel ich mir sogar selbst und ich hoffte, dass Magnus/Adonis/Quasimodo bei meinem Anblick der Atem stocken würde. Ich brachte es allerdings nicht übers Herz, der Frisur wegen das Verdeck geschlossen zu halten. Irgendwo hat die Eitelkeit auch ihre Grenzen. Um halb drei saß ich im Auto. Das konnte hinhauen. Du weißt ja, dass auch ich auf absolute Pünktlichkeit dressiert worden bin. Natürlich waren alle Ampeln auf Rot, und die Bahnschranke ging auch gerade runter, als ich mich dem Übergang näherte. Ich blickte abwechselnd auf die Uhr und in den Spiegel. Nebenbei übte ich mich für den Notfall darin, meine Gesichtszüge bei einem freundlichen Lächeln einzufrieren. Du weißt ja, wie deutlich mir oft anzusehen ist, was ich denke oder fühle. Sehr hilfreich für dieses Unterfangen war auch meine dunkle Sonnenbrille.«

    »Allerdings!« Das ist auch etwas, das ich an Eva liebe: Wenn ich mit ihr unterwegs bin, brauche ich sie nie zu fragen, was sie von dieser oder jener Person hält. Ich brauche sie nur anzusehen und weiß Bescheid. Lüge und Heuchelei liegen ihr absolut fern, wären bei ihrem Mienenspiel auch völlig zwecklos.

    »Ich wollte unter allen Umständen vermeiden, ihn zu kränken. Plötzlich bekam ich richtiggehend Schiss vor der Begegnung. Ich war mir absolut klar, welch große Rolle meine Fantasie bei der ganzen Sache spielte. Die Wahrscheinlichkeit, dass Magnus mir nicht gefiel, war realistisch betrachtet hundertmal größer als jede andere. Ich wusste, er ist intelligent, geistreich, gebildet, charmant, schlagfertig und sensibel. In meinen geheimen Träumen war er jedoch überdies schön, groß, wohlriechend und mit starker erotischer Ausstrahlung ausgestattet. Aber im Grunde wäre doch eher anzunehmen und außerdem gerechter, dass nicht einer alles hat, sondern die himmlischen Segnungen einigermaßen gleichmäßig gestreut sind.«
    Ich musste lachen. »Schon, aber das Leben ist nicht gerecht. Sonst hättest du auch nicht all die Vorzüge, mit denen du gesegnet bist.«
    »Ich hab ja dafür anderswo Macken. Jedenfalls fand ich’s gut, dass ich zumindest meine verräterischen Augen hinter dunklen Gläsern verstecken konnte. Auf meiner Uhr war es fast drei, als ich mein Auto auf den Parkplatz nahe der Schiffslände lenkte. Meins war

Weitere Kostenlose Bücher