Liebling, Ich Kann Auch Anders
konnte. Das Catering war vorzüglich und die Karibikband, die am späteren Abend aufspielte, sorgte für heiter-gelassene Ferienstimmung. Eva war eine heiß begehrte Tänzerin. Sie gab keinem einen Korb, bedankte sich allerdings jeweils nach nur einem Tanz, ließ sich vom nächsten Herrn auffordern und tanzte wie in Trance entrückt, sodass keiner sich näher an sie ran traute. Es hätte mir nur zu gut gefallen, wenn Ruben sie in diesem Zustand angetroffen hätte. Selbst er wäre gnadenlos abgeblitzt. Aber Ruben bekam keine Einladung zu Sibylles Festen mehr, seit er einmal ohne Entschuldigung ferngeblieben war.
Wie sich das für beste Freundinnen gehört, blieben wir bis zuletzt. Das dachten wir zumindest, bis wir beim Aufräumen einen schlafenden Gast auf der Terrasse fanden. Er war ein potenzieller Klient Sibylles, weshalb wir ihn nach mehreren erfolglosen Weckversuchen mit vereinten Kräften ins Gästezimmer schleppten, von allen einzwängenden Kleidungsstücken befreiten und liebevoll zudeckten. Mit dieser zuvorkommenden Behandlung dürften wir ihn zum sicheren Klienten befördert haben.
Nach getaner Arbeit öffnete Sibylle noch eine Flasche Schampus, und wir konnten endlich im gewohnten Rahmen und ohne Unterbrechung plaudern. Sie hatte ihre sentimentale Sekunde, stieß auf uns als Dreigestirn an.
»Nun kenne ich so viele Leute und habe so viele Freunde, aber ihr beiden seid doch die einzigen Menschen, die mir richtig nahestehen! Ihr seid meine wahre Familie. Und ich hoffe inständig, dass sich daran bis zum Ende unserer Tage nichts ändern wird. Ihr werdet ja sicher über kurz oder lang glückliche Ehefrauen und Mütter, während ich eines Tages alt und einsam auf euren Besuch sowie den eurer Kinder und Kindeskinder warten werde. Aber eines verspreche ich euch heute schon: Tante Sibylle wird sie schamlos verwöhnen und hemmungslos beschenken!«
Natürlich war ihr Evas Strahlen nicht entgangen, und so erkundigte sie sich, woher es rührte. Eva ließ sich nicht lumpen und erging sich in schwärmerischen Lobpreisungen über Magnus. Sibylle zeigte sich von einigen Fakten sehr wohl beeindruckt. Unabhängig davon riet sie Eva jedoch, sofort die Weichen zu stellen und ihren Standpunkt deutlich zu etablieren. Doch Eva lächelte nur beduselt und ich sah ihr an, dass sie Sibylles Ratschläge für absoluten Humbug hielt, da sie an die alles klärende Wirkung der großen Liebe glaubte.
»Wenn du wüsstest, wie sehr ich mir wünsche, endlich mal wieder zu einem Mann ohne Hemmungen und aus voller Überzeugung ›Ich liebe dich‹ sagen zu können!«, vertraute sie mir auf der Heimfahrt im Taxi an. »Bei Magnus bin ich da sehr zuversichtlich.«
»Und was war mit Ruben?«
»Ts, Ruben und Liebe!« Sie lachte verächtlich. »Für diesen Mann wäre ich barfuß über glühende Kohlen gegangen. Und ich habe für ihn auch wer weiß wie viele Kastanien aus dem Feuer geholt. Aber das war stets selbstverständlich. In seinen Augen geschah alles zu meinem Vergnügen, denn schließlich konnte mir ja nichts Besseres passieren, als der Kunst zu dienen. Bei unserer letzten Begegnung, als ich wieder mal nach langer Durststrecke eine Liebesnacht der Extraklasse mit ihm erlebte, ist mir im Taumel der Sinne das peinliche Geständnis entschlüpft.
›Wie bitte?‹, hat er freundlich nachgehakt.
›Ich liebe dich‹, habe ich im Delirium der Faszination wiederholt. Er hat ganz fein, doch eiskalt gelächelt und erwidert: ›Mein Herz ist ein Stein.‹ Weißt du, das war’s dann. Effizienter hätte er meine Glut nicht löschen können.«
Nun wurde mir einiges klar.
Sie lachte wehmütig. »Mein Herz ist – eine Butterbirne. Eine ziemlich reife. Weich und äußerst druckempfindlich. Ich müsste sie einfrieren. Dann wäre sie auch hart und kalt, und ich könnte gelassener damit umgehen, sie an den einen oder anderen Kopf werfen. An Rubens zuerst!«
»In dem Fall wär’s besser, du nähmest gleich ’ne Flasche Williams«, konterte ich. Und nach einigem Überlegen setzte ich hinzu: »Mein Herz – ich vermute, das ist ’ne Banane. Gut und sicher eingepackt, aber wehe es gelingt einem, die Schale abzuziehen!«
Wir drücken uns die Hände und priesen uns glücklich, dass wir im Moment endlich das genießen durften, was uns zustand und worauf wir so lange Zeit gewartet hatten.
Das Wochenende ging so schnell vorbei, dass ich nicht einmal dazu kam, Beni zu vermissen. Für Leonardo und den wirklich ganz reizenden David blieb mir leider
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