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Liebling, Ich Kann Auch Anders

Liebling, Ich Kann Auch Anders

Titel: Liebling, Ich Kann Auch Anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Kast-Riedlinger
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das einzige mit deutscher Nummer. Magnus war also noch nicht da. Die Höflichkeit der Könige … Nun verspürte ich keine Lust, die Promenade auf- und abzuwandern und mich womöglich zweideutigen Verdächtigungen auszusetzen. Also machte ich mich am Auto zu schaffen, ordnete die Straßenkarten und schloss das Handschuhfach ab.
    »Das ist aber nicht der Landesteg«, hörte ich eine tiefe Stimme sagen. Ich blickte hoch, höher, noch höher – und in ein hinreißend schönes Gesicht mit strahlenden saphirblauen Augen unter zerzausten dunkelblonden Locken und dem frechsten Grinsen, das mir bislang untergekommen war.«
    Sie verdrehte die Augen und machte eine Kunstpause. Ich goss nach. Sie nickte mir dankbar zu, nahm einen Schluck, lächelte geheimnisvoll und schien darauf zu warten, dass ich sie zum Weitersprechen drängte. Ich trank jedoch erst einen Schluck.
    Ihr Mitteilungsdrang kannte aber keine Geduld. »Ich hatte ja mit allerhand gerechnet, aber nicht damit, dass der Kerl fast genauso aussieht, wie ich ihn mir selbst gebacken hätte. Na ja, etwas weniger Teig hätte ich vermutlich schon verwendet … Aber für den Moment war ich derart geblendet, dass ich ihn völlig gebannt anstarrte. Er gab mir einen Kuss und löste damit meine kataleptische Starre. »Magnus«, seufzte ich, und dann strahlte ich ihn an. »Du kannst dir ja gar nicht vorstellen, wie froh ich bin!« Er tat völlig nonchalant, aber ich denke, er ahnte, was in mir vorging und er genoss die Wirkung, die er auf mich ausübte.
    »Komm, gehen wir was trinken«, schlug er vor. Ich fragte nach seinem Auto. Er hatte es auf einem anderen Parkplatz abgestellt, der schattiger war. Warum, sollte ich später erfahren.
    »Du warst also pünktlich«, stellte ich zu meiner eigenen Beruhigung fest. Und er erwiderte, er würde es nie wagen, eine Dame wie mich warten zu lassen.
    »Dann hast du mich also beobachtet?«, wollte ich wissen und malte mir aus, was ich wohl für ein Gesicht gezogen hatte, als noch die ganze Anspannung auf mir lastete.
    »Oh ja, und zwar mit dem größten Vergnügen!« Er legte den Arm um mich und wir gingen auf das rosa Gebäude zu. Ich fühlte mich wie in einem Traum, der sich auf einer Wolke abspielte. Oder in einem absolut kitschigen Film. Auch wir ließen uns oben auf der Terrasse nieder und blickten auf den See, der den blauen Maihimmel reflektierte, und auf dessen gekräuselter Oberfläche sich viele weiße und etliche bunte Segel blähten.
    Neben mir saß mit sehr viel Tuchfühlung der faszinierendste Mann, der mir je begegnet war, und warf mir meine Attraktivität vor, die es ihm angeblich schwer machte, sich wie ein zivilisierter Mensch zu benehmen. Wir bestellten. Für mich Kaffee und Wasser, für ihn Eiskaffee. Ich wurde nicht müde, ihn anzuschauen und gelegentlich zu wiederholen, wie erleichtert ich sei, dass er keiner der Schreckgestalten glich, die ich mir ausgemalt hatte.
    Er redete fast pausenlos. Über seine Kindheit, die strenge Mutter, die zickige ältere Schwester, seine Jugend im Internat, die Freundschaften von damals, die zum Teil immer noch Bestand hatten.
    Aber ich bekam nicht sehr viel mit. Meine Gedanken kreisten um unsere Korrespondenz und seine Ewigkeitsversprechen sowie unsere Telefongespräche, in denen er gemeinsame Tage in Italien angedeutet hatte. Seine rechte Hand lag auf meinem linken Schenkel und meine linke Hand auf seiner rechten Schulter. Er trug ein dunkelblaues Hemd aus festem Baumwollstoff, das sich gestärkt anfühlte und frisch gebügelt roch.
    »Und was machen wir jetzt?«, erkundigte er sich nach einer wie im Fluge dahingegangenen Stunde. Ich überlegte, ob er eines der Hotels in Betracht zog. Vermutlich schon. Aber ich wollte nicht, dass es so schnell ging. Und überdies war der Tag zu schön, um ihn freiwillig in geschlossenen Räumen zu verbringen.
    »Ein Spaziergang am See entlang wäre schön.«
    Er fand die Idee auch gut, meinte jedoch, wegen der Straße sei es nicht ideal, direkt vom Ort aus loszugehen. Westlich von Steckborn hingegen könnten wir uns abseits der Straße am See entlang bewegen. Wir fuhren mit meinem Cabrio und er wies mir den Weg. In einer Einbuchtung am Straßenrand stellten wir das Auto ab und gingen zu Fuß Hand in Hand in Richtung See. Nach ein paar Metern zog ich die Schuhe aus, da ich mich mit den Absätzen nicht besonders geländegängig fühlte. Jetzt erst fiel mir auf, wie groß Magnus wirklich war. Zwanzig Zentimeter länger als ich. Fünf unter der

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