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Liebling, Ich Kann Auch Anders

Liebling, Ich Kann Auch Anders

Titel: Liebling, Ich Kann Auch Anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Kast-Riedlinger
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Stand auf die Knie, lagen dann umschlungen auf der Decke. Und noch ehe die Amsel im Ast über ihnen dreimal tirilierte, glitt er in sie. Sie nahm ihn sehnsüchtig vor Wonne seufzend auf, umfing ihn, reckte sich ihm entgegen, während er sie mit Urgewalt an sich zog. Und unter Schreien, welche weniger an die Ängste einer Kapitolinischen Gans als an die Freuden einer ahnungslosen Weihnachtsgans während eines sonnigen Spätherbsttages gemahnten, ergoss er sich zum ersten Mal in die gefühlsechte Latex-Hülle, die ihn nur den Bruchteil eines Millimeters von ihr trennte: »Oa, ooa, ooaa, woahhh!«

     
    In seiner nächsten Mail kam neben Worten des Lobes, Dankes und der Begeisterung auch ein schmerzliches Aufseufzen darüber zum Ausdruck, dass sie sich viel zu früh – wenn auch reichlich spät – hatten trennen müssen. Rauschhaft und geradezu peinlich detailliert rekapitulierte Magnus die Begegnung aus seiner Perspektive.
    Obwohl ich wieder alles übertrieben und furchtbar schwülstig fand, konnte ich Eva doch meinen Eindruck nicht verschweigen, diesmal habe sie zumindest nicht Perlen vor die Säue geworfen.
    Doch im Unterschied zu Eva konnte der gute Magnus sein Euphorie-Süppchen nur im stillen Kämmerlein kochen. Und die Einzige, mit der er darüber reden konnte, war die direkt Beteiligte. Das ist eine der Schattenseiten der heimlichen Affäre, aber die kleinste, wie sich noch zeigen sollte.
    »Ja«, pflichtete Eva mir bei. »Da haben wir Mädels es doch gut! Ich kann dir alles erzählen und du mir auch. Und zwar in allen Einzelheiten. Und sollte – was der Himmel verhüten möge – je der Moment kommen, dass wir Trost nötig hätten, dann wissen wir so viel voneinander, dass wir ohne große Erklärung sicher sein können, verstanden zu werden und Zuwendung zu finden.«
    »Vielleicht ist das auch einer der Gründe, weshalb wir uns so waghalsig in Abenteuer stürzen.«
    Nachdem ich Evas mündliche und Magnus’ schriftliche Schilderung des erotischen Intermezzos verinnerlich hatte, beschloss ich, demnächst mit Beni auch mal über Land zu fahren.
    »Das ist der Nachteil einer etablierten Beziehung: Du gehst ins Bett, wenn dir danach ist oder du treibst es da in der Wohnung, wo du gerade sitzt, liegst oder stehst. Aber diese spannenden, heimlichen Verabredungen, immer von der Furcht begleitet, entdeckt oder beobachtet zu werden, die sind doch überaus prickelnd.«
    »Ja, und außerdem im Einklang mit der Natur! Mir ist jetzt auch Magnus’ Neigung zu Freilufterotik klar. Er hat mir ja eine Menge über seine Internatszeit in St. Blasien erzählt.
    Der Ort liegt im Schwarzwald und ist ein Heilklimatischer Kurort. Im Internet lässt der Fremdenverkehrsverband verlauten, das therapeutisch anwendbare Klima sei eine Quelle der frischen Lebensfreude.
    Als Magnus fünfzehn war, begann sein ganz individueller Quell zu sprudeln und sein Leben mit Freude zu bereichern. Eine Klassenkameradin teilte diese Wonnen mit ihm. Sie brauchten viel Fantasie, um nicht erwischt zu werden und mussten sich gut abhärten, um ihren Gefühlen auch zur Winterzeit freien Lauf lassen zu können. Zu Magnus’ Zeit waren bereits Mädchen als externe Schülerinnen zugelassen. Aber es gab immer noch Patres der alten Schule, die an strategisch günstigen Plätzen lauerten, um jeden Knaben, den sie in verfänglicher Situation erwischten, unerbittlich zur Verantwortung ziehen – das heißt rausschmeißen – zu können. Magnus sitzt die Angst noch immer im Nacken. Bei unserem Treffen lauschte er ganz aufmerksam auf die Geräusche der Vögel, der Blätter und knackender Äste. Er meinte jedoch, der Zorn der Patres sei ein geringes Übel gewesen im Vergleich zur Empörung seiner Mutter, wenn die damals auch nur das Geringste von den Aktivitäten ihres Sprösslings geahnt hätte! St. Blasien hatte sie ausgesucht, weil es weit genug weg war und erzkatholisch. Es hätte wahrlich nähere Internate gegeben, konfessionelle oder nicht. Aber St. Blasien war in ihren Augen ideal, um dem renitenten Sohn die rechten Werte zu vermitteln. Und dann das. Ab fünfzehn – fast täglich!«
    »Was waren wir doch für brave Kinder!« Eva hatte wie ich erst das Abi hinter sich gebracht, bevor sie ihr Hymen opferte.
    »Und wenn ich mir vorstelle, dass ich es damals im fortgeschrittenen Alter nicht etwa aus Lust geschehen ließ, sondern vor allem aus der Annahme heraus, jetzt müsse die Sache endlich erledigt werden. Das war die Reifeprüfung, vor der ich wirklich Schiss

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