Liebling, Ich Kann Auch Anders
eingeladen hatte, als er das Manuskript ablieferte, und dass sie total nett zu ihm gewesen sei. Sie hätten einen neuen Termin verabredet für den Tag, an dem er von seiner Radtour zurückkam. »Und da ist es dann passiert.«
Ich glotzte ihn ungläubig an. Er zuckte die Schulter und lächelte schief. »Sie hat mich verführt.« Er erzählte das, als spreche er mit einem Kumpel über Weibergeschichten. Was ich dabei empfand, schien ihm weder klar zu sein, noch ihn im Geringsten zu kümmern.
»Du musst dir das mal vorstellen: Die Servitzky, diese toughe Businessschnecke interessiert sich für mich Nobody! Yeah! Sie will mich groß rausbringen. Das hat sie mir versprochen! Super, eh?«
Mir fehlten die Worte. Er hingegen war in seinem Mitteilungsdrang nicht zu bremsen. Er grinste schon wieder schief und rieb sich die Nase. Dann sagte er: »Einen großen Gefallen musst du mir aber tun …«
Ich muss? Dir einen Gefallen? Wie käme ich dazu? Seine Dreistigkeit beraubte mich weiterhin der Sprache.
»Erzähl ihr bloß nicht von uns! Ich meine, dass ich bei dir wohne und dass wir es getrieben haben.«
Ach so – wir haben’s getrieben? Für mich war es eigentlich was anderes.
»Die Siggie hält mich für völlig unerfahren, weißt du. Und ich glaube, dominanten Frauen wie ihr gefällt der Gedanke, sie hätten es mit einem Jüngling zu tun, den sie nach ihren Vorstellungen formen können.«
»Grr!«
»Ich weiß, dass du sie nicht besonders magst, aber du siehst sie falsch. Die Siggie ist wirklich ganz anders. Im Grunde ihres Herzens ist sie ein kleines Mädchen, das viel Liebe braucht …«
Zum zweiten Mal innerhalb von zweiundsiebzig Stunden wünsche ich mir, ich hätte fünf Paar Weißwürste gegessen – nein, besser zehn! Der Grund des Herzens deiner Sieglinde ist eine Schlangengrube! Giftige Pfeile schossen aus meinen Augen, doch Maledict bekam nichts davon mit. Er schwelgte in Begeisterung für meine Feindin, die künftig für mich Krieglinde heißen würde. Wer den Sieg davon trüge, würde sich am Ende zeigen. Jedenfalls standen für mich die Zeichen auf Krieg, kalten Krieg, eisig kalten!
»… und andererseits ist sie die total coole Frau von Welt. Das hab ich in New York bemerkt.«
»Wie? Wie bitte?« Das Ungeheuerliche brachte mir die Sprache zurück. »Du warst mit ihr in New York?«
»Super, sag ich dir – wirklich ein Traum!«
Unser Traum, du Verbrecher! Du wolltest mich nach New York einladen! Und nun hat sie dich abgeschleppt. Auf Verlagskosten natürlich. Autorenpflege! Ich möchte auch mal Autorenpflege betreiben und die Amis, die ich übersetzt habe, in New York und San Francisco besuchen. I come to bring you some flowers with the compliments of your German publisher. Dann treffe ich sie endlich, die Leute, mit deren Gedanken ich mich Wochen und Monate lang beschäftigt habe, deren Werke ich angeblich teilweise besser zu formulieren verstehe als sie selbst. Ha! Vielleicht sollte ich einfach höher pokern! Kapital aus meinem Renommee schlagen, um weniger zu arbeiten – nur noch vier Bücher pro Jahr übersetzen, statt bisher sechs oder sieben. Und Lebensqualität gewinnen.
Maledict würde allerdings vergeblich bei mir anklopfen, wenn er mit seinem nächsten Buch daherkäme. Soll er sein stümperhaftes Geschreibsel (um der Wahrheit auch mal einen Namen zu geben) doch unverfälscht unter die Leute bringen, sich verhöhnen lassen, giftige Kritiken einstecken, erstaunte Fragen wegen des unterschiedlichen Niveaus seiner Werke über sich ergehen lassen … Wart’s nur ab, Maledictus, wart’s nur ab! Mich betrügst du nicht ungestraft! Allein die Vorstellung der ihm bevorstehenden Misslichkeiten belebte mich und bewirkte einen kleinen Stimmungsauftrieb.
»Sie findet dich übrigens sehr nett …«
Ach, und jetzt darf ich auch noch erfahren, dass die Hyäne Krieglinde mich ins Herz geschlossen hat. Nein, so weit geht’s doch nicht: »… menschlich gesehen. Ansonsten findet sie es schade, dass du nicht mehr aus dir machst.«
Aha, und was soll ich aus mir machen? Eine aufgebrezelte, angeschmierte Gewitterziege in ihrem Genre etwa? Welch erstrebenswertes Ziel!
»Aber sie sagt, du seist in Ordnung und sehr tüchtig. Und das kann ich eindeutig bezeugen.«
Wie schön! Maledict bestätigt Krieglindes Urteil über mich. Er bekommt seinen sanften Gesichtsausdruck, der mich noch bis vor Kurzem gerührt und erregt hat.
»Ach Eliza, du hast mir so geholfen! Ohne dich hätte ich das nie
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