Liebling, Ich Kann Auch Anders
Gefühle, die für dich im Spiel sind. Ich sähe nur die Oberfläche und das Messbare. Aber ich hätte keine Ahnung davon, was es dir bedeutet, wenn du Hand in Hand mit ihm einen Waldweg entlanggehst, könnte mir nur eine unzulängliche Vorstellung davon machen, welche Woge der Zuneigung er in Bewegung setzt, wenn er dich umarmt, dir in die Augen schaut, lächelt und sich zum Kuss über dein Gesicht neigt, während er verzweifelt vor Sehnsucht in dich eindringt. Und ich könnte auch nicht wie du in der Erinnerung – während des kurzen Zeitraums, in dem er seufzt, statt wie sonst immer redet – all die bezaubernden Geständnisse, Komplimente und Ewigkeitsversprechen vernehmen … Nur du wüsstest, warum du nicht die Flinte ins Korn wirfst, sondern geduldig wartest, bis die Situation sich so entwickelt hat, dass er alle Versprechen einlösen wird.«
»Na ja«, sagte ich und gab meiner Stimme einen besonders skeptischen Klang. Was sollte ich sonst sagen? Insgeheim gratuliere ich ihr zu diesem trefflichen Plädoyer.
»Beni hat dich gelinkt und mit deiner Intimfeindin hintergangen. Für dich sind die Fronten glasklar. Er ist ein mieses kleines Dreckstück. Aber was Magnus anbelangt, steht ja weder eine Verfehlung zwischen uns noch eine Frau, sondern seine verkorkste Psyche.«
»Er ist ja immerhin verheiratet …«
»Sicher, aber das war er von Anfang an. Da hat sich nichts geändert.«
»Vielleicht für ihn aber. Kann ja sein, dass er sich schon rein konditionell überschätzt hat und seine Potenz nicht für zwei Frauen ausreicht. Möglicherweise hat’s bereits Reklamationen gegeben …«
»Eliza, ich bitte dich, das wäre dann doch zu banal!«
»Ja und? Männer sind nun mal banal, würde unsere liebe Sibylle dir jetzt entgegnen.«
»Ich denke, da ist was anderes im Spiel. Er hat Angst vor meinen Ansprüchen. Er kann sich vermutlich nicht vorstellen, dass ich mich mit so wenig zufriedengebe.«
»Da ist er weiß Gott nicht der Einzige!«
Sie lachte. »Du weißt doch, ein reiches Seelenleben befähigt zu großer Genügsamkeit.«
»Amen.«
»Ich weiß nicht, ob ich dir erzählt habe, dass es da mal eine Frau gab, die Telefonterror ausgeübt hat, nachdem er sich nicht so verhielt, wie sie es erwartete.«
»Ihr Seelenleben war wohl ein bisschen ärmer …«
Sie ignorierte meinen Sarkasmus. »Ich denke, wenn er erst erkannt hat, dass er mir voll und ganz vertrauen kann, geht er auch mehr aus sich heraus. Schau, nun kenne ich doch schon seit einigen Wochen seine Telefonnummer, aber ich habe sie noch nie benutzt.«
»Das weiß er aber nicht. Genauso wenig wie er weiß, dass du seine Adresse kennst. Und der hast du ja sehr wohl einen Besuch abgestattet.«
»Das war ein kühner Akt, um mir ein Quäntchen Genugtuung zu verschaffen. Ein Spaß für dich und mich, von dem sonst kein Mensch was mitbekommen hat. Magnus’ Familie wurde davon in keiner Weise berührt.«
»Was ist eigentlich mit eurem Italientrip?«
»Er sagt, er arbeite daran. Von dieser Reise verspreche ich mir übrigens sehr viel. Wenn wir erst mal rund um die Uhr zusammen sind, wird’s ihm auch klar werden, wie gut wir zusammenpassen. Zuerst muss er allerdings für ein paar Tage mit seiner Frau nach Frankfurt …«
Ich sah rabenschwarz für den Fortgang der großen Lovestory. Und ich war mir auch sicher, dass Eva während der Momente, in denen sie zu realistischer Einschätzung fähig war, sehr wohl erkannte, was da lief. Aber noch gefiel es ihr besser, ihren Träumen nachzuhängen, als die traurige Wahrheit zu akzeptieren und Konsequenzen zu ziehen. Ob sich die unzähligen Ehemänner und Lebenspartner, die mit fantasievollen Frauen liiert sind, eigentlich über ihr Glück im Klaren sind? Allein die reich bebilderte Hoffnung auf bessere Zeiten hält diese genügsamen Wesen bei der Stange.
Für meinen Roman – und das muss ich wieder einmal beschämt gestehen – ist es natürlich vorteilhafter, wenn Eva Magnus nicht so schnell sausen lässt. Ich komme mir zwar schon ein wenig korrupt vor, fühle mich aber nicht wirklich schlecht, sondern eher auf verwegene Weise inspiriert und für die richtige Seite engagiert.
Der Fitnessriegel lud mich in sein Studio ein. Vermutlich gab’s für Neuwerbungen Bonuspunkte, und er war ja noch in der Probezeit. Ich dachte, es könnte nicht schaden, wieder mal ein paar Männermuskeln zu sehen und ging hin. Damit wurde aus Herrn Feldhoff Charly und aus Frau Deyke Eliza. Daraus leitete er dann wohl auch
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