Liebling, Ich Kann Auch Anders
Schafskäse-Scheiben drauf und packte sie in den Ofen. Kein allzu großer Unterschied zu dem Angebot zwei Etagen höher, aber immerhin Notstandsnahrung aus der Vollwertecke. Als der Käse leicht angeschmolzen war, gab ich frische Basilikum-Blätter oben drauf, arrangierte die Brötchen-Hälften mit den Spalten von zwei Tomaten auf einem Teller und goss mir ein Glas Rotwein ein. Dann rief ich Eva an, um in ihrer Gesellschaft zu Abend zu essen.
»Da bist du ja endlich! Ich habe schon x-mal angerufen.«
Ich ahnte, dass es dafür einen Grund gab und das Gespräch länger dauern würde. Deshalb bat ich sie, loszuschießen und sich nicht von meinen Kaugeräuschen stören zu lassen.
Es gab eine neue Entwicklung, die sie mit tiefer Hoffnung erfüllte: Magnus hatte sich angesichts des Dauerregens doch tatsächlich dazu durchringen können, sie in Leonardos Wohnung zu besuchen. Allerdings musste sie ihm versprechen, dass während seiner Visiten niemand anderes dort sein würde.
Das fand ich schon sehr apart, denn schließlich verlangte er damit, dass Eva den Wohnungsinhaber gegebenenfalls am Betreten seiner eigenen Wohnung hinderte. Die Grenzen der Anmaßung des Herrn W. würden wir vielleicht nie kennenlernen …
Am Nachmittag erwies er ihr also für zweieinhalb Stunden die Gunst seiner Präsenz. Eva hatte sich natürlich ins Zeug gelegt, um ihm trotz aller Eile etwas Leckeres vorsetzen zu können. Da er wiederholt behauptet hatte, er müsse abnehmen, gab’s statt Kuchen eine große Schüssel Obstsalat, womit sie durchaus dem Geschmack ihres exquisiten Geliebten gerecht wurde.
An dem Punkt ihrer Schilderung berichtete ich kurz von meinem Ausflug in Charlys Schlaraffenland, über den wir herzlich lachten.
»Gab’s den Obstsalat eigentlich vorher oder nachher?«, erkundigte ich mich, weil ich nicht so direkt nach dem Akt fragen wollte.
»Zwischendrin.«
»Ah ja, dann hat er sich also nicht wieder geziert?«
»Erst im Nachhinein. Er sagte, er habe Angst, mich auszunutzen. Denn – jetzt halt dich fest! – er betrachtet Sex als Leistung einer Frau gegenüber dem Mann.«
»Nett. Wenn es das ist, was ihm Sorgen bereitet, könnte er doch was unternehmen, um sein Gewissen zu beruhigen. Blumen, zum Beispiel, Parfum oder ein anderes Geschenk. Hat er wenigstens irgendwas mitgebracht?«
Eva lachte. »Du redest allmählich schon wie Sibylle.«
»Klar, sie hat mich überzeugt. Und dein Herr Wunderbar könnte wie es aussieht auch ein paar Lektionen vertragen.«
»Schade, dass du zu Benis Zeiten noch nicht diese Einsicht gewonnen hattest …«
»Dem werde ich schon noch meine eigene ganz individuelle Lektion verpassen!«
»Hey, du bringst mich auf eine Idee! Eine Idee für meine Kolumne. Entschuldige, aber das muss ich gleich aufschreiben, ehe es verfliegt. In letzter Zeit war ich schließlich nicht gerade mit allzu vielen Einfällen gesegnet. Alles drehte sich nur noch um Magnus. Ich ruf dich in ein paar Minuten zurück. Okay?«
»Klar.« Nicht nur klar, sondern supersonnenklar! Das war wirklich eines von Evas größten Problemen: Ganz Wilhelmina Tell, dachte sie an sich selbst zuletzt. Wenn sie nur einen Bruchteil der Ideen und Energien, die sie während der vergangenen Jahre für Ruben dran gegeben hatte, für sich selbst verwendet hätte, stünde sie jetzt blendend da. Aber dann kam Leonardo mit seinem Projekt (das allerdings demnächst Ergebnisse zeigen soll), und nun ist Magnus derjenige, der all ihre Kraft absorbiert. Und ich darf nicht einmal viel sagen, denn mir selbst ist etwas ganz Ähnliches mit Maledict passiert: Absolute Selbstausbeutung für die Illusion der Liebe.
Aber nun hatte Eva durch unser Gespräch einen Impuls für eine neue Glosse. Schön. Diese Rubrik sichert ihr nämlich zumindest das Überleben. Ich war gespannt.
Kurz darauf rief sie zurück. »Geschenke heißt das Zauberwort. Als du davon sprachst, Magnus könnte mir was mitbringen – da machten sich meine Gedanken selbstständig. Ich dachte an den mühsamen Prozess, einen Kerl dazu zu bringen, Präsente zu machen und daran, was dann dabei rauskommen könnte. Tja und dann zähle ich so allerhand unwillkommene Dinge auf. Mein Favorit ist der Eierkocher.« Sie lachte und erzählte mir vom absurden Kreislauf der Eierkocher in der Gesellschaft. Brautpaare bekommen davon bis zu fünf zur Hochzeit. Die schenken sie ihren unverheirateten Freunden, die sie dann – da unrentabel und platzraubend – dem nächsten Brautpaar zum Geschenk
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