Liebling, vergiss die Socken nicht
nicht den viktorianischen Vater zu spielen. Hier ging es nicht um seine Autorität, sondern um Janeys Sicherheit und Glück.
Dieselben Stiefel stapften wieder die Treppe hinunter. Adam kam allein. Vielleicht würde er Matt hereinbitten.
»Schauen Sie... Mr. Boyd...« Auf Adams weißen Gruftiebakken zeichnete sich Verlegenheit ab. »Es tut mir leid, aber sie will Sie nicht sehen. Sie sagt, sie fühlt sich hier glücklich.« Er drehte sich langsam wieder weg, allerdings nicht ohne den schmerzhaften Ausdruck in Matts Gesicht zu sehen. Deshalb fügte er noch lahm hinzu: »Ich habe versucht, sie zu überreden. Leider will sie wirklich nicht.«
Behutsam schloss er die Tür und ließ Matt zum drittenmal davor stehen.
Wütend stürmte Matt die Stufen hinab. Undankbares Pack! Wie konnten sie es wagen, ihn einfach wegzuschicken? Auf der gegenüberliegenden Straßenseite erblickte er einen schäbigen Waschsalon. Dort würde es zumindest ein Telefon geben, so dass er Ally anrufen und ihr sagen konnte, dass Janey in Sicherheit war.
Im Gegensatz zu dem abweisenden Äußeren war es im Waschsalon picobello sauber. Der Geruch von Wäsche und Waschpulver rief Erinnerungen an seine Kindheit wach, eine Zeit, in der alles noch so überschaubar und sicher gewesen war. Wirklich? Was war mit den Träumen seiner Mutter gewesen, die sie im Keim erstickt hatte, während sie die Hemden seines Vaters durch die Mangel schob?
Er ließ sich auf die Bank fallen und sog die warme, nach Sauberkeit riechende Luft gierig ein, dankbar, dass niemand außer ihm da war. Er hatte so viel Mist gebaut. Hatte Ally falsch eingeschätzt und seine Ehe verpfuscht, hatte seine Tochter so weit gebracht, dass sie weglief und nicht mehr mit ihm reden wollte. Und heute würde er sich wahrscheinlich den letzten Sargnagel verpassen, das Ende seiner Karriere. Glücklicher Matt Boyd.
Als die Tür hinter ihm aufging, blickte er in der absurden Vorstellung, es könnte Janey sein, auf. Statt dessen schaute er in das Gesicht einer zierlichen Asiatin. Mitten auf ihrer Stirn leuchtete ein roter Punkt, und unter ihrem blauen Nylonmantel trug sie einen Sari. Sie lächelte ihn an und begann, eine prall mit Wäsche gefüllte Tragetasche in eine der Maschinen zu entleeren.
Matt erhob sich und suchte in seinen Taschen nach Kleingeld. Ally nahm beim dritten Läuten ab. Sie war gerade nach Hause gekommen, hatte sich geduscht und fühlte sich trotz der Sorgen inzwischen wieder wohler.
»Ich bin‘s. Ich hab‘ sie gefunden. Es war die Nummer 38.«
»Matt, das ist ja wunderbar!« Allys Stimme überschlug sich fast vor Erleichterung und Freude.
»Ally, sie wollte mich nicht sehen.« Schmerz sickerte durch seine Stimme. »Sie hat mich nicht mal reingelassen.«
»O Matt, wie entsetzlich. Aber immerhin ist sie sicher. Jetzt brauchen wir uns wenigstens keine Sorgen mehr zu machen. Vielleicht ändert sie in ein oder zwei Tagen ihre Meinung.« Ally wünschte, sie wäre bei ihm. »Matt, wo steckst du jetzt? Jess hat mir erzählt, dass schon den ganzen Tag Vorschauen auf deine Show gezeigt werden. Schaffst du es rechtzeitig zurück?«
Matt blickte auf seine Uhr. Ihm blieb noch fast eine Stunde. »Ja, das geht gut. Ich melde mich später noch mal.«
»Matt?«
»Ja?«
»Danke, dass du gesucht hast. Ich weiß, wieviel es dich gekostet hat.«
Matt zuckte mit den Achseln. »Sie ist ja auch meine Tochter. Und ich liebe sie.«
»Das weiß ich. Ich weiß, wie sehr du sie liebst.« Ihre Stimme klang unendlich traurig.
Als sie sich voneinander verabschiedeten, fiel ihm ein, dass er auch Belinda anrufen und sie beruhigen sollte. Sie würden sich bei Century vor Angst in die Hosen machen. Doch gerade, als er den Hörer erneut abnehmen wollte, ging bei Nummer 38 die Haustür auf, und eine Gruppe von schwarzgekleideten jungen Leuten strömte auf den Bürgersteig. Unter ihnen waren auch Janey und Adam. Sie lachten. Er brauchte erst gar nicht zu fragen, worüber.
Adam beugte sich hinab, so dass sein langes, schwarzes Haar wie ein Vorhang vor Janeys Gesicht fiel, und küsste sie. In leidenschaftlicher Umarmung führten die beiden ihre Zärtlichkeiten fast eine Minute lang fort, während die anderen jubelten.
Matt spürte eine so starke Wut und Eifersucht in sich hochsteigen, dass es ihm beinahe körperlich wehtat.
Während er sie weiter beobachtete, kam noch ein Jugendlicher heraus und donnerte die Haustür zu. Dann setzte sich die Gruppe lachend und pfeifend in Bewegung.
Wie er so in der
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