Liebling, vergiss die Socken nicht
war. Sie hätte schwören können, dass von unten äußerst laut ein Hit aus dem Musical Hair ertönte. Neugierig ging sie nachsehen.
Auf dem Sofa im Wohnzimmer lag Jess. Sie hatte die Stereoanlage voll aufgedreht und las seelenruhig im Cosmopolitan. Ally erkannte, dass es tatsächlich ein Stück aus Ha ir war. Es war wirklich ärgerlich, wie die jungen Leute ständig die Musik ihrer Eltern plünderten, um sie dann mit einem verächtlichen Blick abzuservieren, wenn sie zu sagen wagten: »Das kenne ich von früher.«
»Hallo, Mum. Wie war die Selbsterfahrungsgruppe?« Jess lächelte und streckte eine Hand aus. »Ich vermute, eine Tasse Kaffee ist zuviel verlangt.«
»Mach dir selbst welchen.« Ally warf ein Kissen nach ihr und ignorierte den schmutzigen Teller auf dem Fußboden. »Ich warne dich, junge Dame, in nächster Zeit wird sich hier einiges ändern. Als erstes habe ich beschlossen, mir einen Job zu suchen.«
»Wow! Irgend etwas muss gestern passiert sein.« Jess sprang auf und ging ihr nach, als sie aus dem Zimmer rauschte. »Hast du dein Hosenbein aufgerollt und geschworen, für den guten Zweck deine Familie zu verlassen?«
Ally überhörte das und ging in die Küche. Das erste, was sie sah, war ein Stapel schmutzigen Geschirrs auf der Spülmaschine und eine Bratpfanne, die man ihr lächerlicherweise als nichthaftend verkauft hatte und die nun von dicker, eingebrannter, gelblicher Schmiere überzogen war, da niemand sich die Mühe gemacht hatte, sie wenigstens im Spülbecken einzuweichen.
»Das war nicht ich, das war Janey«, versicherte Jess. »Sie hat mitten in der Nacht einen Hungeranfall bekommen und sich um zwei Uhr morgens einen Microprotein-Big-Mac fabriziert.«
»Und die Omelett-Pfanne?«
»Gut, okay, das war ich. Ich habe mich an Crepes Suzette versucht.«
»Morgens um zwei Crepes Suzette?«
»Ich dachte, du wolltest mich dazu bringen, vernünftige Sachen zu essen.«
»Crepes Suzette sind nichts Vernünftiges. Sie bestehen nur aus Kalorien mit Alkohol obendrauf.«
»Mjam, mjam! Kein Wunder, dass sie mir geschmeckt haben. Was machst du da?«
Ally hatte zwei große Zettel geholt und sich an den Tisch gesetzt. »Ich will eine Notiz an die Spülmaschine hängen.« In großen Lettern schrieb sie ›REIN, NICHT DRAUF‹ und befestigte den Zettel an der Klappe. Dann fing sie an, das andere Blatt in Spalten zu unterteilen.
»Verehrteste Mutter«, begann Jess und sah ihr argwöhnisch zu, »das wird nicht zufällig ein Haushaltsplan?«
»Du hast also doch ein Gehirn zwischen deinen Kopfhörern. Du und deine Schwester werdet mir in Zukunft bei der Hausarbeit helfen.«
»Und was ist mit Dad?«
»Der auch. Er wird hier unten stehen, sobald er merkt, dass ich ihm keine Tasse Tee gebracht habe.«
»Tut mir leid, Mum.« Jess erhob sich und schob sich auf die Tür Zu. »Ich bin Feministin. Wir glauben nicht an Hausarbeit.«
»Räum die Spülmaschine aus!« befahl Ally in einem ungewohnt zornigen Ton.
»Okay, okay.« Jess machte die Klappe auf und fing an, das saubere Geschirr auf dem Tisch zu stapeln. »Mum?«
»Ja?« Ally wappnete sich gegen die nächste lahme Ausflucht.
»Wie viele Feministinnen sind nötig, um einen Witz zu erzählen?«
»Ich weiß nicht. Wie viele denn?«
»Zehn.« Jess stellte noch einen Teller auf den Stapel. »Eine erzählt den Witz, und die anderen zehn sagen: ›Ich weiß nicht, was daran witzig sein soll.‹«
Sie lachten immer noch, als Matt, in Morgenmantel und Hausschuhen, den Kopf in die Tür steckte. »Gibt‘s vielleicht eine Tasse Tee?« fragte er hoffnungsvoll.
Jess sog hörbar den Atem ein. »Keine Ahnung, Dad. Was sagt denn der Haushaltsplan?«
Ally bedachte sie mit einem finsteren Blick.
»Aber natürlich kannst du eine Tasse Tee haben, mein Liebling. Der Wasserkessel steht da drüben, und der Tee ist in der Büchse, auf der TEE steht. Du gibst einfach den Teebeutel in die Tasse und gießt mit Wasser auf.«
Matt wusste, wann er sich geschlagen geben musste. »Was ist denn das?« Er zeigte auf den Zettel.
»Das ist der Haushaltsplan.« Jess nahm ihn in die Hand und studierte ihn.
»Wofür in aller Welt brauchen wir einen Haushaltsplan? Wir haben doch dreimal die Woche eine Putzfrau.«
»Haben wir nicht«, korrigierte Jess. »Wir haben Mrs. O‘Shock.«
Ally staunte zum hundertstenmal über die Unfähigkeit oder vielmehr Weigerung des männlichen Gehirns, sich vor Augen zu führen, wieviel Arbeit es machte, einen Haushalt zu führen. Männer
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