Liebling, vergiss die Socken nicht
harte, kalte Wut in ihr auf. Seine Frau sollte auf sie eifersüchtig sein! Sie war diejenige, die jung und schön war. Doch weswegen? Sie hatte keinerlei Anspruch auf Matt. Verstrickungen mit verheirateten Männern war sie bisher stets aus dem Weg gegangen. Sie hatte auf ihr Cosmopolitan- Heft geschworen, dass ihr das nie passieren würde. Zu oft hatte sie miterlebt, wie Freundinnen diesen Weg eingeschlagen hatten, und sie bedauert. Die Nachmittage in Luxushotels, für die sie ein halbes Jahr später mit einsamen Weihnachten bezahlten. Die nächtlichen Anrufe aus Telefonzellen, während sie allein im Bett lagen und sich einzureden versuchten, dass er natürlich nicht mehr mit seiner Frau schlief. Bei Matt könnte sie sich nicht einmal damit beruhigen.
Aber ausgerechnet heute, wo sie endlich von Ritchie Page grünes Licht bekommen hatten! Sie empfand es wie einen Verrat. Doch es war nicht Matts Fehler, sondern Allys. Sie war schließlich wie eine Dampfwalze ins Büro gestürmt und hatte ihn hinter sich hergezerrt. Ohne sie wäre der heutige Tag so einmalig gewesen, wie er hätte sein sollen.
Belinda beobachtete Matt dabei, wie er im Studio herumspazierte und alles, was sich bewegte, mit seinem Charme überschüttete. Auf einmal sah sie Allys Handlungsweise in einem anderen Licht. Es war eine Warnung gewesen. Ally Boyd hatte ihr gesagt: »Er gehört mir. Finger weg.«
Belinda saß in ihrem Drehstuhl und bekam nichts mehr von dem mit, was sich um sie herum abspielte. Okay, dachte sie, in Ordnung. Wenn wir schon Krieg spielen, dann wollen wir doch mal sehen, wer den Sieg davonträgt. Sie wirbelte herum, so dass niemand im Regieraum ihr Gesicht sehen konnte, und schloss für einen Moment die Augen. Dann nahm sie wieder ihre vorherige Position ein, und ein beglückter Ausdruck zierte ihre ebenmäßigen Gesichtszüge.
»Okay, Leute.« Mit einem Lächeln sprach sie in das Mikrofon auf dem Regiepult. »Lasst uns eine denkwürdige Show produzieren.»
»Was ist denn mit unseren Alten los?« Jess versetzte Janey, die neben ihr am Küchentisch saß, einen Stups, als ihre Mutter und ihr Vater lachend zur Haustür hereinkamen. »Glaubst du, dass sie‘s miteinander getrieben haben?«
Janey blieb die Luft weg, und beinahe hätte sie die Sekundärliteratur zu Chaucers ›Die geduldige Griselda‹ fallen gelassen, die sie gerade las, während sie nebenher mit einem Auge die Fernsehhitparade verfolgte. »Sei so gut, ja?« Ihr Tonfall troff von Ekel. »Ich versuche gerade, meine Linda-McCartney-Lasagne zu essen.«
Matt und Ally benahmen sich - Jess fachkundiger Ansicht nach schon seit Tagen wie frisch verliebte Teenager. Sie hielten Händchen und schlichen sich bei jeder Gelegenheit ins Bett. Dad hatte sogar angefangen, Mum nach seiner Show anzurufen und sie nach ihrer Meinung zu fragen!
»Es ist wie die Umkehrung von Portnoys Beschwerden «, klagte Jess. »Portnoy hat im Badezimmer immer so lang gebraucht, dass sich seine Mutter gefragt hat, was er dort treibt. Mir geht‘s genauso mit Mum und Dad.«
»Wieso? Du hast doch deine eigene Dusche.«
»Das ist doch nicht der Punkt. Wie kann ich rebellieren, indem ich mit Sex anfange, wenn meine eigenen Eltern nicht die Finger voneinander lassen können?«
»Vielleicht tun sie‘s deshalb. Damit wir angewidert sind.«
»Tja, das funktioniert jedenfalls.« Jess warf einen Blick in die Diele, wo Matt und Ally immer noch in den Mänteln standen. »Ich weiß nicht, wieviel von dieser trauten Zweisamkeit ich noch aushalte.«
»Mach dir keine Sorgen«, beruhigte sie Janey, ohne den Blick von der Hitparade abzuwenden. »Ich nehme nicht an, dass es von Dauer sein wird.«
»Hallo, Mum, hallo, Dad. Wie ist das Leben in der Glitzerwelt des Fernsehens - oder seid ihr zu verliebt, um etwas mitzukriegen?«
Ally tat so, als wolle sie Jess mit ihrem Ehering eine Kopfnuss versetzen. »Danke, bestens. Und wie ist das Leben in der Hill HallSchule? Hausaufgaben erledigt?«
»Frag sie nicht«, jaulte Janey. »Der machen die Hausaufgaben Spaß , dieser Irren.«
»Und wie ist es bei dir?« Ally beugte sich herab und gab ihrer älteren Tochter einen Kuss. »Wie läuft‘s mit dem Lernen?«
»So lala. Thomas Hardy als erster Frauenrechtler ist okay, aber ›Die geduldige Griselda‹... Würg!« Sie warf das Buch angeekelt beiseite. »Wie kam Chaucer nur darauf, sie als ein Muster wahrer Weiblichkeit darzustellen? Sie ist das ärmste Mädchen der Stadt, bis der grässliche Gutsherr beschließt, sie
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