Liebling, vergiss die Socken nicht
Page lachte. »Mal im Ernst, Mr. Boyd, sollen das Ihre Beweise dafür sein, dass ich nicht dafür geeignet bin, einen Fernsehsender zu besitzen? Heutzutage bringen sie doch schon im Schulfernsehen schlimmere Sachen.«
Matt spürte, wie angesichts der maßlosen Scheinheiligkeit dieses Mannes die Wut in ihm aufstieg. »Und wie ist es damit, Mr. Page?«
Auf dem Bildschirm neben Matt erschienen Bilder eines höchstens zwölf oder dreizehn Jahre alten Mädchens im Babydoll, das von einem bedrohlich aussehenden Mann ausgezogen wurde. »Kommt so etwas auch im Schulfernsehen, Mr. Page?«
Page schien abzuwägen, ob es ihm mehr schaden würde, wenn er kurzerhand das Studio verließ oder wenn er dablieb. Matt erriet seine Gedanken. »Es ist sinnlos davonzurennen, Mr. Page. Ich werde sowieso alles erzählen. Dieses junge Mädchen ist kurz davor, auf äußerst üble Art vergewaltigt zu werden, stimmt‘s?«
Page war vor Wut die Farbe aus dem Gesicht gewichen.
»Ich möchte Sie nun noch einmal fragen, Mr. Page: Werden Sie Big City Television kaufen oder nicht?«
Im Regieraum saß inzwischen sogar die Produktionsassistentin wie auf Kohlen. Hinter ihr kritzelten die Schreiberlinge hektisch auf ihre Blöcke oder plapperten ihren Nachrichtenredakteuren durch tragbare Telefone die Ohren voll.
Belinda sprang auf und reckte wie ein Boxer in Siegerpose die Faust in die Luft. »Er hat ihn! Jetzt geht es ihm an den Kragen!«
»Ich wiederhole meine Frage: Werden Sie Big City Television kaufen oder nicht?«
Einen Moment lang herrschte Schweigen. Allen, auch dem Regieteam, kam es endlos vor.
Page funkelte ihn eisig an. »Ich werde Big City Television nicht kaufen.«
Matt sprach direkt in die Kamera. »Damit wäre unsere heutige Sendung beendet. Vielen Dank fürs Zuschauen.«
Als der Abspann lief, brach die Hölle los. Wortlos riss Ritchie Page sich das Mikrofon herunter, warf es auf den Sitz und stürmte in die wartenden Arme seines Anwalts. Sein PR-Mann versuchte vergeblich, die Journalisten im Zaum zu halten, die mit Kassettenrecordern und gezückten Notizbüchern Page hinterhereilten.
»Wow!« ächzte Melody Freed. »Das war ja vielleicht ein Interview! Ich hatte gedacht, das hier wäre eine nette, gemütliche Talkshow.«
Als Matt sich umwandte, stand auf einmal Stephen hinter ihm. »Herzlichen Glückwunsch, Matt. Sie haben ihn meisterhaft abserviert. Bei Big City werden schon die Champagnerkorken knallen.«
Neben ihm stand Belinda und lächelte breit. »Wir haben‘s geschafft, Matt! Wir haben‘s wirklich geschafft!«
Ihre Stimmung übertrug sich auf Matt. Er warf den Kopf in den Nacken und lachte los. Sie hatten so vieles von diesem Tag abhängig gemacht, und nun hatte es sich ausgezahlt. Erleichterung durchströmte ihn. Er hob Belinda hoch und wirbelte sie herum. »Ich weiß!« Sein Freudenschrei wurde durch ihre lange Mähne gedämpft. »Wir haben ihn geleimt! Wir haben ihn geleimt wie einen blöden Holzklotz!«
Vor dem Studio konnte sich Ritchie endlich den Weg durch die Horde von Schreiberlingen freikämpfen und versuchte den Vorfall als Witz abzutun. Als er merkte, dass ihm das nicht gelang, stieg er in seinen Rolls Royce. Während die Reporter noch den Wagen umringten, gab er dem Chauffeur das Zeichen zum Losfahren, indem er wie üblich gegen die gläserne Trennwand klopfte.
Als sie ihre Verfolger abgeschüttelt hatten, lehnte Page sich in die Lederpolster zurück und schloss die Augen. Sein Anwalt und sein PR-Mann wechselten Blicke. Sie wussten, dass Ritchie am allergefährlichsten war, wenn er sich in sich selbst zurückzog.
»Okay.« Ritchie riss die Augen auf. Sie glühten wie Funken aus einem Hochofen. »Den Schweinehund mach‘ ich fertig! Ich mag ja gesagt haben, dass ich Big City nicht kaufe.« Er schlug mit der Faust auf die Armstütze. »Aber damit bleibt mir immer noch das gottverdammte Century Television.«
17. Kapitel
»Wow, schaut euch Dad an! Er ist überall drauf!« Jess hielt ein Exemplar der Sunday Post in die Höhe, auf dem unterhalb der Schlagzeile ›Boyd beisst zurück!‹ ein riesiges Foto von Matt einem ebenso großen von Ritchie Page gegenüberstand. ›Matt zeigt die Zähne!‹ hieß die Titelstory einer anderen Zeitung.
»Mensch, Dad«, Janey ließ ihre übliche Distanziertheit fallen und klang beeindruckt. »Ich hätte nicht gedacht, dass du noch berühmter werden könntest.«
Ally griff nach seiner Hand. »Hallo, Star.« Sie war fast genauso erleichtert wie er, dass das Interview
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