Liebling, wir haben geheiratet: Wenn die Braut sich traut (German Edition)
ging. Gelegentlich warfen sie Sam nervöse Blicke zu, während der große rote Wagen durch Oklahoma City raste, doch niemand sprach. Jeder Einzelne von ihnen konnte Sams Schrecken und Angst nachempfinden.
Sam erlebte die Fahrt wie betäubt. Alles, woran er denken konnte, war, dass Harley in Gefahr war. Besorgt hatte er den Horizont nach Rauchwolken abgesucht, aber je mehr sie sich seinem Haus näherten, desto überzeugter war er, dass, was immer Harley zugestoßen sein mochte, es sich jedenfalls nicht um ein Feuer handelte.
Als sie in seine Straße einbogen, sah er Edna Matthews heftig winkend in seinem Vorgarten stehen. Sam sprang bereits ab und lief auf sie zu, ehe der Wagen angehalten hatte.
„Was ist passiert?“, brüllte er und packte Edna bei den Schultern. „Wo ist Harley? Wo ist meine Frau?“
„Oben im Baum“, erklärte Edna und zeigte über Sams Kopf.
„Wie bitte?“
„Im Baum! Da oben!“, rief Edna. „Jemand hat deine Leiter gestohlen, und jetzt kann sie nicht wieder runter.“
Inzwischen war allen Feuerwehrleuten klar, dass hier niemand in Todesgefahr war. Erleichtert umringten sie Sam und schauten in den Baum hinauf.
Sam kniff die Augen zusammen. Er konnte zwar ein vertrautes Bein und einen Schuh erkennen, aber nicht Harleys Gesicht.
„Junie bist du okay?“
Sie verdrehte die Augen. Du lieber Himmel, wie demütigend das alles war!
„Jemand hat deine Leiter geklaut. Ich kann den Mann nicht genau beschreiben, aber er fährt einen großen schwarzen Pick-up.“
„Warum bist du auf den Baum geklettert?“
Harley hätte am liebsten laut geschrien. „Das ist eine lange Geschichte. Zunächst möchte ich gerne hier runter. Kannst du das bitte veranlassen?“
Einer seiner Kollegen schlug Sam auf den Rücken, während ein anderer eine Leiter an den Baum stellte.
„Klingt, als würde sie allmählich die Geduld verlieren, Kumpel. An deiner Stelle würde ich mir die Fragen für nachher aufheben.“
„Ja … klar“, meinte Sam und fing an, seine Kluft auszuziehen.
Er ließ Jacke, Hut und Handschuhe auf den Boden fallen. Je weniger Zeug er mit auf die Leiter nahm, desto leichter würde es sein, Harley wieder herunterzuhelfen.
Ein weiterer Kollege stand neben Sam und gab sich keine Mühe, seine Belustigung zu verbergen.
„Ich wollte deine neue Frau schon längst mal kennenlernen“, sagte er. „Ich schätze, dann kann es genauso gut auch heute sein.“
Sam warf ihm einen bösen Blick zu. „Wenn du schlau bist, solltest du sie nicht ärgern.“
Der andere Feuerwehrmann schmunzelte. „Sie ist also sehr temperamentvoll, ja?“
„Halt einfach die Leiter fest und halt die Klappe!“, brummte Sam und begann, hinaufzusteigen. „Halt durch, Schatz! Ich bin gleich bei dir.“
„Meinetwegen brauchst du dich nicht zu beeilen. Ich hänge hier schon seit fast einer Stunde fest und habe nicht die Absicht, demnächst abzuhauen.“
Ihre spitze Bemerkung löste unten allgemeines Gelächter aus. Sam stieg ein wenig schneller empor. Als er schließlich ihre Arme und dann ihr Gesicht erkennen konnte, setzte sein Herzschlag einen Moment lang aus. Er sah die Tränenspuren auf ihren Wangen.
„Ich bin da, Liebling. Kannst du ein kleines Stückchen rückwärts auf mich zukommen?“
„Ja“, antwortete Harley und folgte seiner Aufforderung.
Als sie spürte, wie er erst ihren Knöchel umfasste, und dann ihr Bein, um ihr Halt zu geben, war sie heilfroh. Also gut, dann habe ich mich eben vor einem Dutzend Männer zum Trottel gemacht, dachte sie bei sich. Na und? Hauptsache, ich komme endlich von diesem Baum runter.
„Vorsichtig“, meinte Sam. „Und jetzt stell deinen Fuß hierhin!“ Er ließ ihren Fuß auf die oberste Leitersprosse gleiten. „Okay … gut … gut! Jetzt den andern Fuß. Es ist alles in Ordnung. Ich habe dich. Du wirst nicht fallen.“
Schließlich stand Harley aufrecht zwischen Sam und der Leiter, die an dem dicken Baumstamm lehnte.
„Dem Himmel und Edna Matthews sei Dank!“, meinte sie und ließ die Stirn an einer Sprosse ruhen.
Sam hielt die Arme um sie geschlungen. Seine Nase war auf gleicher Höhe mit ihrem Hinterkopf. Harleys Haare dufteten, als hätte sie sie heute Morgen frisch gewaschen, auch wenn einige Blätter sich in ihren Locken verfangen hatten. Er küsste sie hinterm Ohr und drückte sie rasch an sich.
„Bist du bereit runterzugehen?“
„Ja, du zuerst“, erwiderte sie. „Ich folge dir.“
„Wir gehen zusammen“, erklärte Sam.
Harley seufzte.
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