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Lieblingslied: Roman (German Edition)

Lieblingslied: Roman (German Edition)

Titel: Lieblingslied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.A. Milne
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stand, war sicher nicht die strahlende, fröhliche junge Studentin, die ein Schulhalbjahr ihre Klasse unterrichtet hatte. Ashley Moore litt so, wie ich es mir gewünscht hatte.
    »Also, ist sie gestorben?«
    Einen Moment stand ich nur da und nahm das Bild in mich auf – die geröteten Augen, das wirre Haar, der knittrige Schlafanzug, das verschmierte Make-up und ihre seltsame Körperhaltung, mit der sie zu verbergen versuchte, was immer sie in der Hand auf ihrem Rücken hielt. Letzteres machte mich nervös. Vielleicht hatte sie sich eine Waffe besorgt , sagte ich mir. Für den Fall, dass ich dieses Mal völlig durchdrehte. Ich stellte mich unauffällig vor Hope. »Sie meinen Anna?«
    »Ich habe vermutlich kein Recht auf Informationen, aber ich habe eine Freundin im Krankenhaus, die mich auf dem Laufenden hält«, erwiderte sie.
    »Nein, sie ist noch nicht ›gestorben‹. Damit fangen wir morgen erst an.«
    »Sind Sie deshalb gekommen. Um mir zu sagen, dass ich morgen um diese Zeit eine Mörderin bin?«
    »Nein.«
    »Warum dann? Meine Eltern sind im Büro. Sie stehen nicht im Weg. Sagen Sie, was Sie sagen müssen. Mir ist das jetzt gleichgültig.«
    Hope drückte mir die Hand, drängte mich, zur Sache zu kommen.
    »Sie irren sich. Ich möchte mich entschuldigen.«
    Ashley Moore musterte mich misstrauisch. »Sie wollen was?«
    »Er meint, dass es ihm leidtut«, platzte Hope heraus.
    »Danke, Hope, aber ich kann durchaus für mich sprechen. Ashley, wie ich mich Ihnen gegenüber nach dem Unfall verhalten habe, war falsch. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Es tut mir aufrichtig leid.«
    Ashleys Augen füllten sich mit Tränen. »Ist das Ihr Ernst?«
    »Mein voller Ernst.«
    Ashleys Unterlippe zitterte. Schließlich brachte sie ein kaum vernehmliches »Danke« heraus.
    »Das ist noch nicht alles. Es fällt mir zwar nicht leicht, aber … ich möchte einfach nicht mehr wütend auf Sie sein. Sicher finde ich nicht gut, was Sie am Steuer getan haben, aber ich weiß, dass sie den Unfall nicht absichtlich verursacht haben. Wir alle machen gelegentlich Fehler. Manchmal sogar schwere Fehler. Aber wir müssen aus diesen Fehlern lernen und damit weiterleben.«
    »Was er sagen möchte, ist …«
    »Hope, bitte! Das ist meine Angelegenheit.«
    Ich räusperte mich. »Die Sache mit meiner Frau hat mich hart getroffen. Aber erst vor Kurzem ist mir der Gedanke gekommen, dass die Situation auch für Sie nicht einfach ist. Die Phrase ›Vergeben und Vergessen‹ habe ich nie gemocht. Ich glaube nämlich nicht, dass wir je vergessen können. Aber ich möchte glauben, dass wir uns vielleicht in Frieden erinnern, wenn wir vergeben. Um es auf den Punkt zu bringen, ich vergebe Ihnen.« Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, hatte ich das Gefühl, ich sei von einer schweren Last befreit. Ich fühlte mich plötzlich frei. Ich legte Hope einen Arm um die Schultern und zog sie an mich. » Wir vergeben Ihnen.«
    Was dann geschah, traf mich völlig überraschend und unvorbereitet. Ashley sank wie eine Stoffpuppe in sich zusammen, fiel auf die Knie und kauerte wie ein Bündel aus grauem Flanell auf dem Fußboden. Noch im Fallen hatte sie sich mit beiden Händen abgestützt. Dabei war ihr das, was sie bisher hinter dem Rücken versteckt hatte, aus der Hand geglitten. Eine Unmenge gelber Pillen rollte über den Dielenboden.
    Hope und ich schnappten entsetzt nach Luft. Mein erster Eindruck war, dass Ashley nicht mehr atmete. Aber dann begann sie zu schluchzen – so herzzerreißend, dass ihr ganzer Körper bebte. »Es … es tut … mir … so leid!«, stöhnte sie.
    Es dauerte Minuten, bis wir sie einigermaßen beruhigt und von der Diele ins Wohnzimmer und zu einer Couch gebracht hatten. Während ich die Pillen aufsammelte, blieb Hope bei Ashley, redete freundlich und beruhigend auf sie ein. Als ich die ersten Tabletten in die Schachtel zurück füllte, entdeckte ich in deren Innerem ein Stück eingerolltes Papier. Ich faltete es auseinander und fand einen handgeschriebenen Brief mit unvergesslichem Wortlaut.
    Nachdem ich ihn gelesen hatte, bat ich Ashley um die Telefonnummern ihrer Eltern am Arbeitsplatz. Als Erste erreichte ich Mrs. Moore. Ich berichtete ihr hastig, was geschehen war. Sie versprach, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen.
    Dann las ich die Nachricht erneut, bis meine Augen brannten. Schließlich sah Hope meine Tränen und wollte wissen, ob mit mir alles in Ordnung sei. Ich nickte stumm.
    Liebe Mom, lieber Dad,
    bitte gebt

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