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Lieblingslied: Roman (German Edition)

Lieblingslied: Roman (German Edition)

Titel: Lieblingslied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.A. Milne
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Bus endlich repariert, und die Iren konnten wieder einsteigen. Die wenigen Touristen, die danach zurückblieben, waren kaum der Mühe wert. Ich packte ein.
    Als ich mich gerade niederbeugte, um Karl in seinem Instrumentenkasten zu verstauen, hörte ich schnelle Schritte näherkommen.
    »Ethan?« Die Frauenstimme hatte einen kaum vernehmbaren, österreichischen Akzent.
    Ich hob überrascht den Kopf. »Magda? Was machst du denn hier?« Ich freute mich, sie zu sehen und war trotzdem enttäuscht. Sie war allein.
    Sie verdrehte die Augen. »Glaub mir, meine Idee war’s nicht, herzukommen.«
    »Warum bist du dann …?«
    »Weil ich dich spielen hören wollte.«
    Ich erstarrte. Magdas Lippen hatten sich nicht bewegt. Die Worte kamen von jemandem, der direkt hinter mir stand. Und die Stimme war mir sehr vertraut.
    Kein Akzent. Reinstes Amerikanisch.
    Ich drehte mich langsam um, wusste nicht, wie mir geschah. Hinter einem Auto trat Anna hervor – die Bäckerstochter – und lächelte nervös.
    »Hi«, sagte sie leise.
    Ich war vor Freude wie gelähmt, rang um eine einigermaßen intelligente Antwort. Aus den Augenwinkeln sah ich den Basilisken über mir thronen. Ich wusste, das war meine Chance. Ich konnte in die Fußstapfen des Bäckerlehrlings treten. Also holte ich tief Luft und sagte, was mir gerade in den Sinn kam: »Du bist unglaublich schön!«
    Das traf Anna vollkommen unvorbereitet, und einen Moment dachte ich, ich hätte alles verdorben. Dann wurde sie rot. »Ich habe dich auch vermisst.«
    Einige Sekunden lang standen wir uns stumm gegenüber, starrten uns nur reglos an. Zuckten mit keiner Wimper.
    Schließlich wiederholte ich meine Frage an Magda: »Was machst du denn hier? Hätte nie gedacht, dass du zurückkommst.«
    »War auch nicht geplant. Aber wir konnten zwischen zwei Zugverbindungen nach Ungarn wählen. Und der eine Zug fährt über Wien.«
    »Wie lange habt ihr Aufenthalt?«
    Anna warf einen Blick auf die Uhr. »Noch ungefähr eine halbe Stunde«, antwortete sie stirnrunzelnd.
    Mein Mut sank. »Zum Bahnhof sind es von hier gut zwanzig Minuten.«
    »Ich weiß. Tut mir leid. Ich habe versucht, dich nach unserer Ankunft zu Hause anzurufen. Dein Mitbewohner hat gesagt, dass du vermutlich irgendwo Musik machst. Er hat uns eine Liste der Plätze genannt, wo du meistens zu finden bist. Wir haben sie alle abgeklappert. Das Basiliskenhaus war unsere letzte Chance.«
    »Na, großartig«, murmelte ich. »Du hast mich gerade noch rechtzeitig gefunden … um Adieu zu sagen?«
    Anna machte einen Bogen um mich und stellte sich neben Magda hinter den Gitarrenkasten. »Nein. Gerade rechtzeitig um Hallo zu sagen und dich spielen zu hören. In all der Zeit, die wir zusammen die Stadt erkundet haben, habe ich dich nie spielen gehört.«
    Ich nickte achselzuckend, griff mir Karl und setzte mich auf den Hocker. »Hast du einen besonderen Wunsch?«
    »Spiel, was du willst. Allerdings sollte es schon was Einprägsames sein. Etwas, das man nicht vergisst … vielleicht etwas, das ich kenne und das mich immer an dich erinnert, wenn ich es höre.«
    Zuerst war ich versucht, ihr einen meiner Standardsongs vorzuspielen, aber weder Queen noch Beethoven schienen so richtig zu Anna zu passen. Während mein Blick auf ihrem schönen Gesicht ruhte, fiel mir eine Melodie ein, die wie für sie komponiert schien. Ich schloss die Augen und schlug die ersten Noten eines der romantischsten klassischen Stücke an, Pachelbels Kanon in D-Dur . Meine Finger glitten von Griff zu Griff, ohne aufzusehen, bis ich bei der Hälfte des Stücks angelangt war. Anna beobachtete mich lächelnd. Offenbar gefiel ihr, was sie hörte. Auch Magda lächelte. Eine Gruppe von ungefähr sechs Zuhörern versammelte sich und hörte mit.
    An der schnellsten Stelle begannen einige im Publikum, leise zu applaudieren. Gleichzeitig trat ein Paar vor und warf einige Scheine in meinen Gitarrenkasten. Als der Rhythmus des Kanons in ruhigere Kadenzen überging, fügte eine alte Dame ein paar Münzen hinzu. Dann verlief sich das Publikum. Nur Anna und Magda waren noch da.
    »Du bist erstaunlich«, sagte Anna.
    »Du auch.« Meine Stimme klang brüchig.
    Magda rollte die Augen. »Wir müssen jetzt los.«
    Anna warf ihr einen warnenden Blick zu. » Ich weiß . Aber zuerst muss ich diesem großartigen Musiker ein Trinkgeld geben!« Damit zog sie aus der Tasche ihrer Jeans ein gefaltetes Stück Papier und machte ein paar Schritte vorwärts. Über den Gitarrenkasten gebeugt, wollte sie

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