Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lieblingslied: Roman (German Edition)

Lieblingslied: Roman (German Edition)

Titel: Lieblingslied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.A. Milne
Vom Netzwerk:
Residenz mitgenommen hatten. Unser Kommandeur machte sehr deutlich, dass wir keine Armee von Dieben seien und er unser Gepäck durchsuchen lassen würde. Insgeheim vermuteten wir, dass er lediglich unsere Schätze für sich haben wollte.
    Nach allem, was ich in Mauthausen erlitten hatte, empfand ich den Diebstahl einer Türklinke als Bagatelle und beschloss, sie gründlich zu verstecken. Captain Reynolds jedenfalls sollte sie nicht bekommen. Der einzige sichere Platz für mein Diebesgut war der Hohlkörper von Karls Gitarre. Ich entfernte sämtliche Saiten und wand sie sorgfältig um die Wirbel, befestigte Hitlers Türklinke mit Klebeband an der untersten Stelle des Korpus und zog die Saiten wieder auf.
    Wie erwartet, hat sie niemand je entdeckt.«
    Großvater verstummte. Im Raum war es unheimlich still. Anscheinend wollte er seine Gedanken ordnen. Im Geiste sah ich die Gitarre mit all ihren Schrammen vor mir und stellte mir vor, wie sich ihre Saiten unter meinen Fingern anfühlten. Über viele Jahre war das Instrument in meinem Besitz gewesen, ohne dass ich je geahnt hätte, was für eine bewegende Gesichte damit verbunden war, geschweige denn, dass es als Versteck für Diebesgut missbraucht worden war.
    Großvater hustete einige Male und räusperte sich. Dann nahm er seine Erzählung wieder auf.
    »Wir sind fast eine Woche dort oben auf dem ›Eagle’s Nest‹ geblieben. Für viele von uns waren die Tage in luftiger Höhe wie ein wohlverdienter Urlaub. Die exponierte Lage eröffnete uns einen herrlichen Panoramablick. Wir konnten nichts anderes tun, als die Aussicht zu genießen und Briefe nach Hause zu schreiben. Gegen Ende der Woche fielen überall in Deutschland und Österreich die letzten Bollwerke der Nazis. Mauthausen wurde ebenfalls befreit.
    Mein erster Gedanke galt Karl. Obwohl der Gedanke, an den Ort des Schreckens zurückzukehren, unerträglich war, musste ich in Erfahrung bringen, was mit meinem Freund geschehen war. Mit Erlaubnis eines sympathischen Oberstleutnants, konnte ich mit einem Jeep und zwei weiteren Kameraden aus meiner Einheit nach Linz fahren. Allerdings mit der Auflage, nur Hauptverkehrsstraßen zu benutzen, die unter der Kontrolle der Alliierten standen.
    Auf dem Weg wurden wir gut ein halbes Dutzend Mal von Patrouillen aufgehalten, sodass uns die normalerweise vierstündige Fahrt einen ganzen Tag kostete.
    Als wir schließlich in Mauthausen ankamen, wehte zu meiner großen Erleichterung bereits die amerikanische Flagge über dem Lagerkomplex. Was jedoch nicht bedeutete, dass sich die Zustände dort bereits geändert hatten. Ich erkannte einige der ehemaligen Häftlinge, die in ihren zerfetzten Sträflingsanzügen herumirrten, aber aus meiner alten Baracke konnte ich niemanden entdecken. Die befreiten Häftlinge waren glücklich, aber so schwach, dass sie den neuen Zustand noch kaum genießen konnten. Ihre Mägen waren zum Teil so geschrumpft, dass sie die jetzt reichlich vorhandene Nahrung kaum zu sich nehmen konnten.
    Die meisten SS -Offiziere und Wachleute waren vor Ankunft der US -amerikanischen Truppen geflohen. Der Rest wurde unter strenger Bewachung in einer der Baracken festgehalten. Unter ihnen war auch Karls Vater, Oskar.
    ›Ah, der amerikanische Spion, der geflohen ist‹, bemerkte er süffisant bei meinem Anblick. ›Ich vergesse kein Gesicht.‹
    Am liebsten hätte ich ihm einen Kinnhaken verpasst. ›Wo ist Karl?‹, erkundigte ich mich wütend. ›Was ist mit Ihrem Sohn passiert?‹
    Oskar wurde krebsrot. ›Ich habe keinen Sohn mehr!‹, zischte er trotzig auf Deutsch und spuckte mir ins Gesicht. ›Dieser Feigling war niemals mein Fleisch und Blut. Er war ein Verräter! Genau wie Sie!‹
    ›Wo ist er?‹, wiederholte ich mühsam beherrscht.
    ›Versteckt sich vermutlich irgendwo, wie das bei Feiglingen so üblich ist‹, antwortete er mit sadistischem Grinsen. Er spuckte mir vor die Füße. ›Verschwinden Sie! Ich habe Ihnen nichts mehr zu sagen.‹
    Später am Abend begegnete ich zufällig Elisabeth Richter, die eine Gruppe Waisenkinder betreute, deren Eltern im KZ umgebracht worden waren. Elisabeth war es besser ergangen als den meisten anderen Häftlingen. Man hatte sie einer Familie in der Stadt Mauthausen überlassen, wo sie als Haushälterin gearbeitet und sich von den Essensresten aus dem Mülleimer ernährt hatte.
    Als sie mich sah, lächelte sie erschöpft. ›Sie sind durchgekommen‹, murmelte sie. ›Gott sei Dank! Sie haben es also geschafft.‹
    Es war

Weitere Kostenlose Bücher