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Lieblingslied: Roman (German Edition)

Lieblingslied: Roman (German Edition)

Titel: Lieblingslied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.A. Milne
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unterstreicht doch nur, was ich gesagt habe, oder? Wo, wenn nicht in einer grausamen Welt, schwebt ausgerechnet eine Frau wie Anna zwischen Leben und Tod … und wartet.«
    Die Schwester betrachtete Anna einen Moment lang nachdenklich. »Worauf wartet sie denn?«, fragte sie schließlich.
    Ich schüttelte den Kopf. »Das weiß nur der liebe Gott. Vielleicht darauf, dass ihre Lunge kollabiert …? Ihr Herz aufhört zu schlagen …? Darauf, dass jemand den Stecker zieht …? Spielt alles eigentlich keine Rolle. Das Ergebnis ist dasselbe. Und mir will das einfach nicht in den Kopf.«
    » Eh, hm «, räusperte sich jemand hinter uns. »Schlechtes Timing?« Stuart steckte den Kopf durch einen schmalen Vorhang vor der Tür. »Offiziell ist zwar noch keine Besuchszeit, aber man hat mich reingelassen, weil du schon da bist.«
    »Ja, Ausnahmen scheinen hier die Regel zu sein«, murmelte ich bei dem Gedanken an Großvaters nächtlichen Besuch. »Bist du allein?«
    »So isses. Ganz allein. Dachte mir, dass es für Hope noch zu früh ist. Aber ich wollte meine kleine Schwester sehen. Du hast doch nichts dagegen?«
    »Komm rein, Stuart.«
    Die Krankenschwester lächelte höflich. »Ich lasse Sie jetzt allein. Alles erledigt.«
    Stuart tauschte mit der Schwester den Platz an Annas Bett. Dort verweilte er mehrere Minuten, nahm alles in sich auf – die Geräte, die Schnittwunden, die Bandagen, die Blutergüsse, alles. Ohne den Blick von Anna zu wenden, sagte er schließlich: »Es steht wirklich verdammt schlecht um sie, was?«
    »Ja«, erwiderte ich grimmig. »Ist ja kaum zu übersehen.«
    »Ich habe zufällig gehört, was du vorhin zu dieser Krankenschwester gesagt hast … dass du nicht begreifen kannst, was geschehen ist.«
    »Und?«
    »Hast du je Babylon 5 gesehen?«
    »Was bitte?«
    »Die Science-Fiction-Serie?«
    »Nie davon gehört.«
    »Hm, komisch. Alle meine Freunde sind begeisterte Fans der Serie. Und du hast ernsthaft nie davon gehört …?«
    »Nein, Stuart. Worauf willst du hinaus?«
    Er zog die Nase kraus, um seine Brille zurechtzurücken. »Also, die Serie spielt in einer Raumstation, und einige der Dialoge sind wirklich außerirdisch.« Er verstummte angesichts der möglichen, unbeabsichtigten Doppeldeutigkeit. »Na, jedenfalls ist mein Lieblingszitat aus Babylon 5 Folgendes: ›Ich dachte immer, wie furchtbar es ist, dass das Leben so ungerecht sein kann. Aber dann ist mir eingefallen, dass es viel schlimmer wäre, wenn das Leben gerecht wäre. Denn dann hätten wir all die gemeinen Dinge, die uns passieren, ja verdient? Und seither finde ich Trost im feindseligen, ungerechten Universum.‹« Stuart hielt inne. »Gibt einem zu denken, was?«, fügte er schließlich hinzu.
    Ich wusste ehrlich gesagt nicht, ob mich das Zitat trösten sollte. Zumindest, und da musste ich Stuart recht geben, gab es zu denken.
    Stuart blieb noch eine halbe Stunde. Wir saßen die meiste Zeit einfach nur da und sahen Anna an. Weder ich noch er waren sonderlich gesprächig. Bis auf gelegentliche Kommentare des Schwagers wie: »Mann, ist ja ein intergalaktisches Computerkonzert, das sie da bedient.« Oder: »Megamäßig, die Technik heutzutage … haut mich glatt um.«
    Vielleicht versuchte er damit, mich in ein Gespräch zu verwickeln, doch ich biss nicht an.
    Schließlich stand er auf und verkündete, wieder nach der Familie sehen zu wollen. »Falls du was brauchst, Ethan, lass es mich wissen. Versprochen?«
    Ich wollte meine Frau zurück, nicht mehr und nicht weniger. Laut sagte ich jedoch, ich würde ihn anrufen, wenn mir etwas einfiele.
    Den Rest des Tages sank ich immer wieder in einen unruhigen Schlaf. Krankenschwestern und Ärzte kamen und gingen. Ich versuchte erst gar nicht zu ergründen, wer sie waren, irgendwie sahen sie für mich alle gleich aus. Die meisten nahmen sowieso kaum Notiz von mir. Ich schloss daraus, dass keiner derjenige sein wollte, der mir sagen musste, dass sich bei Anna keinerlei Besserung einstellte.
    Im Wachzustand saß ich einfach nur da und starrte im Dämmerlicht des Zimmers auf Anna, verfolgte ihre Atemzüge, beobachtete, wie sie … nichts tat.
    Großvater und Octavius riefen beide am Nachmittag an, um sich nach Anna zu erkundigen. Tante Jo meldete sich ebenfalls und wollte wissen, ob die Blumen angekommen seien, die sie geschickt hatte. Sie waren angekommen, zusammen mit ähnlichen Blumengrüßen von Annas und meiner Familie. »Sind sie hübsch?«, erkundigte sie sich.
    »Natürlich«, erwiderte ich

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