Lieblingslied: Roman (German Edition)
Wie hast du das nur in so kurzer Zeit organisiert?«
»Im Moment sind ’ne Menge Männer vom Bau arbeitslos und froh um jeden Job. Und wir brauchten nur vier Wände, ein Dach und ein paar Extras zur Verschönerung. Die fünf Jungs waren nach zwei Tagen mit allem fertig.«
»Darf ich fragen, was das gekostet hat?«
Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Vergiss es. Hauptsache deine Familie hat etwas Spaß in dieser harten Zeit.«
Ich konnte nur hoffen, dass die Nachbarn nichts gegen diese neue Errungenschaft hatten. Wie ich Stuart kannte, hatte er sich kaum die Mühe gemacht, sie um ihr Einverständnis zu bitten. Vorausgesetzt es war überhaupt nötig. Ich versuchte, meinen Ärger zu verdrängen. Schließlich konnte ich Stuart kaum dafür böse sein, dass er Hopes sehnlichsten Wunsch erfüllt hatte. Und vor allem nicht, da er dieses Baumhaus als »Hilfe in der Not« begriff.
»Vielen Dank. Aber ihr tut schon genug, indem ihr euch um Hope kümmert. Von jetzt an keine großen Überraschungen mehr, okay? Der Geburtstagsparty und dem Baumhaus kann ich lange nichts entgegensetzen.«
»Lass dir deshalb keine grauen Haare wachsen«, sagte er. »Was gibt’s Neues von Anna?«
Ich spähte ängstlich in die Höhe. Schließlich war ich noch nicht bereit, Hope die Wahrheit über ihre Mutter zu sagen. »Kann sie uns hören?«, erkundigte ich mich leise.
Stuart zog kurz den Kopf zurück. »Heather hatte die Idee, dass die Kinder die Wände bemalen sollten. Hope ist abgelenkt. Sie hört und sieht nichts anderes mehr.«
»Also …«, begann ich. »Keine Veränderung. Sieht einfach nicht gut aus.«
»Keinerlei Reaktionen?«
»Keine. Sie atmet, das ist alles. Aber auch das nur mithilfe des Beatmungsgeräts.«
Stuart hob einen Finger. »Moment mal.« Er verschwand kurz und tauchte wieder auf. »Hope möchte dir alles zeigen. Kommst du rauf?«
Ich nickte und ging zum »Lift«, der funktionierte, wie Stuart es beschrieben hatte. Die Liftkabine sah wie eine an den Seiten offene Lattenkiste aus, die von dicken Trossen über Flaschenzüge nach oben befördert wurde. Ich stieg ein, drückte auf einen Knopf an der Winde und wurde langsam zur Haustür hinaufbefördert.
Das Innere der Konstruktion wirkte kleiner als ich von unten vermutet hatte. Aber schließlich drängten sich hier auch sechs Personen.
»Du musst dich mal rasieren«, bemerkte Hope, sobald ich die Tür hinter mir geschlossen hatte.
Ich nahm sie in die Arme. »Okay, wird gemacht. Aber zuerst möchte ich, dass du mich herumführst.«
Hope nahm mich bei der Hand und führte mich in das sogenannte Wohnzimmer. Dort hatte es sich Großvater Bright in einem Schaumstoffsessel bequem gemacht, den Heather auf dem Flohmarkt entdeckt hatte. Vom Wohnzimmer kamen wir in einen Raum, in dem Hope die Küche mit Puppenfamilie und … Kühlschrank … einrichten wollte.
»Hey! Moment mal. Mit Kühlschrank?«
» Oh bitte !«, bettelte sie.
»Darüber reden wir wieder, wenn du über zwanzig bist. Das hier ist ein Baumhaus zum Spielen und kein Apartment.«
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Na gut. Dann kommt eben ein Bücherregal dorthin.«
»Prima Idee.«
Und damit waren wir wieder an der Haustür angelangt. Die Führung war vorüber. Wir blieben noch eine halbe Stunde im Baumhaus, bewunderten die Konstruktion und genossen die leichte Brise, die durchs Fenster wehte. Schließlich erfasste mich erneut Unruhe. »Ich muss wieder zurück ins Krankenhaus«, verkündete ich.
»Ich komme mit«, sagte Hope.
»Nein, Kleines. Noch nicht. Ich sage dir, wenn es so weit ist. Dann kannst du Mami besuchen.«
Mit einer überraschend schnellen Bewegung schlug Großvater seinen Stock zweimal auf den Holzboden. »Komm schon, Ethan. Lass das arme Kind endlich zu seiner Mutter. Sie bittet dich schon die ganze Woche darum.«
» Wie bitte ?« Das Letzte, das ich erwartet hatte – oder brauchte, war jetzt, dass Großvater meine Autorität als Vater im Beisein von Hope untergrub.
»Du hast mich sehr gut verstanden. Lass das Mädchen zu ihrer Mutter. Sie hat es verdient.«
Alle anderen schwiegen betreten.
Das Blut stieg mir in den Kopf. Ich fühlte, wie ich rot wurde. Dann wandte ich mich an Hope: »Lauf kurz ins Haus, Kleines. Ich habe mit deinem Großvater zu reden.«
»Genau«, sprang Heather mir zur Seite. »Kommt, Kinder! Wir gehen jetzt alle zusammen ins Haus. Es wird ziemlich stickig hier oben. Stuart, was war es doch, das die Kinder noch vor dem Abendessen erledigen
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