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Lieblingsmomente: Roman

Lieblingsmomente: Roman

Titel: Lieblingsmomente: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Popescu
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leid.
    »Niemand hat das Recht, so über sie zu sprechen. Sie ist perfekt, einfach perfekt!«
    »O ja, sicher, danke, dass du mich daran erinnerst! Glaubst du, ich bin so blöde und merke das nicht? Ich weiß ganz genau, dass sie perfekt ist, sie ist ja auch überlebensgroß! Ich sehe es überall in eurer Wohnung! Du betest sie an! Ich bin kein Idiot, Tristan!«
    Zumindest scheinen wir endlich mal ehrlich zu sein. Das ist also der Grund, weshalb ich keine Chance gegen sie habe, weil sie schon perfekt ist. Was soll danach schon noch kommen? Richtig, nichts. Ich bin jedenfalls weit davon entfernt, perfekt zu sein.
    Er sieht mich an, ich starre zurück, nicht gewillt zu zeigen, wie sehr mich seine Worte verletzt haben.
    Björns Plan, mich als helfende Hand herzubestellen, ist gehörig nach hinten losgegangen, und ich bin wütend auf mich selbst, weil ich gedacht habe, wenigstens als letzter Nothalt einen Platz in seinem Leben einnehmen zu können. Da Tristan meinem Blick noch immer standhält, drehe ich mich schließlich einfach weg. Ich halte das nicht länger aus.
    »Ich gehe. Ganz. Du brauchst mich nicht. Du hast ja deine perfekte Helen.«
    Ich hoffe, das zugegebenermaßen bissige Ende spielt darüber hinweg, wie schwer mir der erste Teil des Gesagten gefallen ist.
    Ohne ihn noch einmal anzusehen, lasse ich ihn in der Küche zurück und eile über den Flur ins Wohnzimmer, wo ich hastig meine Sachen packe. Das Bild über mir an der Wand scheint mich zu erdrücken, auch wenn ich es nicht ansehe. Ich bekomme kaum noch Luft. Es steht für alles, was ich nicht bin, und ich bin, Hand aufs Herz, keine wirklich gute Fotografin, und es ist auch nicht meine Hand, die Tristans Hand halten darf. Ich muss hier raus. Sofort.
    Tristan folgt mir nicht, ein sicheres Zeichen, dass Björn sich geirrt hat. Er will mich nicht hierhaben, er will mich nicht in seinem Leben haben, und ganz sicher bin ich nicht halb so perfekt wie Helen.
    Als ich aus dem Wohnzimmer auf den Flur trete, sitzt er neben der Küchentür auf dem Boden und stützt seine Stirn auf die verschränkten Arme. Ich will nicht hinsehen, will nicht nachgeben, will nur weg.
    Aber ich kann nicht.
    Ich bleibe stehen.
    »Tristan.«
    Er reagiert nicht. Ich weiß, wie schlecht es ihm geht, dass die Szene in der Küche sinnlos war und weder zu seiner Genesung noch zur Verbesserung meines Wohlbefindens beigetragen hat.
    Ich komme auf ihn zu, er bewegt sich noch immer nicht.
    »Soll ich gehen?«
    Ich kann nur flüstern, weil ich Angst habe, die Frage etwas lauter zu stellen. Denn dann würde er sie hören und vielleicht antworten, und ich denke, seine Antwort wird mir nicht gefallen.
    Er hebt den Kopf gerade so weit, dass er sein Kinn auf seinen Armen abstellen kann, dann sieht er langsam zu mir hoch. Seine Augen sind leer, unendlich traurig und glasig. Es will mir das Herz zerreißen, aber ich warte.
    »Nein.«
    Ein leichtes Kopfschütteln, das nach unendlicher Kraftanstrengung aussieht, und ich gehe vor ihm in die Hocke. Langsam streiche ich über seine Wange, während er die Augen schließt.
    »Komm, leg dich wieder hin.«
    Ich merke, wie warm seine Haut ist, vermutlich hat er Fieber, was bei einer so starken Migräne kein Wunder wäre. Er hat mich gehört, aber er bewegt sich nicht, sitzt einfach nur mit geschlossenen Augen da. Sonst nichts.
    »Tristan, du musst wieder ins Bett.«
    Er nickt ganz langsam und sieht mich erst dann wieder an. Ich sehe die Tränen in seinen Augen, und so langsam dämmert es mir. Es gibt einen Grund, warum Helen nicht hier ist. Es gibt einen Grund, warum ihm alles, was ich gesagt und getan habe, so wehgetan hat. Es gibt auch für das hier zwischen uns einen Grund. Aber so recht traue ich mich noch nicht, es auszusprechen.
    Ich helfe ihm wieder auf die Beine und laufe neben ihm her über den Flur in sein Schlafzimmer. Noch immer ist es abgedunkelt und ich erahne nur die Gegenstände im Inneren. Es ist vielleicht besser so, denn ich würde zu viel von ihr sehen. Ohne ein Wort rollt er sich zusammen, zieht die Decke bis fast unter das Kinn und schließt die Augen. Was soll ich noch hier? Ich fahre ihm kurz durch die Haare.
    »Ich bin im Wohnzimmer, wenn du mich brauchst.«
    »Bleib hier.«
    Wunschdenken, Layla. Das ist reines Wunschdenken. Das hat er nicht gesagt und wenn, dann hat er es nicht so gemeint.
    »Bitte.«
    Oder eben doch.
    Ich habe so viele Fragen, ich will so vieles wissen, und ich kann nicht fragen. Ich nicke nur und klettere neben ihn auf

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