Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lieblingsmomente: Roman

Lieblingsmomente: Roman

Titel: Lieblingsmomente: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Popescu
Vom Netzwerk:
unter einer Reise vorstelle. Sobald ich aber mal Australien oder gar Asien anspreche, zählt mir Oliver alle möglichen Impfungen auf, die wir vorher über uns ergehen lassen müssten – und spätestens da vergeht auch mir der Spaß. Er hat mit alldem vermutlich sogar recht, aber ich würde manchmal gerne etwas mehr sehen als nur das hier.
    Es wird immer voller, und der DJ hat sich noch immer nicht blicken lassen. Auch Beccie habe ich schon länger nicht mehr auf der Tanzfläche gesehen, was mich nervös werden lässt. Ist sie oben bei Tristan? Zwar macht er nicht den Eindruck, von Beccie besonders angetan zu sein, aber ich kenne meine beste Freundin nur zu gut. Wenn sie etwas will, dann kriegt sie es meistens auch. Vergeben oder nicht, auch Tristan ist nur ein Mann, und Beccie weiß genau, wie sie die Waffen einer Frau einsetzen muss, um auch ihn ins Wanken zu bringen. Da bin ich mir sicher.
    Während ich weiterhin einige Betrunkene knipse, kippt die Stimmung um mich herum ganz. Die ersten Gäste tuscheln, dass der DJ nicht auftreten wolle, weil das Soundsystem nicht so gut sei, wie er angenommen hat. Noch ist es nur ein Gerücht, aber die verbreiten sich ja gewöhnlich schneller und besser als jede Tatsache zu einem Thema. Zuerst wird nur ein bisschen genervt geschubst, dann gegrölt, dann wird die Mischung plötzlich explosiver. Die Menge gerät in Bewegung. Die erste Bierflasche fliegt in Richtung DJ-Pult, und obwohl über Lautsprecher darum gebeten wird, ruhig zu bleiben und sich zu beruhigen, weil alles in bester Ordnung sei, haben das manche noch nicht verstanden. Mädchen versuchen, sich mit angsterfüllten Gesichtern an den Rand der Tanzfläche zu retten, während leicht alkoholisierte Früh-Twens sich wütend weiter in Richtung DJ-Pult schieben. Direkt auf mich zu. Ich werde an die Wand daneben gedrückt, wo ich mich direkt in der Schusslinie potenzieller fliegender Geschosse befinde. Einer der Security-Gorillas schiebt sich zwischen Menge und DJ. Seine Größe wirkt auf einige zwar sicherlich imposant, aber ich befürchte, hier wird es gleich einen Knall geben. Wir kennen solche Situationen doch alle. Es läuft nicht so, wie es soll, irgendwas geht schief, sei es nun der Soundcheck oder etwas anderes, dazu das Gemisch aus Wut und Alkohol – und bevor man sichs versieht, ist man mitten in einer unüberschaubaren, von den Umständen angeheizten Meute, die nicht mehr zu halten ist. Ich spüre, wie mir das Adrenalin durch den Körper schießt. Obwohl ich mich wirklich nicht als Paparazzi oder gar Kriegsfotografin fühle, schieße ich hastig ein paar Fotos, die den Moment ziemlich gut einfangen. Wütende Gesichter junger Leute, die sich einiges mehr vom heutigen Abend versprochen haben, sammeln sich auf der einen Seite, während der Mann von der Security zwar noch immer größer ist als die meisten anderen, aber momentan eben auch alleine. Vom Hauptakt des Abends ist jedenfalls nichts mehr zu sehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der DJ den Laden bereits durch den Hinterausgang verlassen hat und in einem Van mit verdunkelten Scheiben durch die Stuttgarter Nacht düst. Somit trifft das, was auch immer hier gleich passieren mag, auf jeden Fall die falschen Leute.
    Plötzlich fliegt eine Bierflasche aus den hinteren Reihen nach vorne und schlägt nur knapp neben mir und dem Security-Mann ein. Das Licht im Laden wird eingeschaltet, und ich sehe mehr Menschen, als mir lieb ist. Manche Mädels sehen genauso unglücklich aus wie ich und wollen eigentlich lieber sofort gehen, während die meisten Jungs ihr Testosteron auf volle Pulle stellen und sich beweisen wollen. Durch die Tür an der Treppe treten zwei weitere Männer in Schwarz. Ich erkenne Tristan, der die Lage im Raum kurz sondiert und mit gezielten Handgriffen die ersten Jungs zur Tür bugsiert und ins Freie schiebt.
    Ich fühle mich auf einmal wie in der Mitte eines Punk-Konzertes, bei dem sich alle Zuschauer zu einer wilden Runde Pogo aufgefordert fühlen. Egal ob man will oder nicht, der Name landet auf der Tanzkarte, und man kann nur hoffen, nicht zu stolpern. Ich halte mich an meiner Kamera fest, in der stillen Hoffnung, sie würde mir den Halt geben, den ich jetzt brauche – denn auch ich bin durch das Geschubse und Gedränge irgendwie in diesem Chaos gelandet. Die Luft ist ohnehin schon schlecht genug, und ich neige dazu, mich in einer extremen Menschenmenge, die ganz offensichtlich nicht in einem Zustand besonderer Begeisterung steht, unwohl

Weitere Kostenlose Bücher