Lieblingsmomente: Roman
mich unendlich klein und nutzlos fühle.
»Nein.«
Damit verlasse ich unsere Wohnung.
Die Schlange zieht sich um den halben Block, und ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich den wartenden Fans am liebsten jetzt schon sagen würde, dass sie es ohne Eintrittskarte nicht mehr in das enge Kellergewölbe schaffen werden. Aber wozu Herzen brechen? Ich schlendere an ihnen allen vorbei und ernte einige missgünstige Blicke, die ich vielleicht sogar verdient habe. Nein, habe ich nicht. Ich arbeite hier. Die wenigen echten Vorteile meines Jobs lasse ich mir nicht von Leuten vermiesen, die sich nicht rechtzeitig um Karten gekümmert haben – oder keine Ahnung davon haben, was ich hier eigentlich leiste.
An der Tür stehen zwei Männer, beide in Schwarz gekleidet. Ist das ein geheimer Türsteher-Dress-Code oder so was in der Art? Da dreht sich einer der beiden um, und sofort beginnt es leise in mir zu flattern. Es ist Tristan. Er lächelt mich an und winkt mir zu.
Seit Dienstagnacht haben wir nur über Facebook Kontakt gehabt, ganz öffentlich und harmlos, nur Beccie hat sich natürlich beschwert, wieso er sie nicht mit der gleichen Aufmerksamkeit bedacht hat wie mich. Eine Antwort darauf habe ich bis heute nicht, und meine Ahnung verdränge ich ganz schnell und tief irgendwohin, wo ich sie nicht finden und mich mit ihr beschäftigen muss. Gleich neben den Pool-Traum.
Ich winke zurück und gehe direkt zu ihm an die Eingangstür, was zu einem kurzen Aufruhr in der Schlange führt, der vom anderen Türsteher aber mit einem strengen Blick sofort beendet wird. Dann stehen Tristan und ich uns gegenüber, und ich weiß nicht, wie ich ihn begrüßen soll. Ich unterdrücke den Impuls, ihm einfach schnell meine Hand entgegenzustrecken, und mache einen mutigen Schritt auf ihn zu. Er lächelt, beugt sich zu mir herunter, und kurz flackern in mir Bilder von einem nur von Sternenlicht erleuchteten Pool auf. Ich halte den Atem an und versuche, an etwas anderes zu denken.
Oliver. Helen. Nur Freunde.
Das funktioniert. Wir umarmen uns kurz, dann schiebe ich mich auch schon ins Innere, steige die erste Treppenstufe nach unten und frage mich, wieso ich nichts gesagt habe.
»Layla?«
Ich drehe mich wieder um. Er hält die Tür oben offen und lächelt zu mir runter.
»Gut siehst du aus.«
Damit lässt er die Tür wieder zufallen, und ich spüre, wie sich meine Lippen zu einem besonders dümmlichen Grinsen verziehen. Solche Komplimente sind in meinem realen Leben eher selten angesiedelt, vielleicht freut es mich deswegen besonders. Oder es liegt daran, dass es von Tristan kommt, was ich mir vorstellen kann, es aber nicht möchte. Andererseits können sich Freunde doch gegenseitig Komplimente machen, oder? Eben.
Im Inneren werde ich vom Veranstalter in Empfang genommen, bekomme backstage noch ein paar Instruktionen und bereite dann meine Kamera vor. Langsam füllt sich der Laden, die Luft wird schlechter, die Laune dafür besser, und so steigen auch die Temperaturen. Hände werden in die Luft gehalten, zappelnde Körper, jubelnde Menschen. Der Hauptakt ist noch nicht mal da, und doch kocht die Stimmung. Ich mache ein paar Fotos von der Menge, schieße mich quasi warm. So wie die Fußballer im Training, die üben ja schließlich auch immer ihre Freistöße für den Ernstfall.
Da entdecke ich Beccie in der Menge und winke ihr zu. Sie winkt zurück und deutet zur Bar. Ich kämpfe mich durch die immer dichter gedrängt stehenden und tanzenden Leute und werde mit einer herzlichen Umarmung von Beccie begrüßt.
»Hey, Layla, ich dachte schon, du kommst nicht mehr!«
»Natürlich komme ich. Ich arbeite hier.«
»Wenn noch mehr Leute reinkommen, kann sich bald keiner mehr bewegen!«
Beccie fächert sich Luft zu und bestellt ein Bier, untypisch für sie, aber jetzt muss das Getränk nur kalt und flüssig sein. Ich nehme ein Bitter Lemon, weil es zu früh ist, um mit dem Alkohol anzufangen. Ich muss noch viele Fotos machen, auch von dem DJ, den ich bereits hinter dem Mischpult werkeln gesehen habe. Er hat über die Anlage gemeckert und über den schlechten Sound. Typisch arroganter Berliner, will die Schwäbin in mir denken, aber auch er macht nur seinen Job und möchte vermutlich die beste Performance abgeben, die ihm dieser Club hier ermöglicht. Bisher war sein Gesichtsausdruck jedenfalls so, dass ich kein Foto von ihm schießen wollte.
»Tristan sieht heute toll aus!«
Sie schreit mir so laut ins Ohr, dass ich annehme, die meisten
Weitere Kostenlose Bücher