Lieblingsmomente: Roman
freut.
»Das ist lieb von dir.«
»Ich weiß.«
Er grinst mich an, und ich grinse zurück, während er noch einen Schluck Bier nimmt und mich dann interessiert mustert.
»Du kannst also strippen.«
»Na ja.«
»Das ist doch auch irgendwie cool. Wie so eine geheime Superkraft oder so.«
»Was?«
Er redet Unsinn. Ich will schwer hoffen, er ist sich dessen bewusst. Es ist nämlich nicht so, als würde ich dabei wie Jessica Alba in »Sin City« oder Salma Hayek in »From Dusk Till Dawn« aussehen. Wirklich nicht.
»Klar. Du hast uns Männer in der Hand.«
Ich muss lachen, und er sieht mich gespielt todernst an, als könnte er nicht verstehen, dass ich ihn nicht verstehe. Was ich allerdings auch nicht tue. So habe ich die ganze Sache nämlich tatsächlich noch nie gesehen.
»Ist das so?«
Er nickt.
»Wir Männer sind manchmal sehr … einfach gestrickt, wenn Frauen mit den Hüften kreisen und dabei Kleidungsstücke ablegen. Es ist wie ein Fluch.«
»Ein Fluch?«
»Ja.«
»Interessant.«
Es muss der Alkohol, das gerade einsetzende Lied und die entspannte Stimmung sein, denn sonst kann ich mir unter keinen Umständen erklären, was ich als Nächstes tue. Fast fühlt es sich so an, als würde ich meinen Körper verlassen und als Beobachterin die folgenden Momente verfolgen. Hoffentlich werde ich nie wieder nüchtern.
Denn ich nicke im Takt der Musik, die uns aus dem Inneren des VW-Busses erreicht, und stehe leicht wankend auf. Tristan will mir helfend die Hand reichen, aber ich stehe relativ sicher auf diesem Dach, wenn ich mich etwas konzentriere. Und schon scheint sich meine Hüfte selbstständig zu machen, und ich versuche, mich so gut es geht an die Tipps aus dem Kurs zu erinnern: nicht übertreiben, sich wohlfühlen, atmen, der Musik folgen. Es klang damals alles so einfach, und mit Bier im Blut ist es das jetzt auch. Na gut, dann mal los. Ich wiege mich im Takt der Musik, greife nach dem ersten Knopf meiner Bluse und knöpfe sie langsam und verführerisch auf, dann drehe ich ihm den Rücken zu, werfe ihm einen lasziven Blick zurück zu und zeige ihm kurz meine nackte Schulter, sodass er für einen Moment den Träger meines schwarzen BHs sieht. Tristan lehnt sich grinsend zurück und pfeift durch die Zähne. Ich drehe mich wieder zu ihm um, sehe ihm tief in die Augen, mache einen Schritt auf ihn zu, gehe spielerisch in die Knie und beuge mich zu ihm vor, als würde ich ihn küssen wollen – und das zu spielen ist leichter, als es nicht zu tun. Er grinst breiter, als ich mich im letzten Moment doch abwende und neckisch mit dem Po wackele. Auch ich muss grinsen. Woher ich die Courage habe, mich hier so zum Affen zu machen, kann ich mir nur mit Übermut erklären. Als sich unsere Blicke wieder finden, gibt es in meinem Brustkorb eine kleine Explosion. Auch wenn wir später vielleicht behaupten, einfach betrunken gewesen zu sein – das Leuchten in seinen Augen rührt nicht vom Alkohol und ist auch nicht gespielt. Macht es ihn an? Mache ich ihn an? Durch meine kleine Tanzeinlage? Mein Körper folgt der Musik, und ich öffne noch einen Knopf, diesmal den untersten, schiebe die Bluse leicht nach oben und entblöße etwas von meinem Bauch, den Beccie freundlicherweise als »perfekt!« bezeichnet, der mir aber nur ein ernst gemeintes »Na ja, geht so« entlockt. Tristan nimmt einen Schluck Bier und lässt mich keinen einzigen Moment aus den Augen. Inzwischen ist sein amüsiertes Grinsen einem interessierten Lächeln gewichen. Es ist komisch, aber ich fühle mich wirklich sexy und attraktiv. So, als hätte ich ein komplettes Make-over bekommen. Eine Art Selbstbewusstseins-Make-over. Ich will mich vor Freude um die eigene Achse drehen, tue es auch und komme dabei sofort bedrohlich ins Schleudern. Prompt verliere ich zuerst den Halt und dann auch noch das Gleichgewicht. Das wird gleich wehtun. Aber ich falle nicht, denn Tristan ist schneller, steht neben mir und greift nach meinem Arm, bevor ich einen spektakulären Stunt vom Autodach hinlegen kann.
Unsere Körper und Gesichter sind sich zum wiederholten Male an diesem Abend verdächtig nah. Tausende Schmetterlinge und Käfer flattern gleichzeitig auf, in dieser wunderschönen Sommernacht in den Weinbergen. Und er hält mich noch immer, nah bei sich. Verdammt. Ich will wissen, wie seine Lippen schmecken und wie es sich anfühlen würde, wenn er mich in genau diesem Augenblick küssen würde. So wie in meinem Traum? Ich sehe ihm tief in die Augen und sehe
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