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Lieblingsstücke

Lieblingsstücke

Titel: Lieblingsstücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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sein. Nur so viel: Es war keine Riesenüberraschung.«
    Dann hätte einmal ja wohl gelangt. Dann muss man so was ja nicht auch noch wiederholen, denke ich, sage es aber nicht.
    »Und was nun?«, frage ich perspektivisch. »Bist du jetzt mit Fred zusammen? Willst du dich scheiden lassen?«
    »Andrea, rede keinen Unsinn«, ermahnt sie mich. »Natürlich nicht. Ich bin mit deinem Vater verheiratet.«
    Daran hätte sie auch schon mal eher denken können.
    »Papa ist verletzt, angeschlagen, traurig«, gebe ich ein paar Infos über meinen Asylanten preis.
    »Das tut mir leid«, antwortet sie, »das wollte ich nicht.«
    Hat sie gedacht, dass er sich freut? Dass es ihm egal ist? Ziemlich naive Haltung, muss ich sagen. Ich weiß nicht, ob es überhaupt Menschen gibt, denen so ein Verhalten wurscht wäre. Schwer vorstellbar. Angeblich gibt es ja tolerante, liberale Beziehungen, die sexuelle Freiheit leben. In der Theorie interessant, sicherlich auch recht abwechslungsreich, für mich aber definitiv nicht machbar. Ich bin zwar kein Einzelkind, teile aber trotzdem nicht sehr gerne. Bei Süßigkeiten mag das noch gehen, bei meinem Mann würde ich ausgesprochen zickig werden.
    »Mama, was hast du denn gedacht? Dass es ihm egal ist oder was?«
    Sie wird ein bisschen rot. Erstaunlich. Da scheint doch ein gewisses Schuldbewusstsein vorhanden zu sein.
    »Ich habe gedacht, ich sage es ihm nicht. Ich meine, es ist doch keine so große Sache. Und es hat ja auch nichts mit Liebe zu tun.«
    »Und warum hast du es ihm dann doch gesagt?«, bleibe ich am Ball.
    »Weil er mich direkt darauf angesprochen hat, und anlügen wollte ich ihn nicht.«
    Sehr ehrenwert, aber ich hätte eine kleine Lüge besser gefunden. Für alle Beteiligten. Jetzt ist mein Vater zutiefst gekränkt, kann eigentlich auch kaum mehr zum Golf gehen, weil er Fred bestimmt nicht begegnen will, und ich habe einen Dauerhausgast.
    »Sag ihm, es tut mir leid, Andrea, mit mir will er ja nicht reden. Er war richtig wütend.«
    »Ich glaube, das reicht nicht. Aber ich richte es ihm natürlich gerne aus«, antworte ich so diplomatisch wie möglich.
    Sie gibt mir einen Kuss und verabschiedet mich.
    »Ich habe noch was vor, Andrea. Grüß mir Christoph, die Kinder und natürlich meinen Franz.«
    Mit diesen Worten schmeißt sie mich quasi raus. Was hat meine Mutter denn jetzt noch vor? Noch ein kleines Date mit Fred? Nach dem Motto: Nun kommt es auf einmal mehr oder weniger auch nicht mehr an?
    »Wohin willst du denn noch? Es ist doch schon spät, ich meine, du gehst doch um halb zehn ins Bett«, versuche ich, etwas aus ihr rauszulocken.
    »Sei nicht so neugierig«, weist sie mich in meine Schranken, »ich bin erwachsen und muss wohl kaum meinen Kindern sagen, wohin ich abends gehe.«
    Das war ungeschickt von ihr. Damit hat sie meine Neugier erst recht geweckt. Wer nichts zu verbergen hat, kann doch auch sagen, wohin er geht. Und wer was zu verbergen hat, könnte sich wenigstens was ausdenken. Jetzt würde ich am liebsten draußen im Auto ausharren und meiner Mutter heimlich hinterherfahren.
    »Du wirst doch nicht mit dem Fred oder so?«, wage ich, trotz des mütterlichen Verweises, eine Nachfrage.
    »Nerv nicht«, benutzt meine Mutter ein Vokabular, das ich ansonsten eher von Claudia kenne, und schiebt mich sanft, aber doch konsequent zur Tür raus.
    Kaum sitze ich im Auto, klingelt mein Handy. Birgit. Meine Schwester.
    »Und was hat sie noch gesagt?«, will Frau Neugier wissen.
    »Wärst du geblieben, wüsstest du es«, antworte ich ziemlich cool.
    »Sei nicht blöd«, fährt sie mich an, »sag’s halt.«
    »Ich kann jetzt nicht«, würge ich sie ab, »ich bin im Auto.«
    »Das stört dich doch sonst auch nicht«, weist sie mich zurecht.
    »Da ist Polizei. Ich muss aufhören«, finde ich einen eleganten Weg, meine dominante Schwester abzuwürgen.
    Ich lege auf. Das war natürlich etwas feige, aber so bin ich leider manchmal. Das nächste Mal, wenn sie sich meldet, muss ich sie unbedingt auf diesen Kommentar meiner Mutter ansprechen. Warum sollte Birgit bei diesem Thema zurückhaltender sein? Was war da mit Kurt? Oder eben nicht mit Kurt?
     
    Zu Hause herrscht Buben- WG -Stimmung. Die Kinder springen durchs Wohnzimmer, obwohl sie längst im Bett liegen sollten, mein Vater, mein Bruder Stefan und Christoph hocken auf der Couch und gucken Fußball. Das sieht nicht nach dramatischen Beziehungsdiskussionen aus. Ich dachte, dass mein Vater Rat und Tat bei den beiden suchen würde.

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