Liebster Mitbewohner
nicht so weit, mich auf jemand Neues einzulassen“, sagte ich mit stolzer Stimme und erhobenem Kinn. „Aber vielleicht komme ich nachher trotzdem mit. Wann geht’s los?“
„ Benni kommt um neun und bringt was zu trinken mit. Um zwölf treffen wir uns noch mit ein paar anderen Leuten, wahrscheinlich direkt im Club.“
„Wohin soll’s gehen?“
„Keine Ahnung. Benni klärt das mit den anderen.“
„Hoffentlich nicht so ein Elektro-Müll.“
„Wenn du Benni darum bittest, einen Club mit bestimmter Musikrichtung auszuwählen, wird er bestimmt nicht nein sagen.“
„Aha. Was soll das heißen?“
Daniel grinste frech. „Ist das nicht offensichtlich?“
„Du meinst, er mag mich?“
Daniel nickte.
„Du redest hier über deinen Freund, ist dir das klar?“
„Und? Dieses Gespräch kann doch nur nützlich für ihn sein. Jetzt, wo du weißt, dass er Interesse hat, kannst du darauf reagieren.“
„Ich hab dir gerade gesagt, dass ich noch nicht so weit bin.“
Daniel setzte sich neben mich aufs Sofa. „Aber mal angenommen, du wärst soweit: Was würdest du zu Benni sagen? Ist er dein Typ?“
„Nein.“
„Du hast ja nicht mal darüber nachgedacht!“
Ich seufzte. „Er ist nett“, gab ich zu. „Man kann sich gut mit ihm unterhalten, irgendwie hat er immer was zu erzählen und zu allem was zu sagen. Er weiß, was er will. Er ist höflich. Wahrscheinlich würde er nie jemanden anschreien oder beleidigen. Aber er ist so schrecklich erwachsen.“
„Ich kann dir nicht ganz folgen.“
„Ich weiß auch nicht. Abe r er erinnert mich ein bisschen an Leon. Er hat seinen Job, sein Leben, alles ist geordnet. Wahrscheinlich fehlt ihm nur noch die richtige Frau für sein perfektes Leben. Dann wird ein Haus gebaut, geheiratet und das erste Kind gemacht.“
„ Ooooookay.“ Daniel rückte ein Stückchen von mir weg. „Ist da jemand ein wenig beziehungsgestört? Woher plötzlich diese Panik, sich auf jemanden einzulassen?“
Ich zuckte mit den Achseln. „Gerade habe ich dir gesagt, dass ich noch nicht bereit für was Neues bin. Da hast du mir nicht geglaubt.“
„Du hast mich überzeugt“, sagte Daniel trocken. „Und wie steht’s mit Bennis Äußerem?“
Ich stöhnte. „Hast du’s noch nicht aufgegeben?“
„Irgendwann wirst du diese Bindungsphobie überwunden haben und ich möchte wissen, wie dann die Chancen für Benni stehen.“
„Hm.“ Ich dachte an sein Haar mit dem schönen, leicht rötlichen Braunton und die warmen, ebenfalls braunen Augen. Außerdem gefiel mir sein Lächeln. Es war ein herzliches, ehrliches Lächeln, das nur wenige Männer zustande brachten, wenn sie mit einer Frau sprachen, die sie interessierte. Zwar war für meinen Geschmack sein Kinn etwas zu breit und die Nase einen Tick zu groß, aber das waren Nebensächlichkeiten. Und kleine Makel machten ja bekanntlich interessant. Zu hübsche Männer konnten auch schnell langweilig werden, außerdem zogen sie andere Frauen an wie altes Obst Fruchtfliegen. Ich musste an Felix und das Foto denken. Kurzentschlossen nahm ich meinen Laptop auf die Knie, rückte ihn so, dass Daniel den Bildschirm nicht sehen konnte und klappte ihn auf. „Er sieht schon ganz gut aus“, sagte ich, während ich die Zeile, die ich in die Nachricht an Felix geschrieben hatte, löschte. „Trotzdem will ich nichts mit ihm anfangen. Kannst du jetzt bitte rausgehen? Ich will Felix anrufen.“
Daniel warf mir einen seltsamen Blick zu, doch stand auf. „Ich frage mich, wie du jetzt schon wieder auf Felix kommst, wo wir gerade über Benni gesprochen haben. Oder kommt es daher, weil das Thema war, ob du wieder was mit jemandem anfangen könntest?“
Ich starrte ihn an und fragte mich, ob er gerade wirklich das angedeutet hatte, was ich dachte. Irgendwie traute ich ihm das nicht zu. „Was willst du damit sagen?“
„Nur so eine Idee.“ Er hob abwehrend beide Hände. „Ihr hattet die ganze Zeit so eine komische Beziehung. Und dann der Kuss. Und dass dich so mitnimmt, dass er sich nicht meldet.“
„Ja?“
Daniel schaute verwirrt. „Was ja?“
„Ich warte auf deine abschließende Beurteilung.“
„Ähm... na ja…“
Ich musste mich zwingen, nicht breit zu grinsen. Ich hatte ihn erfolgreich verunsichert.
„Es ist nicht schlimm, verliebt zu sein, Maja.“
Mein inneres Grinsen erlosch.
„Ich verstehe, dass du es nicht zugeben willst, vielleicht nicht mal vor dir selbst. Aber ich glaube, es würde dir besser gehen, wenn du es
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