Liebster Mitbewohner
die Nase binde, damit du mich wieder wie eine Aussätzige behandeln kannst.“
„Also hast du vor, dich mit ihm zu treffen!“
„Netter Versuch, aber ich werde dieses Thema nicht weiter mit dir diskutieren. Verhalt dich erst mal wieder wie ein Freund, bevor ich dir so private Gedanken anvertraue.“
„Das ist ja das Problem! Ich bin dein Freund, aber auch Bennis. Wenn er dasselbe mit dir abziehen würde, wäre ich auch auf ihn sauer.“
„Was denn abziehen, verdammt noch mal? Ich ziehe gar nichts ab!“
Daniel verschränkte nur die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen den Türrahmen.
„Jetzt werde ich also schon wieder mit Schweigen gestraft. Von mir aus. Mach doch, was du willst.“ Ich wandte mich mit aller Hingabe meinem Kaffee zu. Als ich mich nach ein paar Minuten wieder umdrehte war Daniel verschwunden.
Als ich mich einen Tag später bei Facebook einloggte, hatte ich eine neue Nachricht. Sie war von Felix. Sofort stieg mein Herzschlag rapide an, obwohl ich dem dummen Organ sagte, es solle sich nicht wegen nichts und wieder nichts verrückt machen. Das tat ich selbst schließlich auch nicht. Und ich sollte Recht behalten, wie mein Herz enttäuscht feststellte. Denn die Nachricht bestand nur aus einem einzigen Wort: Freundschaft?
Ich klappte den Laptop zu, ohne Felix geantwortet zu haben. Im ersten Moment war ich sauer. Was dachte der Kerl sich? Drei Wochen kein Lebenszeichen und dann das. Obwohl ich ihm bei unserem Telefonat deutlich gesagt hatte, wie ich dazu stand. Doch das bewies nur einmal mehr, dass Daniel und Elena Recht hatten. Da auch ich mich drei Wochen lang nicht bei Felix gemeldet hatte, musste er annehmen, dass ich keinen Kontakt mehr mit ihm wollte. Und trotzdem lenkte er nicht ein. Wenn er bei unserem Gespräch tatsächlich die Wahrheit gesagt hätte, würde ihm doch spätestens jetzt aufgehen, dass seine Taktik nicht funktionierte, oder? Dass ich kein Interesse mehr an einer Freundschaft hatte. Und er würde in sich gehen um festzustellen, ob er nicht doch Gefühle für mich hatte. Wenn er die Wahrheit gesagt hätte. Was er nicht hatte. Wovon ich nun endgültig überzeugt war.
Freundschaft?
Wenn das nur so einfach wäre….
Ich antwortete Benni am Freitag.
In Ordnung. Lass uns Essen gehen und einfach schauen, was daraus wird.
Ein Teil von mir wusste, dass ich es auch tat, um Felix endlich das geben zu können, was er wollte: Freundschaft. Derselbe Teil ahnte, dass Daniel Recht hatte und ich Benni möglicherweise verletzen könnte. Deshalb nahm ich mir vor, bei dieser ersten Verabredung direkt alle Karten auf den Tisch zu legen. Ich wollte, dass Benni wusste, wie ich zu Felix stand. Dass er wusste, worauf er sich einließ, wenn er sich denn mit mir einließ. Möglicherweise hätte sich damit schon die ganze Sache erledigt.
Bennis Antwort kam postwendend: Freut mich! Wie wäre es mit morgen Abend?
Ich sagte zu und wir verabredeten uns für acht Uhr in einem Sushi-Restaurant.
Als ich ankam, war er bereits da. Er stand auf, um mich zu begrüßen und drückte mich kurz, wie auch schon am Montag zum Abschied.
Ich zog meine Jacke aus und setzte mich. Peinliches Schweigen entstand. Ich nahm die Karte zur Hand, um mich abzulenken, und studierte jedes Gericht sehr genau. Benni tat es mir gleich.
Plötzlich lachte er auf.
Ich sah ihn über den Rand meiner Karte hinweg an.
„Das ist doch albern“, meinte er und ließ seine Karte sinken. „Wir kennen uns. Ja, eigentlich sind wir doch so was wie Freunde. Warum ist die Situation dann gerade so unangenehm?“
„Wahrscheinlich genau deshalb“, rutschte es mir heraus. „Es gibt wohl kaum etwas Unangenehmeres, als den Versuch, aus Freunden mehr zu machen.“
„Klingt, als hättest du damit Erfahrung.“
Ich seufzte und legte ebenfalls die Karte weg.
Bennis braune Augen verfolgten jede meiner Bewegungen.
„Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist“, gab ich zu.
„Wieso?“ Plötzlich wirkte Benni entsetzlich ruhig. Er bewegte keinen Muskel. Sein Blick hatte etwas von einem Kaninchen, das den Fuchs fixiert.
„Daniel ist dagegen“, war das erste, das mir einfiel, und nicht allzu unangenehm auszusprechen war.
„Kein Grund.“
„Okay. Also, weißt du… ich mag dich, ehrlich. Aber ich kann beim besten Willen nicht sagen, ob da jemals mehr draus werden kann.“
Zu meiner Überraschung entspannte Benni sich sichtlich. So, als hätte er etwas anderes, schlimmeres, erwartet. „Ich finde es gut, dass du das
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