Liebster Mitbewohner
gleich zu Anfang sagst. Wirklich, ich weiß das zu schätzen. Aber ich verlange ja nicht, dass du dich Hals über Kopf in eine Beziehung mit mir stürzt. Das hier ist nur ein Abendessen, okay? Nicht mehr und nicht weniger. Wir unterhalten uns, so wie die letzten Male, wenn wir uns mit den anderen zusammen bei dir getroffen haben. Das ist gar keine so große Sache.“
Ich nickte, doch mittendrin hielt ich inne und schüttelte den Kopf. „Ist es eben doch. Du willst, dass wir mehr als Freunde sind, sonst hättest du mir nicht diese SMS geschrieben. Und ich will dich nicht enttäuschen und-“
„Stopp!“ Benni hob beide Hände. Er lachte. „Ich mag dich. Und ich könnte mir vorstellen, dass wir mehr sein könnten als Freunde, das ist richtig. Aber das weiß ich jetzt doch noch nicht. Die SMS hab ich dir geschrieben, weil ich gerne rausfinden möchte, ob ich in dir mehr sehen könnte, als die hübsche, lustige Mitbewohnerin von Daniel. Okay?“
„Okay“, sagte ich, nicht vollkommen überzeugt.
„Vielleicht stelle ich heute auch fest, dass ich dich total langweilig finde, wenn wir alleine und mehr als ein paar Sätze miteinander reden. Aber eben das will ich rausfinden. Das ist der Stand der Dinge. Also setz dich bitte nicht unter Druck.“
„Okay“, sagte ich abermals, jetzt doch ein wenig beruhigter.
Benni nahm wieder die Karte zur Hand. „Also, was essen wir?“
Am Ende des Abends hatte ich mich zwar nicht in Benni verliebt, aber ich schlug von mir aus ein zweites Treffen vor. Wir hatten gute Gespräche geführt. Niemals hätte ich gedacht, dass jemand auf interessante und witzige Art und Weise von einem Maschinenbau-Studium erzählen konnte. Doch Benni besaß ein Talent dafür. Er sprach außerdem von den Praktika, die er nach dem Studium absolviert hatte und gab mir Einblicke in die Arbeit, für die er vor rund drei Monaten in diese Stadt gezogen war. Zwischendurch sprach ich von meinen angefangenen und abgebrochenen Studiengängen und Ausbildungen. Benni verurteilte mich nicht für eine Sekunde, doch auch er merkte an, dass ich vielleicht am Jurastudium dranbleiben sollte. Ich war verblüfft, als der Kellner plötzlich an unseren Tisch kam und verkündete, dass es elf Uhr sei und das Restaurant nun schließen würde. Die Zeit war wirklich wie im Fluge vergangen.
Als ich die Wohnungstür zur WG aufschloss, stand Daniel mitten im Flur und starrte mich mit verschränkten Armen an. „Und?“
„Wenn du was zu sagen hast oder etwas fragen willst, dann sprich gefälligst in ganzen Sätzen.“ Meine gute Laune war dahin.
„Ich will wissen, wie es war.“
„Es war schön. Wir haben uns gut verstanden. Und Benni weiß, dass ich ihn zwar mag, aber da nicht mehr ist. Zumindest noch nicht. Zufrieden?“
„Ich könnte zufriedener sein.“
Ich baute mich vor meinem besten Freund auf. „Was ist eigentlich dein Problem? Die ganze Sache hat absolut nichts mir dir zu tun!“
Er lachte auf. „Genau! So, wie sie absolut nichts mit Felix zu tun hat!“
„Ganz genau!“ Ich machte kehrt und ging in mein Zimmer. Dabei stellte ich sicher, die Tür besonders laut zuzuknallen.
„Ich kenne dich, Maja!“ rief Daniel mir vom Flur aus hinterher. „Was du vorhast, klappt doch nie!“
„Ich habe nicht das Geringste vor!“, schrie ich zurück. Dann ging ich schlafen.
In der folgenden Woche traf ich Benni häufig, beinahe jeden zweiten Abend. Wir gingen ins Kino, essen, manchmal auch nur spazieren. Nie gingen uns die Gesprächsthemen aus. Und ich ertappte mich dabei, wie ich mir tatsächlich mehr mit Benni vorstellen konnte. Ich mochte ihn. Sehr. Nicht so heiß und leidenschaftlich, wie ich Felix gemocht hatte, aber das konnte schließlich noch werden, oder?
Als Benni mich am Samstag, genau eine Woche nachdem wir uns das erste Mal zu zweit getroffen hatten, nach Hause brachte, blieb er plötzlich mitten auf dem Bürgersteig stehen.
„Ich hoffe, ich überrumpel dich jetzt nicht schon wieder…“, begann er.
Ich sah ihn fragend an.
Und Benni beugte sich vor und küsste mich. Es war ein vorsichtiger Kuss, nur Lippen auf Lippen, und Benni zog sich schnell wieder zurück.
Ich starrte ihn mit großen Augen an.
Er wich meinem Blick aus. „Zu schnell, oder?“
„Nein, nicht wirklich… also…“
Benni grinste zerknirscht. „Tut mir leid. Habe ich jetzt alles wieder kaputt gemacht?“
Er sah plötzlich so verletzlich aus, dass ich mich auf die Zehenspitzen stellte und ihn noch einmal
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