Liebster Mitbewohner
küsste.
Benni gab einen erstickten, überraschten Laut von sich.
Ich musste lachen. „Dass wir es langsam angehen lassen, gilt immer noch“, mahnte ich, den Zeigefinger spaßeshalber erhoben.
„Ist gespeichert.“
Als ich am Montag bei der Arbeit Elena davon erzählte, war sie völlig aus dem Häuschen.
„Ich freue mich so für dich! Und Benni ist wirklich ein toller Kerl. Jede Frau könnte sich glücklich schätzen, so einen Freund zu haben.“
„Er ist nicht mein Freund. So weit sind wir noch lange nicht“, stellte ich hastig klar, weil ich auf einmal Panik bekam. Dachte Benni jetzt etwa auch, dass wir zusammen waren? Ich musste das dringend noch mal mit ihm thematisieren.
Elena seufzte abgrundtief. „ Echt jetzt? Du hast dir da einen Kerl geangelt, der der Traum einer jeden Single-Frau ist: Gutaussehend, charmant, verdient sein eigenes Geld. Zuvorkommend, interessant - einfach die Bilderbuchausgabe des perfekten Mannes. Nur du bist natürlich nicht mit ihm zufrieden. Du stehst eher auf die cholerischen Idioten.“
„Wenn du auf Felix anspielst…“
„Ich spiele nicht auf ihn an, ich zeige verbal mit dem Finger auf ihn! Schlag ihn dir endlich aus dem Kopf und wähle den Mann, der dich wirklich will. Mach dich nicht selbst unglücklich wegen der Klein-Mädchen-Hoffnung, den Mann zu bekommen, der dich in Wirklichkeit gar nicht möchte!“
„Danke für deine erfrischende Offenheit“, sagte ich trocken. Tatsächlich konnte ich mich nur mit Mühe davon abhalten, ausfallend zu werden. „Du solltest dich wirklich mal mit Daniel zusammensetzen. Wo ihr beide doch so genau zu wissen scheint, was ich will und was ich nicht will. Oder nein, warte, er ist ja gegen die Sache mit Benni.“
„Wieso das?“
Ich erklärte es ihr.
„Hm, kann ich verstehen. Du solltest Benni wirklich nicht ausnutzen, dafür ist er viel zu nett. Andererseits… ich bin nicht mit ihm befreundet, daher kann ich es mir erlauben, auf deiner Seite zu stehen. Also: Tu, was immer du tun musst, um dich besser zu fühlen.“
„Ich nutze Benni nicht aus!“
Plötzlich stand Frau Schneider neben uns. „Wie schön für Sie, Maja. Wenn Sie jetzt die Güte besäßen, endlich die Regale aufzufüllen?“
Es lief gut mit Benni. Fand ich. Auch in dieser zweiten Woche. Ich hatte das Gefühl, dass Benni spürte, dass er Geduld mit mir haben musste. Manchmal legte er den Arm um mich oder nahm, wenn wir nebeneinander liefen, meine Hand. Zur Begrüßung küsste er mich meist auf die Wange, zum Abschied auf den Mund. Aber das war’s. Ansonsten machte er keinerlei Annäherungsversuche. Und genau das war es, was es mir so einfach machte, ihn zu mögen: Ich vertraute ihm. Er gab mir das Gefühl von Sicherheit. Er stellte das, was ich wollte, über seine eigenen Wünsche. Er war einfach perfekt.
So hatte ich ziemlich gute Laune, als ich mich auch den Samstag darauf für ein Treffen mit Benni fertig machte. Er hatte vorgeschlagen, Faust zu sehen. Das wurde gerade in einem kleineren, etwas individuellen Theater in der Stadt gespielt. Da wir mittlerweile fast jeden aktuellen Kinofilm gesehen, fast jedes Restaurant in der näheren Umgebung durchprobiert hatten und ich für einen gemeinsamen DVD-Abend bei ihm oder bei mir noch nicht bereit war, hatte ich zugestimmt. Außerdem hatte ich schon immer mal eine Aufführung von Faust sehen wollen, seit ich das Werk damals in der zwölften Klasse gelesen hatte. Ich hoffte nur, sie setzten den Mephisto gut um. Meiner Meinung nach stand und fiel das Werk mit diesem Charakter.
Ich sah auf die Uhr. Viertel vor sieben. Einlass war um halb acht, deshalb hatten wir verabredet, dass Benni mich um sieben zu Hause abholte. Ich war froh, dass Daniel nicht da war. Er strafte mich noch immer mit Schweigen und wahrscheinlich hätte es die Sache nur schlimmer gemacht, wenn er eines meiner Dates hautnah mitbekommen hätte.
Es klingelte. Ich warf stirnrunzelnd einen weiteren Blick auf die Uhr: Dreizehn vor sieben. Normalerweise kam Benni nur wenige Minuten zu früh, wenn überhaupt. Er wusste, dass ich das nicht leiden konnte. Ich war zwar so weit fertig, hatte aber noch nicht entschieden, welche Schuhe ich anziehen wollte. Und ich mochte es, mir für die Vorbereitung auf eine Verabredung Zeit zu lassen.
„Ja?“, fragte ich nicht allzu freundlich in die Sprechanlage.
„Selber ja. Aber gut, dass du da bist. Mit dir hab e ich nämlich ein Hühnchen zu rupfen.“
Ich ließ den Hörer fallen. Der Sturz wurde
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