Liebster Mitbewohner
zurückzukommen.“
„Aber wieso denn , um Himmels Willen?“
„Weil er nicht zurückkommen will, denke ich. Für ihn war das Zusammenleben mit mir von Anfang an eine Zumutung. Aber der Streit gestern war der Höhepunkt. Er hat ein Buch nach mir geworfen! Na gut, nicht direkt na ch mir, aber er hat es geworfen! Und ich glaube, der Gedanke, sich mit mir noch mal im selben Raum befinden zu müssen, ist für ihn im Moment unerträglich.“
„Sieh an. Du kennst diese angeblich komplett veränderte Person aber sehr gut dafür, dass du erst ein paar Tage mit ihr zu tun hast.“
Ich zuckte mit den Achseln. „Daniel hat mir ein bisschen auf die Sprünge geholfen.“
„Wie auch immer, noch mal zurück zum Thema: Du denkst, er würde aus reiner Sturheit die Nacht draußen verbringen? In dieser Kälte?“
„Ich könnte es mir zumindest vorstellen.“
„Vielleicht ist er in ein Hotel gegangen.“
Ich schüttelte den Kopf. „Er hat momentan wenig Geld. Ich glaube nicht, dass er es für ein Hotelzimmer zum Fenster rauswerfen würde. Und Daniel meint, dass er auch nicht zu seinen Eltern gehen würde, weil er kein gutes Verhältnis zu ihnen hat.“
Elena lehnte sich zurück und legte den Kopf in den Nacken. Einen Moment lang starrte sie schweigend an die Decke. Dann sagte sie: „Bleibt nur eins: Du musst ihn finden.“
Der Gedanke war mir auch schon gekommen. Es gab da nur einen Haken in der Umsetzung: „So eine 600000-Einwohner-Stadt ist ja auch schnell durchkämmt.“
„Mann , Maja.“ Elena setzte sich kerzengerade auf. „Jetzt sei nicht so phantasielos. Ruf ihn doch erst mal an.“
„Hat Daniel schon probiert. Er nimmt nicht ab.“
„Aber das Handy ist nicht aus? Das ist super! Versuch es! Los!“
„Hast du mir nicht zugehört? Daniel hat-“
„Daniel ist nicht du. Und auch nicht der Grund, aus dem Felix abgehauen ist. Vielleicht wartet er nur darauf, dass du dich bei ihm entschuldigst.“
Ich starrte sie an. „Man merkt, dass du Felix nicht kennst.“
„Mein Vorschlag ist immerhin um Längen besser, als einfach rumzusitzen und zu jammern und sich Sorgen zu machen. Ich seh’s schon vor mir: Sobald ich weg bin, setzt du und Daniel euch doch zusammen in die Küche und schaukelt euch gegenseitig in euren Vermutungen hoch, was alle mit Felix passiert sein könnte. Wenn ich nicht selbst so schlecht drauf wäre, würde ich darüber lachen.“
„Ha ha“, machte ich.
Elena sah mich finster an. Dann lachte sie.
Ich konnte mich immerhin zu einem Grinsen durchringen.
„Also?“, fragte sie schließlich.
Ich seufzte, stand auf und trottete zur Zimmertür.
„Was machst du?“, rief Elena mir hinterher.
„Daniel nach Felix‘ Nummer fragen.“
Als ich mit der Nummer ins Zimmer zurückkehrte, hatte Elena sich ebenfalls erhoben.
„Ich geh mal besser.“
„Wohin?“
„Äh… heim?“ Sie musterte mich, als hätte ich gefragt, ob Wachsenthaarung der Bikinizone wehtut.
„Zu Steffen?“
„Er wohnt schließlich mit mir zusammen.“
„Was willst du tun?“
„Erst mal gar nichts. Ich brauche etwas Zeit zum Nachdenken. So eine Entscheidung will ich nicht überstürzt treffen.“
„Du könntest auch hier bleiben, wenn du Abstand von Steffen brauchst.“ Noch während ich das sagte, hoffte ich, dass sie ablehnen würde. Falls Felix zurückkehrte, gab es einfach kein Fleckchen in dieser Wohnung, wo Elena schlafen konnte. Keine freien Betten, Matratzen, Sofas, Teppiche….
„Ach was, ich bin doch keine sechzehn mehr. Ich regele diese Situation wie eine Erwachsene. Nichts gegen dich“, fügte sie eilig hinzu, während sie an mir vorbei in den Flur schritt.
„Nichts gegen… du meinst, weil ich bei Leon ausgezoge n bin? Elli, warte!“ Ich holte sie ein und packte sie am Arm. Ihre andere Hand lag bereits auf der Türklinke.
Sie drehte entschuldigend lächelnd den Kopf. „Das ist mir so rausgerutscht. Tut mir wirklich leid.“
„Elena!“ Komischerweise hatte mich der Vorwurf nicht so sehr gestört, als er von Daniel gekommen war. „Er hat mit mir Schluss gemacht. Findest du es erwachsen, sich nach so was noch wochenlang die Wohnung mit dem Ex zu teilen? Das ist doch naiv!“
„Du hast R echt.“ Elena strich mir über den Oberarm. Eine ungewöhnliche Geste von ihr, da wir nicht die Art von Freundinnen waren, die sich ständig überall knuddelten. Wir umarmten uns nicht mal zur Begrüßung. „Ich bin nur unglaublich schlecht drauf. Sei nicht sauer.“
„Schon gut.“
„Wirst
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