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Liebster Mitbewohner

Liebster Mitbewohner

Titel: Liebster Mitbewohner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Winter
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ist?“
    „Nein, denn es gab absolut keinen Grund dafür. Er hatte alles: Eine super Arbeit, Freunde, unsere Beziehung lief toll. Seine Eltern waren stolz auf ihn, er hatte Geld, das er auch mit Freude ausgab, und eine schöne Wohnung. Aber wie gesagt, er steckte in letzter Zeit in einer Art Krise. War mit nichts mehr zufrieden, stellte alles infrage. Auf einmal war er sich nicht mal mehr sicher, ob er noch Arzt werden wollte. Unglaublich, oder? Da hat er so lange studiert, arbeitet jetzt seit zwei Jahren als Assistenzarzt und überlegt sich plötzlich, dass er keine Lust mehr auf diesen Beruf hat.“
    Ich räusperte mich. Diese Diskussion kam mir mehr als bekannt vor. „Es kann doch sein, dass er all die Jahre das Falsche gemacht hat. Dann ist es doch besser, dass er das jetzt erkannt hat und sich nach etwas Neuem umsieht, als wenn er für den Rest seines Lebens unglücklich wäre.“
    Valerie starrte mich an. Dann lachte sie. „Du verstehst das falsch“, sagte sie in mütterlichem Tonfall. „Er wollte immer Arzt werden. Dafür hat er so hart gearbeitet, während des Studiums und danach. Seine Karriere ging ihm immer über alles. Zum Beispiel versuchte ich ihn schon seit Monaten zu überzeugen, dass er zu mir ziehen sollte. Weißt du, was er stets darauf sagte? Nein, ich muss mich erst mal vollkommen auf meine Arbeit konzentrieren. Diesen Satz kannst du als sein Motto betrachten, nach dem er die letzten Jahre gelebt hat.“
    Ich betrachtete sie nachdenklich. Als ich merkte, dass sie meinen Blick erwiderte, nahm ich noch einen Schluck Kaffee. „Und wenn diese Haltung nicht wirklich seine Meinung war?“, fragte ich leise. Es kam mir komisch vor, dieser Frau, die anscheinend lange mit Felix zusammen gewesen war, erklären zu wollen, wie ihr Ex-Freund dachte. Als Elena dasselbe bei mir bezüglich Leon versucht hatte, hatte ich ziemlich empfindlich reagiert.
    Valeries irritierter Blick zeigte mir, dass auch sie meine Worte als unangemessen empfand.
    „Ich habe die letzten Tage ziemlich viel mit ihm geredet“, versuchte ich, mich zu erklären. „Ich glaube, er will wirklich nicht weiter als Arzt arbeiten. Vielleicht wollte er das nie. Und vielleicht hat er sich nur nicht getraut, das zu sagen, ja auch nur zu denken. Weil dadurch ein Großteil seines Lebens in sich zusammenfällt.“
    Valerie schwieg. Ihr Gesichtsausdruck spiegelte eine Mischung aus Wut und Unglaube wider. „Du kennst ihn nicht“, sagte sie schließlich.
    Ich erwiderte nichts. Was sollte ich auch sagen? ,Vielleicht bist du diejenige, die ihn nicht kennt‘ ? Wohl kaum. Außerdem: Was würde es bringen? Valerie hatte ihr eigenes Bild von Felix, das dem, welches ich von ihm hatte, völlig widersprach. Er hatte sich verändert, so viel stand fest. Und auch Valerie würde das früher oder später einsehen müssen. Warum sollte ich diejenige sein, die sie mit der Nase darauf stieß? Das war nun wirklich nicht meine Aufgabe, das konnte Felix schön selbst erledigen. Aber der Herr ging seiner Ex ja lieber aus dem Weg. Feigling.
    Valerie stand auf. „Vielleicht kannst du Felix ausrichten, dass ich hier war. Und dass ich nicht abreise, bevor ich zumindest ein vernünftiges Gespräch mit ihm geführt habe.“
    Ich erhob mich ebenfalls. „Klar.“
    Sie streckte mir die Hand hin. Von ihrer zeitweiligen Irritation war nichts mehr zu merken. Sie strahlte mich an. „Weshalb ich eigentlich mit dir sprechen wollte: Danke.“
    „Wofür?“ Verwirrt nahm ich ihre Hand.
    „Du hast Felix zur Vernunft  gebracht. Zumindest hat er das am Telefon erzählt.“
    Ich zog meine Hand zurück. „Ich habe gar nichts gemacht.“ Und ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Felix etwas Derartiges über mich erzählt haben sollte.
    „Doch, hast du. Felix sagte, dass er in einem kompletten Loch steckte, als er hier ankam. Dann bist du eingezogen und obwohl es wohl nicht immer angenehm war, hat er so aus diesem Tief wieder herausgefunden. Er hat sich einen Job gesucht – auch wenn das unnötig ist, schließlich ist er Arzt, nicht Kellner – und er hat mich angerufen um sich seinen Laptop schicken zu lassen, der noch in meiner Wohnung lag. Wer weiß? Ohne dich würde er vielleicht immer noch faul im Bett herumliegen.“
    „Er war nicht faul. Es ging ihm nicht gut“, sagte ich feindseliger als beabsichtigt.
    Valerie winkte ab. „Wie auch immer. Dafür wollte ich dir jedenfalls danken.“ Sie schien keine Erwiderung zu erwarten, denn sie wandte sich ab

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