Liebster Mitbewohner
mehr… ich glaube, sie war schon immer so. Bevor wir zusammen kamen waren wir lange Bekannte, dann sogar Freunde. Nur damals störten mich all die Dinge, die mir heute so auf die Nerven gehen, gar nicht. Sie hatten ja auch nichts mit mir zu tun. Da ich nur ein Bekannter war, erwartete Valerie nichts von mir… ach, wem erzähl ich das? Du weißt ja selbst, was Beziehungen aus einem machen. Dein Ex hat dich doch auch verlassen, weil du schlicht und einfach seine Erwartungen nicht erfüllt hast, oder?“
Da war es wieder. Diese viel zu simple Zusammenfassung meiner zweijährigen Beziehung. Als Elena das vor einer Woche zu mir gesagt hatte, war ich mir sicher gewesen, dass sie es sich zu einfach machte. In der Zwischenzeit hatte ich angefangen zu glauben, dass die Erklärung für Leons Verhalten vielleicht wirklich so banal war. Doch diese Erkenntnis tat immer noch weh. „Scheint so“, sagte ich.
Wir schwiegen eine Zeit lang. „Aber glaubst du, dass es immer so sein muss? Dass eine Person die andere nach ihren Erwartungen formen will, die andere sich das nicht gefallen lässt und so die Beziehung zerbricht?“
Felix schwieg lange. So lange, dass ich schon zum Bett schleichen wollte , um nachzusehen, ob er eingeschlafen war.
„Nein. M anche Personen lassen das auch einfach mit sich machen, sodass die Beziehung daran nicht unbedingt zerbrechen muss. Dann leben die beiden glücklich und zufrieden bis an ihr Ende, oder reden sich das zumindest ein. Oder die Beziehung geht an etwas anderem kaputt.“
„Vielleicht können sich auch zwei Menschen finden, die so gut zueinander passen, dass sie sich gar nicht verändern wollen“, schlug ich vor und musste an Elena denken. Im Grunde dachte sie ähnlich wie Felix. Nur dass sie der Meinung war, anstatt den anderen verändern zu wollen, müsste man ihn genauso nehmen, wie er ist. Mit all seinen eigentlich unannehmbaren Macken. Aber das konnte doch auch keine Lösung sein. Elena selbst war der lebende Beweis.
„Nein.“
„Das war‘s? Gar kein Kommentar dazu, wie naiv ich wieder bin?“
„Falls es dir entfallen sein sollte: Ich war heute Morgen um neun Uhr wach. Das macht vier Stunden Schlaf. In diesem Zustand habe ich Flur, Bad und Küche aufgeräumt. Noch Fragen?“
„Du bist müde“, schloss ich messerscharf.
„Sieh an, ein Genie.“
„Du solltest trotzdem mit ihr reden. Oder schreib ihr einen Brief. Aber dein Verhalten ist wirklich kindisch.“
„Ist mir egal.“
Ich seufzte. „Dir ist schon klar, dass ich immer wieder davon anfangen werde?“
„Mir ist vollkommen egal, was du heut Abend oder morgen oder in fünf Jahren tun wirst. Solange du mich jetzt schlafen lässt!“
„ Schon gut“, flüsterte ich und verließ das Zimmer. Ich hoffte wirklich, dass Felix nicht allzu lange schlafen würde. Heute war Samstag und ich hatte nichts Besonderes vor. Meine Schicht im Buchladen hatte ich schon gestern telefonisch getauscht, für den Fall, dass ich heute einen Kater hätte. Jetzt wünschte ich fast, ich hätte es nicht getan. Der ganze Tag lag wie ein fetter, öder Klumpen vor mir. Elena war arbeiten – dabei hätte ich zu gerne erfahren, wie es mit ihr und Steffen nun weiterging. Gestern hatte sie partout nicht darüber sprechen wollen. Und Felix, den ich sonst bei Langeweile immer in ein Streitgespräch verwickeln konnte, schlief einfach. Daniel litt noch unter den Nachwirkungen der letzten Nacht und auf sein ständiges ,Kopfschmerzen… übel… müde… Kopfschmerzen‘ hatte ich nicht wirklich Lust. Vielleicht sollte ich spazieren gehen? Laaaaaaaaangweilig.
In diesem Moment piepste mein Handy. SMS. Freudig entriegelte ich die Tastensperre. In dem Moment, in dem ich den Namen des Absenders las, wünschte ich mir meine Langeweile zurück.
Kapitel 7
Leon.
Ich starrte auf seinen Namen, bis die schwarzen Buchstaben auf dem hellerleuchteten Display verschwammen.
„Was ist los?“
Ich hob den Kopf. Daniel war gerade aus dem Bad gekommen und musterte mich besorgt. „Falls es wegen gestern Abend ist: Mir ist wieder eingefallen, was ich gesagt habe und-“
„Leon hat mir geschrieben.“
„Echt jetzt ?“ Er kam näher und sah genauso geschockt aus, wie ich mich fühlte. „Was will er?“
„Ich hab keine Ahnung. Ich habe mich noch nicht getraut, die SMS zu lesen.“
„Vielleicht hast du nur was bei ihm vergessen. Eine Socke unter dem Bett zum Beispiel.“
„Du glaubst, wegen einer Socke würde er mir eine SMS
Weitere Kostenlose Bücher