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Lied aus der Vergangenheit

Lied aus der Vergangenheit

Titel: Lied aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Forna
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mit Tejani, ihr letzter gemeinsamer Ausflug, auf der Suche nach dem Lassafieber-Arzt. Sie hatten es gegen jede Vernunft gemacht, ohne auch nur zu wissen, ob der Mann überhaupt existierte, während das Land am Rande der Anarchie stand. Nur so aus Scheiß. Ah, Tejani.
    Das zweite Ei war an der Unterseite gar. Kai drehte es um. Er sagte: »Wie lautet also der Plan? Wieder hingehen, wenn er grade nicht da ist?«
    Adrian hob den Kopf. »Ja. Mit der Tochter reden. Sie wollte das Beste für ihre Mutter. Das Problem war der Schwiegersohn. Worin er auch verwickelt sein mag – sie hängt da nicht mit drin. Da bin ich mir sicher.«
    Kai nahm die Pfanne von der Gasflamme, ließ das fertige Spiegelei auf den Teller gleiten, nahm ein weiteres Ei und ließ es, Möglichkeiten abwägend, auf seinem Handteller herumrollen. »Und wie soll das Ganze funktionieren? Du kannst in so einem Ort nicht einfach an der Straßenecke herumlungern. Besonders du nicht.« Er schlug das Ei mit einer Hand in die Pfanne.
    »Du hast recht«, sagte Adrian. Er stand mühsam auf, das Glas Whisky in der Hand. »Was, wenn …? Nein, das wäre zu viel verlangt.« Dann: »Was, wenn du mitkämst?«
    Kai sah Adrian an und schaute dann weg. Er atmete tief ein und wieder aus. Einen Augenblick lang hätte er, aus welchem Grund auch immer, fast Ja gesagt. Jetzt spürte er, wie Adrians Hoffnungen wuchsen, den ganzen Raum ausfüllten. Die Idee war unverantwortlich. Er schüttelte den Kopf.
    »Es ist einfach zu gefährlich. Schau doch, wie der Typ dich schon zugerichtet hat. Am Ende könntest du es für Agnes sogar noch schlimmer machen. Hör zu, Mann, es tut mir leid. Ich weiß, wie du dich fühlst. Aber das ist die Sache nicht wert.«
    Kai konnte Adrians Enttäuschung, das Erschlaffen seiner Schultern spüren. Er sah ihn nicht an. Pech. Was konnte man tun? Es gab zu viele von Adrians Sorte, die hierherkamen, um ihre unverwirklichten Träume auszuleben.
    Er griff nach oben und nahm eine Flasche Ketchup aus dem Regal. »Komm. Iss was.«

26
    Meine erste Reaktion nach meiner Entlassung war, mich von den Gerüchen jenes widerlichen Ortes zu befreien. Ich duschte zwei Mal, dann rasierte ich mich. Später rief ich Saffia an und verabredete mich mit ihr. Sie war dünner geworden, die Haut unter ihren Augen geschwollen und dunkel, einzelne Haare hatten sich aus ihren Zöpfen gelöst. Sie umarmte mich und blieb ein paar Sekunden lang so, die Stirn gegen meine Schulter gedrückt. Ich wurde mir ihrer körperlichen Nähe übermächtig bewusst. Natürlich bedeutete es für sie eine Erleichterung zu wissen, wo Julius festgehalten wurde – wenn auch nicht, warum. Bei der Schilderung meiner Zeit in polizeilichem Gewahrsam unterließ ich es, den Besuch des Dekans zu erwähnen. Ich weiß selbst nicht genau, warum. Vermutlich hatte ich das Gefühl, dass es die Sache nur unnötig kompliziert gemacht hätte.
    Am Montag begab sich Saffia sofort zum Gebäude, in dem Johnson arbeitete. Anschließend rief sie mich an. Johnson hatte sie in seiner gewohnten Hartleibigkeit zwei Stunden lang warten lassen und ihr dann eine Anzahl Formulare zum Ausfüllen hinuntergeschickt. Sie hatte keine andere Wahl gehabt, als sich zu fügen. Als sie mit den Formularen zurückkam, versprach er, sie zu bearbeiten. Es könnte ein paar Tage in Anspruch nehmen.
    »Ein paar Tage!« Ich hörte ihrer Stimme an, wie nah sie den Tränen war.
    »Soll ich vorbeikommen?«, fragte ich.
    Sie sagte, sie würde sich gleich zu Bett legen.
    Währenddessen hatte ich meine eigenen Probleme. Als ich an dem Vormittag Brot kaufen gegangen war, war mir ein Mann aufgefallen, der am Straßenrand stand. Ich hätte mir nichts weiter dabei gedacht, doch als ich später aus der Bäckerei wieder herauskam, sah ich ihn noch einmal, auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ich verlangsamte meinen Schritt, nur um zu sehen, was weiter passierte. Ich bemerkte, dass er ein freies Taxi vorbeifahren ließ. Als ich meine Haustür erreichte, stand er immer noch da. Später schaute ich hinunter auf die Straße. Nichts mehr von ihm zu sehen. Dafür stand ein anderer Mann beim Zigarettenkiosk. Er kehrte mir den Rücken zu, doch als er sich umdrehte, hätte ich schwören können, dass er aufschaute und einen Blick zu meinem Fenster heraufwarf.
    Während dieses ganzen beklemmenden Tages blieb ich in meiner Wohnung und suchte Trost und Zerstreuung in meinen Papieren, doch zu lesen gelang mir nicht. Stattdessen rauchte ich und ging im Zimmer auf und ab,

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