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Lied aus der Vergangenheit

Lied aus der Vergangenheit

Titel: Lied aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Forna
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stellte nervös hier, dann da etwas um. Man hätte annehmen können, dass ich nach zwei schlaflosen Nächten erschöpft wäre. Und das war ich auch. Erschöpft und dennoch unfähig zu ruhen. Das Gehämmer eines Arbeiters vor meinem Fenster zerrte an meinen Nerven. Bestrebt, die Selbstkontrolle zurückzugewinnen und meine Gedanken in eine gewisse Ordnung zu bringen, schrieb ich alles auf, was geschehen war. Es half, wie so oft, den Vorfall schwarz auf weiß zu sehen.
    Ich ging spät zu Bett, schlief unruhig und beschloss, sobald ich aufgewacht war, keinen weiteren Tag wie den vergangenen zu erdulden. Ich verließ das Haus und winkte einen poda poda heran. Als wir losfuhren, schaute ich aus dem Fenster, ob etwas Verdächtiges zu sehen war. Ich wechselte zwei Mal das Fahrzeug und erreichte die Universität am späteren Vormittag.
    Auf dem Campus bemerkte ich auch nichts Ungewöhnliches. Ich konnte von Glück sagen, dass sich dieser ganze Zwischenfall während der vorlesungsfreien Zeit abgespielt hatte. Heute war Dienstag. Am Freitag – dem Tag meiner Festnahme – war immer wenig los. Wahrscheinlich war meine Abwesenheit nur wenigen aufgefallen. Ich ging hinauf in mein Zimmer, nachdem ich in mein Postfach geschaut hatte, sah zwei Kollegen und grüßte sie. Ich erreichte mein Zimmer, schloss die Tür hinter mir und blieb ein, zwei Augenblicke lang dagegengelehnt stehen. Ich sah mich um. Jemand war in meinem Zimmer gewesen. Mehrere Gegenstände waren umgestellt worden. Weit schlimmer – meine Schreibmaschine war verschwunden. Ich sah in den Schränken nach, zog Schubladen auf. Die Schreibmaschine war nirgends zu sehen. Offensichtlich war mein Zimmer durchsucht und die Schreibmaschine als eine Art Beweisstück mitgenommen worden. Ich ging zum Dekan.
    Der Dekan schaute aus dem Fenster. Er stand breitbeinig da, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Er sah sich nicht um oder reagierte sonst auf meine Anwesenheit, dennoch meinte ich, in dieser reglosen Gestalt am Fenster eine unglaubliche Wachsamkeit zu spüren. Schließlich drehte er sich zu mir um.
    »Schön, Sie zu sehen, Cole. Wie geht es Ihnen?«
    Ich erwiderte, es gehe mir gut.
    »Ausgezeichnet«, sagte er.
    »Ich bin nur gekommen, um Ihnen für Ihre Hilfe zu danken.«
    Er winkte ab und sagte: »Schlimm, schlimm. Solche Angelegenheiten. Nützen niemandem irgendetwas.«
    »Ja«, sagte ich. »Ich hatte mich gefragt …« Ich zögerte und fuhr dann fort: »Gibt es Neuigkeiten über Dr. Kamara? Seine Frau macht sich große Sorgen.«
    »Dr. Kamara?«
    »Ich hatte mich gefragt, ob Sie irgendwelche Informationen haben. Ob Sie vielleicht Ihre guten Beziehungen zu Mr Johnson nutzen könnten, um etwas in Erfahrung zu bringen.«
    Aber der Dekan schüttelte schon den Kopf. »Ich kenne Mr Johnson kaum.«
    Ich versuchte es noch einmal. »Es wäre schön, wenn ich seine Frau beruhigen könnte.«
    In seinem Gesicht lag keine Spur von Wärme mehr. Er ging an seinen Schreibtisch, setzte sich und begann, ein paar Stöße von Akten zurechtzurücken. Als er sprach, hatte sich der Ton seiner Stimme geringfügig, aber signifikant verändert. »Meine Empfehlung wäre, die Angelegenheit – wenn Sie tatsächlich, wie Sie behaupten, nicht darin verwickelt sind – auf sich beruhen zu lassen. Der Sinn der Autorität ist, dass man sie nicht infrage stellt.«
    »Ebendeswegen komme ich ja zu Ihnen. Um zu erfahren, ob Sie irgendetwas tun können.«
    »Wir haben schwierige Zeiten durchgemacht«, sagte der Dekan hörbar gereizt. »Und niemand in diesem Land wünscht sich eine Rückkehr zu den Problemen der Vergangenheit. Die Polizei hat eine Aufgabe zu erledigen. Fängt Ärger erst an, hat er die Neigung, sich auszubreiten. Jetzt sind es die Universitäten. Schauen Sie nach Europa. Studenten stecken ihre eigenen Bibliotheken in Brand, gehen auf die Straße, missachten das Gesetz. Jetzt hat die Seuche auf uns übergegriffen. Ibadan. Nairobi. Accra. Den Studenten geht es nicht mehr darum, etwas zu lernen. Sie sind zu Rowdys geworden. Ich werde nicht zulassen, dass diese Universität den gleichen Weg einschlägt.« Während er sprach, ruhte sein Blick auf mir; er war vollkommen regungslos, seine Augen reflektierten das Licht vom Fenster. Bevor sich die Lider über seine Augen senkten, sah ich in ihnen die Tiefen seines Ehrgeizes.
    Ich hatte das sichere Gefühl, dass die Diskussion damit beendet war. Ich stand auf.
    »Einen Moment.« Er holte etwas aus dem Schrank hinter seinem Schreibtisch. Ich

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