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Lied aus der Vergangenheit

Lied aus der Vergangenheit

Titel: Lied aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Forna
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vorne ein. Kai schickte Abass zum Kofferraum, Wasser holen. Der Junge schaute stirnrunzelnd und interessiert zu, wie Adrian aus der Flasche trank und sie ihm dann zurückgab. Kai sagte nicht viel, er konzentrierte sich darauf, zur Hauptstraße zurückzufinden. Im weißen Licht der entgegenkommenden Fahrzeuge war Adrians Haut bläulich, mit Schweißglanz überzogen.
    »Wird Onkel Adrian wieder gesund?«, fragte Abass. Er saß, die Flasche auf dem Schoß, gegen die Rückenlehnen gepresst.
    Adrian drehte steif den Kopf um. »Ja. Mach dir um mich keine Sorgen, Abass. Ich werde wieder ganz gesund.« Und dann: »Ein Radfahrer hat mich erwischt. Er hat mich wohl im Dunkeln nicht gesehen.«
    »Ein Radfahrer?«, wiederholte Abass erstaunt.
    »Ja.«
    Kai sagte nichts, und sie ließen es stillschweigend dabei bewenden. Anderthalb Stunden später setzten sie Abass zu Hause ab. Der Junge drückte Adrian die Wasserflasche in die Hand, dazu seine neue Kassette. Adrian behielt das Wasser, gab ihm aber die Kassette zurück. »Die hören wir uns ein anderes Mal zusammen an. Was hältst du davon?«
    Abass nickte.
    »Sag deiner Mama, dass ich später komme«, sagte Kai. »Ich muss erst Adrian heimfahren.«
    Kai hörte sich Adrians Bericht an. Wie er Agnes gesehen hatte, ihr bis zu dem Haus gefolgt war, der Schwiegersohn, die Tochter, Agnes’ Widerstreben. Dann war er überfallen worden – vom Schwiegersohn, da hatte Adrian keine Zweifel. Der Mann war in der einen Minute da, in der nächsten wieder fort gewesen. Kai hörte die ganze Zeit schweigend zu.
    »Du bist zu ihr nach Hause gegangen?«, fragte er, als Adrian geendet hatte.
    »Ja«, erwiderte Adrian. »Das hätte ich nicht tun dürfen. Ich meine, streng genommen. Aber das sind besondere Umstände. Sie braucht Hilfe.«
    »Ich meine bloß, du musst ein bisschen aufpassen, du verstehst dieses Land nicht. Es gibt hier eine Menge übler, übler Leute. Dir hätte ernsthaft was passieren können.«
    In der Wohnung angekommen, verschwand Adrian im Bad. Kai ging in die Küche, wo er den Kessel füllte und aufsetzte. Obwohl er keinen Hunger hatte, fing er aus reiner Gewohnheit an, die Schränke zu durchstöbern. Ein Leben ohne Fast Food und Snacks hatte ihn zu einem opportunistischen Esser gemacht. Als Kind aß er, was immer ihm vorgesetzt wurde, Fleisch war ein besonderer Leckerbissen gewesen, er und seine Schwester fochten mit ihren Gabeln heimlich um die besten Stücke. Später dann das Medizinstudium, Essen im Vorbeigaloppieren. Jahre halb stehen gelassener, oft erst Stunden später kalt aufgegessener Mahlzeiten. Verdauungsprobleme hatte er nie gehabt. Er entschied sich gegen Tee, nahm den Kessel vom Herd und holte sich stattdessen ein Bier aus dem Kühlschrank.
    Adrian erschien.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte Kai.
    »Ich werd’s überleben.«
    »Soll ich mir das mal anschauen?«
    Adrian schüttelte den Kopf. »Was ich jetzt wirklich brauche, ist ein Whisky.«
    »Lass dich mal anschauen.« Er stellte sich vor Adrian hin, betrachtete dessen Gesicht, griff nach dem Handgelenk und prüfte den Puls, drückte auf Adrians Fingerspitzen. Dann machte er einen der zwei Tumbler ausfindig, die Adrian besaß, und goss ein ordentliches Quantum Whisky hinein. Er reichte Adrian das Glas. »Ich könnte dich ein bisschen röntgen lassen. Nur zur Sicherheit.«
    »Nein, wirklich. Mir geht’s gut. Er hatte nicht vor, mich zu töten. Da bin ich mir sicher, wenn er’s gewollt hätte, dann hätte er’s auch geschafft.« Adrian goss aus einer Flasche ein bisschen Wasser in den Whisky, starrte einen Moment lang tief in das Glas, ließ die Flüssigkeit kreisen und atmete ein. »Riech das mal. Mein Vater nannte das ›die Schlange freilassen‹, das Wasser befreit den Duft. Er liebte Whisky. Ich bin erst vor ein paar Jahren richtig auf den Geschmack gekommen. Komisch.«
    »Was wollte er?«
    Einen Moment lang sah Adrian ihn ratlos an.
    »Der Mann vorhin, meine ich«, sagte Kai.
    »Ich weiß nicht.« Adrian schüttelte den Kopf und starrte ins Glas. »Geld?«
    »Und hat dir nichts abgenommen?« Kai trank einen Schluck von seinem Bier und schüttelte den Kopf. »Ergibt keinen Sinn. Er hätte jede Gelegenheit dazu gehabt. Du warst bewusstlos.«
    »Was dann?«
    »Soll ich tippen? Er wollte einfach, dass du verschwindest.«
    »So sieht’s aus.«
    »So ist es.«
    Sie schwiegen. Adrian schaute weiter in sein Whiskyglas. Dann sagte er unvermittelt: »Ich muss da wieder hin.«
    Kai gab keine Antwort. Stattdessen

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