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Lied aus der Vergangenheit

Lied aus der Vergangenheit

Titel: Lied aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Forna
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Rangliste. Einfacher ist es, wenn du hier einen Sponsor hast, aber es ist nicht unbedingt nötig. Als Erstes wirst du dein Fachexamen für die Zulassung ablegen müssen, du solltest dich sofort dazu anmelden, verschieben kannst du das immer noch. Mann, ich kann’s nicht fassen!«
    Kai lauschte der Stimme seines Freundes; in der Leitung war ein schwaches Echo. Nicht fassen. Nicht fassen. Er bemerkte den amerikanischen Tonfall, der sich in Tejanis Stimme eingeschlichen hatte, erinnerte sich, dass sie auf der Schule mit gekünsteltem amerikanischen Akzent gesprochen, auf der Universität amerikanische Slang-Ausdrücke übernommen hatten. Converse Sneakers . Rap .
    Kai beschlich das Gefühl, um eine Ecke ins Unausweichliche gebogen zu sein, und er fröstelte. »Es ist noch nicht sicher«, sagte er.
    Eine Pause. Dann sprach Tejani wieder. »Ich will dich hierhaben, Mann. Was kann ich sagen? Du fehlst mir, Mann.« Fehlst mir, Mann. Ein von Rauschen durchzogenes Schweigen.
    Mit munterer Stimme sagte Kai: »Du hast recht. Was rede ich da? Ich komme.«
    Sie redeten noch eine Viertelstunde. Tejani schmiedete Pläne, gab Ratschläge. Kai erzählte ihm vom Ausflug zum Wasserfall.
    »Bist du durch Port Loko gefahren?«
    »Ja.«
    »Wie es diesem Typen wohl geht?«
    Kai wusste sofort, von wem Tejani sprach. Er hatte sich dasselbe auch schon gefragt. Dr. Bangura, der Lassafieber-Spezialist.
    Tejani fuhr fort. »Mann, ich wüsste wahnsinnig gern, was aus ihm geworden ist!«
    Als die Pieptöne in der Leitung anzeigten, dass Kais Guthaben bald erschöpft sein würde, bot Tejani an zurückzurufen, aber Kai sagte, er müsse wieder ins Krankenhaus. Er steckte das Handy ein und blieb noch eine weitere Viertelstunde auf der Parkbank sitzen und beobachtete die Schulkinder auf ihrem Weg nach Hause.
    »Ich glaub, das ist jetzt fertig.« Abass starrt in die Tiefen des Kochtopfes.
    »Okay. Wie viel Jodtinktur brauchen wir?« Kai schaut in Abass’ Schulheft nach, in dem in krakeliger Kinderschrift die Anleitung zu dem Versuch steht. »Hier steht, dass wir als Erstes etwas von deiner Lösung in eine Kanne Wasser geben müssen.« Er sucht und findet die Pipette.
    »Lass mich, lass mich!« Abass klettert vom Hocker herunter.
    »Wo ist dein Obst und Gemüse? Solltest du nicht alles bereithaben?«
    »Oh!« Mit einem Mal zappelig, fängt Abass an, planlos in der Küche herumzusuchen.
    Schließlich ist er soweit. Sie führen das Experiment durch, mit dem sich der jeweilige Vitamin-C-Gehalt verschiedener Lebensmittel feststellen lässt. Abass ist von seiner Macht, die Farbe der violetten Flüssigkeit dadurch zu verändern, dass er Stückchen Obst und Gemüse hineinwirft, ganz fasziniert. Er ist noch immer damit beschäftigt, als Kai sich daranmacht, das Hühnchenfleisch zu braten. Er verbannt das Kind in eine Ecke der Küche, spendiert ihm ein Stück rohe Hühnerhaut, damit er auch die in sein Reagenzglas mit Jodlösung legt, und diktiert ihm später die Symptome des Skorbuts, die das Kind unter viel Ausradieren und Korrigieren langsam aufschreibt. Geduldig wiederholt Kai einzelne Wörter, während er das Huhn Stück für Stück in Mehl wendet und dann in das heiße Öl legt.
    Um acht ist seine Cousine noch immer nicht zurück. »Komm«, sagt er zu Abass. »Bringen wir Yeama etwas.«
    Er legt mehrere Stücke Huhn in einen Plastikbehälter. Dann geht er in sein Schlafzimmer und nimmt vom Geldvorrat in der Kommode ein Bündel Scheine. Sie gehen die Gasse hinauf zu Yeamas Haus, wo die Frauen in einem lockeren Kreis sitzen, in dessen Mitte zwei Lampen niedrig brennen. Kai gibt Abass das Huhn, damit er es Yeama gibt, und drückt ihr selbst das Geld in die Hand. Von den versammelten Frauen steigt ein beifälliges Murmeln auf. Abass steht befangen vor Yeama.
    »Er macht sich, der Junge.« Sie streckt die Hand aus und streichelt Abass über den Arm.
    Abass rührt sich nicht, sondern steht mit hängenden Armen, vorgewölbtem Bauch da, ohne den Blick von ihr zu wenden.
    »Keinen Vater.« Yeama nickt, wie um den Tiefsinn ihrer Feststellung zu unterstreichen. »Aber eine gute Mutter hat er.«
    Allgemeines beipflichtendes Gemurmel; Kai hört die Stimme seiner Cousine, die Yeama für das Kompliment dankt.
    Yeama fährt fort: »Und Sie hat er auch.« Sie nickt Kai zu, klopft dann Abass abschließend auf den Arm und schiebt ihn sanft in Kais Richtung.
    Niemand erwartet von ihnen, dass sie lange bei den Frauen bleiben, also verabschiedet sich Kai nach ein paar Minuten

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