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Lied aus der Vergangenheit

Lied aus der Vergangenheit

Titel: Lied aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Forna
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unserer Projekte zeigen, damit sie sehen, dass wir ihr Geld auf die bestmögliche Weise einsetzen, ein Erinnerungsfoto mit einem verkrüppelten Kind oder, noch besser, einem ehemaligen Kindersoldaten für sie arrangieren. Das sind die Sachen, wo die einen Abgang von kriegen.«
    »Ach, tatsächlich?«, sagt Adrian. Er schaut sich nach dem Barkeeper um.
    »Na, drücken Sie mir die Daumen. Denn mir gefällt’s hier, und ich hab vor zu bleiben.« Der Mann neben ihm redet unermüdlich weiter. »Die Frauen«, und hier pfeift er, lehnt sich herüber und flüstert, »für ein paar Cokes lassen die sich die ganze Nacht durchficken.«
    In diesem Moment kommt der Barkeeper mit den Getränken. Erleichtert macht Adrian Anstalten zu gehen. Da sagt der Mann: »Ich bin Robert. Hey, holen Sie doch Ihr Mädchen rüber. Machen wir einen langen Abend!«
    »Nein, danke«, sagt Adrian.
    Mamakay betrachtet ihn, während er die Getränke auf den Tisch stellt. »Kennst du den Mann?«
    »Nein«, sagt Adrian schnell. »Um Gottes willen, nein.«
    »Worüber habt ihr gesprochen?«
    Obwohl es ihm ziemlich widerstrebt, wiederholt Adrian Roberts Bemerkung.
    Mamakay sitzt schweigend da, ohne ihn anzusehen oder, augenscheinlich, ihm weiter zuzuhören, die Augen starr auf Robert gerichtet, der offenbar nichts davon mitbekommt, weil seine Aufmerksamkeit ausschließlich dem Mädchen gilt, das jetzt vor ihm steht und, sein Knie zwischen den Schenkeln, die Hüften im Takt der Musik kreisen lässt. Mamakay springt auf und verschwindet in Richtung Toilette. Adrian sitzt und wartet, trinkt sein Bier, überlegt sich, wie er ihre gute Laune wiederherstellen könnte. Er sieht sie von der Toilette zurückkommen. Sie lächelt ihm sanft zu und nimmt wieder Platz. Er will sie gerade fragen, ob alles in Ordnung ist, als am Tresen eine Unruhe entsteht und ihn ablenkt. Es ist Robert, er scheint in einen Streit verwickelt zu sein. Adrian sieht das Mädchen, das Roberts Oberschenkel gestreichelt hat, nach ihrer Handtasche greifen und davonstöckeln. Mamakay hat die Szene ebenfalls beobachtet. Als wieder Ruhe eingekehrt ist, hebt sie ihr Glas und trinkt einen Schluck.
    »Was war das eben?«, fragt Adrian.
    »Ich habe ihr vorhin auf der Toilette erzählt, was er dir gesagt hat.«
    Adrian braucht einen Moment, um das zu verdauen. Er sieht aus dem Augenwinkel zu Robert hinüber, aber der Entwicklungshelfer hat ihnen den Rücken zugekehrt.
    »Ich verstehe«, sagt Adrian schließlich.
    Mamakay sagt wieder etwas, diesmal leiser.
    »Wie bitte?« Adrian beugt sich vor, um sie besser zu hören.
    »Sie war meine Klassenkameradin. Wir waren auf derselben Schule. Sie heißt Josephine.«
    Eine verblasste Erinnerung daran, was ihm durch den Kopf gegangen war, als er das Mädchen in dem violetten Top zum ersten Mal sah, lässt Adrian vor Scham erröten. Als er wieder zur Bar schaut, ist Robert verschwunden.
    Er war nicht in der Erwartung gekommen, hier das Glück zu finden.
    Abends gehen sie aus, manchmal sind es Lokale, die er schon kennt, manchmal neue. Er will ihre Stadt kennenlernen, will teilhaben an ihrer Welt. Sie essen zusammen, entweder im Mary Rose, oder sie holen sich etwas von den Straßenhändlerinnen, bei denen sich die Arbeiter ihre Mahlzeiten kaufen. In selteneren Fällen kocht sie. Sie isst mit den Fingern und lacht über seine Witze; sie kann in seiner Gesellschaft manchmal regelrecht über die Stränge schlagen, so wie er in ihrer. Er erkennt sich dabei kaum wieder, obwohl es keine neue Seite an ihm ist, lediglich eine vergessene. Sie schlafen oft miteinander. Adrian weiß selbst nicht, wie er es schafft, aber er tut’s, und er empfindet jedes Mal neues Vergnügen. Es verblüfft ihn, dass sie nachts friert. Sie schläft einfach ein, einmal während einer Umarmung, mit ihm zwischen den Schenkeln, ihren Oberkörper an seine Brust geschmiegt. Er bleibt eine Stunde so liegen, wagt kaum zu atmen, um sie nicht aufzuwecken. Er betrachtet sie aus diesem ungewohnten Blickwinkel, aus zu großer Nähe. Schafft es dennoch, sich die Lage jedes einzelnen Haars auf ihrem Kopf einzuprägen. Einmal wagt er es, die Hand zu heben und ihr Haar zu berühren. Fragen drängen sich ihm auf. Wie viele Liebhaber hat sie gehabt? Wer sind sie, und wie heißen sie? Wer war der erste – und wer der letzte vor ihm? Hat sie einen von ihnen geliebt? Er möchte sie fragen, doch er wagt es nicht, weil er sich davor fürchtet, was geschehen würde, wenn er erst einmal begänne – weil er weiß,

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