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Lied aus der Vergangenheit

Lied aus der Vergangenheit

Titel: Lied aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Forna
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den Eindruck, dass jeder im Raum das Gleiche tat. Plötzlich stand Saffia neben mir, begrüßte mich, legte die Hand auf meinen Arm. Keine andere Frau, die ich kannte, besaß die Macht, durch so schlichte Gesten meine Laune zu ändern. Wo ich gerade noch Gereiztheit verspürt hatte, herrschte jetzt freudige Erregung.
    »Sind Sie nicht aufgeregt, Elias?«, sagte sie. Ich konnte, nur einen Moment lang, ihren Duft in der warmen Luft riechen.
    »Natürlich«, erwiderte ich und nutzte die Gelegenheit, sie anzusehen und zugleich das Gefühl ihrer Hand, die noch immer auf meinem nackten Arm ruhte, auszukosten. »Es ist ein historischer Augenblick.«
    »Ich frage mich, welche Auswirkungen das haben wird«, sagte Kekura. »In zehn Jahren, wenn wir dann zurückblicken.«
    »Ich auch«, sagte ich.
    Saffia nahm ihre Hand weg. Ich bemerkte, dass sie sich abwandte, um zu sehen, wer sonst noch da war.
    »Also, ich bete darum, dass es diesem Wettrennen zwischen Russland und Amerika ein Ende macht. Vielleicht werden die Amerikaner mit dem aufhören, was sie in Vietnam treiben.«
    »Das bezweifle ich«, sagte ich. Ich hatte keine Lust, mich von Kekura in eine Diskussion hineinziehen zu lassen; mein Gehirn verflüssigte sich langsam.
    Saffia gesellte sich wieder zu uns. »Alle anderen fragen sich, ob sie Menschen auf dem Mond finden werden.«
    »Es gibt da keine«, entgegnete Kekura kategorisch. »Sonst würden wir bestimmt sehen, wie sie uns zuwinken.«
    Saffia lachte. »Nein. Aber wer kann schon sagen, ob es nicht andere Lebensformen gibt, Mikroorganismen, Pflanzen?«
    Natürlich, sie war Naturwissenschaftlerin.
    Dann stieß Julius zu uns, nachdem er die Tische abgearbeitet hatte. Kekura rief den Barkeeper und bestellte weitere Drinks. Das Gespräch wurde unterbrochen und formierte sich neu um Julius, der sein Glas hob und einen Trinkspruch ausbrachte.
    »Meine Freunde, nach dem heutigen Tag wird nichts mehr so sein wie früher.« Und wir alle tranken, ohne zu wissen, wie sehr sich seine Worte für uns alle bewahrheiten sollten.
    Das Mädchen, das noch immer auf dem Barhocker saß, hatte ich vergessen. Wir waren ein bisschen abgerückt, um erst Saffia, dann Julius in unserer Mitte aufzunehmen, und hatten so allmählich einen Kreis gebildet, aus dem das Mädchen jetzt ausgeschlossen war. Sie stand auf, kam herüber und blieb neben mir stehen. Ich zeigte keinerlei Reaktion – so wie ich mich verhielt, hätte sie eine Unbekannte sein können. Mir war bewusst, dass Saffia und Julius mich beobachteten. Ich fragte mich, was in aller Welt über mich gekommen war, das Mädchen mitzunehmen. Wenn sie dageblieben wäre, wo sie war, hätte ich sie vielleicht vor Beginn der Party unauffällig abwimmeln können. Doch jetzt, im Gefolge dieses Akts gedankenloser Dreistigkeit, hatte ich keine andere Wahl, als mich dem Unvermeidlichen zu fügen.
    »Das ist Adline, eine Freundin.« Adline war ein anderes Mädchen, das ich früher gekannt hatte, ein Mädchen von ähnlichem Charakter; in dem Moment griff ich ihren Namen förmlich aus der Luft.
    Saffia nickte. Julius wölbte seine Brauen minimal und sagte: »Hallo, Adline.«
    »Ich heiße Yamba«, sagte das Mädchen laut, als gäbe sie etwas öffentlich bekannt. Sie betonte beide Silben ihres Namens. Yam-ba . »Und ich bin sehr froh, die Bekanntschaft von euch Leuten zu machen.« Sie hatte eine eigentümliche Aussprache. Mir ging auf, dass ich ihr nie richtig zugehört hatte. Sie war nicht aus der Stadt, wie ich angenommen hatte, sie kam aus irgendeiner Provinz. Saffia und Julius sahen sie höflich, leicht verdutzt, an, Kekura ebenso, und keiner wusste so recht, was man ihrer Erklärung hätte anfügen können. Es war Saffia, die den kurzen Bann brach.
    »Sehr nett, Ihre Bekanntschaft zu machen. Sind Sie auf der Universität?«
    »Welche Universität ist das?«
    Ich sprang ein. »Vielleicht sollten wir langsam gehen. Auf den Straßen ist viel los.«
    »Wir haben jede Menge Zeit«, sagte Julius.
    »Ach, ich bin froh, dass Sie mich erinnert haben. Ich sollte jetzt gehen. Ist jemand im Haus, der mich reinlässt?« Kekura half glücklicherweise, das Gespräch auf einen anderen Kurs zu bringen, und schon Augenblicke später waren wir zu anderen Themen übergegangen.
    Wie ich Ihnen schon sagte, zog Julius Menschen an, und bald siedelten andere Gäste zu unserer Gruppe über. Eine Frau, die ich vom Campus her wiedererkannte. Ich wusste nichts über sie, außer dass sie eine schwarze Amerikanerin war. Sie war

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