Lied des Schicksals
auf ihren nahezu identischen Gesichtern veränderte.
Mit Tränen in den Augen brachte er sie zu ihrer Mutter. Ihre Augen strahlten, als sie in jedem Arm ein Baby hielt. »Die beiden sehen völlig gleich aus.« Darcy konnte nur lächeln. »Sie haben ja Tränen in den Augen.«
»Zu sehen, wie Ihre Babys auf die Welt kamen, war für mich ein bewegendes Erlebnis, bei dem ich mir ganz klein vorkam. Ich hoffe, es hat Ihnen nichts ausgemacht, dass ich dem Arzt assistiert habe.«
»Wie könnte mir das etwas ausmachen, wo Sie mir doch diese beiden wunderbaren Geschöpfe in die Arme gelegt haben?«
»Danke. Sie müssen sich jetzt ausruhen. Ich komme später wieder.«
Erst als am nächsten Morgen die Sonne bereits hoch am Himmel stand, erlaubte der Arzt Darcy wieder, die junge Mutter zu besuchen. Sie saà mit einem Nachthemd bekleidet im Bett. Die Babys, die nun winzige Sachen anhatten statt Streifen von zerrissenen Betttüchern, schliefen in einer Kiste, aus der man ein behelfsmäÃiges Kinderbett gemacht hatte.
»Sie sehen gut aus«, sagte er zu Mrs Jones.
»Mir geht es auch gut. Ich bin nur ein bisschen müde.«
»Wie haben Sie denn so schnell all diese Sachen bekommen?« Dabei deutete er mit einer Hand auf Mrs Jones, die Zwillinge und das provisorische Bett.
»Nachdem Sie gestern Abend gegangen waren, hat der Arzt mir geholfen, mein Nachthemd und die Babysachen in meinem Gepäck zu finden. Und als ich heute Morgen aufwachte, lagen die beiden in dem Bettchen.«
Darcy stellte sich neben die Kiste und betrachtete die kleinen schlafenden Gesichter. Am liebsten hätte er noch einmal ihre zarte Haut berührt, hatte aber Angst, er könnte die Kinder wecken. »Haben Sie ihnen schon Namen gegeben?«
»Noch nicht. Mein Mann wollte einen Sohn Michael nennen, nach seinem Vater. Wie heiÃen Sie eigentlich?«
»Darcy Winton.«
»Ihr Name gefällt mir. Ich werde den Ãlteren Michael Darcy und den Jüngeren Winton John nennen. John ist der Name meines Vaters.«
»Ich fühle mich sehr geschmeichelt. Hoffentlich hat Mr Jones nichts gegen die von Ihnen gewählten Namen.«
»Sicherlich nicht, wenn ich ihm sage, wie gut Sie zu mir waren.«
Von drauÃen waren Hufschlag und das Klappern von Rädern zu hören. »Da kommt offenbar eine Kutsche. In welche Richtung die wohl fährt?«
»Werden Sie sie nehmen, wenn sie nach Ballarat fährt?«
»Ich möchte Sie und Ihre Jungs nicht ohne Schutz hier zurücklassen. Der Arzt wird wohl schnell zu seinen Patienten in der Stadt zurückkehren wollen.«
Sie hörten eilige Schritte auf dem Flur. Dann wurde die Tür weit aufgestoÃen. Ein junger Mann, dessen staubiges Gesicht von Sorgenfalten zerfurcht war, erschien im Türrahmen. »Robert«, rief Harriet Jones überrascht.
Ohne Darcy näher zu beachten, eilte der junge Mann ans Bett. Darcy wartete nur so lange, bis er sah, wie Mr Jones seine Frau liebevoll umarmte, dann huschte er leise aus dem Zimmer. Vor der Poststation wurde gerade ein graues Pferd von einer Wagonette ausgespannt. Seine Neugier, wie Mr Jones von der Niederkunft seiner Frau und ihrem gegenwärtigen Aufenthaltsort erfahren hatte, wurde erst befriedigt, als der junge Mann nach einer Weile aus dem Schlafzimmer kam und sich überschwänglich bei dem Arzt und bei Darcy bedankte.
»Ich war auf der Poststation, als die Kutsche mitten in der Nacht ankam und die Insassen von dem Unfall berichteten. Ich wollte sofort mein Pferd satteln und im Galopp hierher reiten, um an der Seite meiner Frau zu sein. Doch dann sagte mir die Vernunft, ich sollte die wenigen Stunden bis Tagesanbruch abwarten. In der Zeit kam mir die Idee, mir die Wagonette von meinem Chef auszuleihen, damit ich Harriet mit zurück nach Ballarat nehmen könnte. Ich dachte, ich würde vielleicht meine Frau und ein Baby nach Hause bringen. Mit zwei Söhnen hatte ich nicht gerechnet.«
»Die beiden sind prächtige, gesunde Jungen«, sagte der Arzt. »Sie können sich sehr glücklich schätzen.«
»Ich würde meine Frau gerne so schnell wie möglich mit nach Hause nehmen. Meinen Sie, dass Harriet und die Säuglinge noch heute reisen können, Doktor?«
»Unter normalen Umständen würde ich einer Mutter, die gerade Zwillinge geboren hat, empfehlen, mindestens zwei Wochen im Bett zu bleiben. Doch das hier sind keine
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