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Lied des Schicksals

Lied des Schicksals

Titel: Lied des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merice Briffa
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klar ist.«
    An der Art, wie er sich zur Seite wandte und einen Stein fortkickte, merkte sie, dass er über sie verärgert war. »Hör auf damit, Etty, oder ich will nicht mal mehr mit dir befreundet sein. Tut mir leid, aber ich muss jetzt los. Ich hab zu arbeiten.«
    Nun schmollte Etty. »Ich wollte dir doch noch mehr über die Oper erzählen.«
    Â»Erzähl’s mir ein andermal.«
    Irgendwie ergab sich für Etty nie eine Gelegenheit, Darcy die Oper zu beschreiben. Dabei wollte sie ihm unbedingt erzählen, wie sie sich gefühlt hatte und wie die Musik anscheinend von ihrem Körper Besitz ergriffen hatte. Für sie hatte dieser Abend etwas Magisches gehabt; seither wusste sie ohne jeden Zweifel, wo ihre Bestimmung lag. Und dieses Gefühl wollte sie so gern mit Darcy teilen.
    Seit Darcy wie ein erwachsener Mann auf der Farm arbeitete, war er oft tagelang fort. Die meiste Zeit, die er nicht arbeitete, lernte er. Mr Boniface schickte weiterhin per Post Lektionen für Darcy und Louisa und verbrachte zumindest einen Teil der Schulferien auf Langsdale. Etty hatte das Gefühl, dass nichts mehr so war wie zu der Zeit, bevor Ruan aufs Internat gegangen war.
    Louisa, die ein Paar Socken ihres Vaters stopfte, während sie sich Ettys Klagen anhörte, sah die Sache pragmatisch. »Nichts bleibt ewig gleich, Etty.«
    Â»Freundschaften sollten sich nicht verändern. Ich will, dass zwischen uns vieren alles immer noch so ist wie früher, dass wir zusammen Dinge unternehmen und so. Jetzt sehe ich Darcy kaum noch, und selbst Ruan macht lieber was mit Pa, als dass er mit mir angeln oder reiten geht. Und du kümmerst dich entweder die ganze Zeit um deine Geschwister oder lernst Mathematik.«
    Â»Ma braucht meine Hilfe mit den Kleinen, wenn sie im Farmhaus arbeitet. Dein Problem ist, dass du verwöhnt bist, Etty. Du hast keine Pflichten. Du kannst mit deiner Zeit machen, was du willst.«
    Â»Es gibt aber nichts Interessantes zu tun. Das Leben ist so langweilig, seit wir aus Melbourne zurück sind.«
    Â»Was machst du denn den ganzen Tag? Du liest doch sicher viel oder nähst.«
    Â»Oh nein, nähen tu ich überhaupt nicht! In der Hinsicht bin ich auch wie Mama. Ich hasse Nähen.«
    Louisa kicherte über Ettys offenkundigen Widerwillen. »Ach, Etty. Ich nähe sehr gern. Ein ordentlich gestopftes Paar Socken gibt mir das befriedigende Gefühl, etwas getan zu haben.« Sie hielt eine Socke hoch, die sie gerade geflickt hatte. »Sieh mal. Ich bin stolz darauf, was für akkurate Stiche ich machen kann.«
    Â»Also wirklich, Louisa«, sagte Etty bissig. »Hast du denn keinen größeren Ehrgeiz als ordentlich gestopfte Socken?«
    Â»Wenn ich erwachsen bin und selber Kinder habe, wird es von großem Nutzen sein, dass ich stopfen und nähen kann.«
    Â»Und dass du ihnen Mathematik beibringen kannst.«
    Louisa verzog leicht das Gesicht. »Jetzt bist du aber gemein.«
    Etty seufzte reumütig. »Ja, das war gemein von mir. Tut mir leid, Louisa. Ich bin in letzter Zeit nicht ganz ich selbst. Ich fühle mich ständig so … unschlüssig.«
    Â»Unschlüssig? Wie meinst du das?«
    Â»Einerseits wünsche ich mir, dass das Leben auf Langsdale immer so unverändert weitergeht. Andererseits wünsche ich mir ein Leben voller Ruhm und Glanz. Ich weiß, dass ein Leben ohne Singen für mich keinen Sinn hätte. Ein Teil von mir kann es kaum erwarten, in die Zukunft zu entkommen, während ein anderer Teil von mir an der Vergangenheit festhalten möchte. Ich liebe Langsdale, aber ich brauche mehr, als Langsdale mir bieten kann.«
    Louisa drückte Ettys Hand. »Arme Etty. Ich bin froh, dass ich mit einem einfachen Leben zufrieden bin. Ich würde gerne für immer auf Langsdale bleiben.«
    Â»Wie unterschiedlich wir doch sind.«
    Â»Vielleicht sind wir deshalb so gute Freundinnen.«
    Â»Wir sind mehr als Freundinnen, Louisa. Du wirst für mich immer wie eine Schwester sein. Ich hätte es schön gefunden, wenn Mama mehr Kinder bekommen hätte.« Sie beendete den Satz mit einem bedauernden Seufzen.
    Etty erinnerte sich vage, dass ihre Mutter, als sie selbst gerade sechs war, einmal sehr krank gewesen war. Die Ursache hatte sie erst vor ein paar Monaten erfahren, bei einem Gespräch von Frau zu Frau mit ihrer Mutter. Ihre Mutter hatte über zwei Monate ein totes Kind im Leib

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