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Lied des Schicksals

Lied des Schicksals

Titel: Lied des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merice Briffa
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eine Geschichte erzählten. Als die River Princess an dem uralten Eukalyptusbaum vorbeifuhr, der die Grundstücksgrenze von Riverview markierte, wurden Jane und Darcy immer kribbeliger und ungeduldiger. Nelson, der nur kurze Zeit auf Riverview gewesen war, empfand eher Neugier.
    Alle drei waren jedoch schockiert von dem Anblick, der sie erwartete, als sie auf Riverview ankamen. Sowie sie das Ufer betreten hatten und von dort den Pfad zu dem höher gelegenen Farmhaus hinaufgingen, konnten sie sehen, wie verwahrlost alles war. Der hübsche Garten vor dem Haus existierte nicht mehr, der einstmals grüne Rasen bestand nur noch aus Dreck und Unkraut. An den Fenstern hingen schmutzige, zerlumpte Gardinen. Sämtliche umliegenden Gebäude sahen dringend reparaturbedürftig aus.
    Niemand tauchte auf, um sich zu erkundigen, was sie hierher führte. Auch Nelsons lautes Klopfen an der Haustür brachte keine Reaktion.
    Jane schaute sich ratlos um. »Es scheint niemand da zu sein.«
    Â»Vielleicht sind sie unterwegs, um Schafe zusammenzutreiben oder Zäune zu ziehen«, meinte Darcy, runzelte aber ebenfalls die Stirn.
    Â»Ich weiß nicht. Man sollte doch meinen, dass trotzdem jemand auf der Farm ist. Lasst uns mal hinters Haus gehen. Ich möchte gern wissen, was hier passiert ist. Es hat den Anschein, als wäre die Farm aufgegeben worden.«
    Â»Mir ist zum Heulen zumute«, sagte Jane. »Mama und Papa wären ganz traurig, wenn sie das Haus, das sie aus dem Nichts aufgebaut haben, in einem solchen Zustand sähen.«
    Sie konnte sich noch gut erinnern, wie sich die Wintons auf unberührtem Land niedergelassen hatten, an die Jahre harter Arbeit, an die ersten primitiven Rindenhütten und Zelte, dann das Blockhaus und schließlich das stattliche Farmhaus. Jane war von Anfang an bei ihnen gewesen, ein halb verhungertes Aborigine-Mädchen, das zusammen mit seiner Mutter von diesen seltsamen weißen Menschen gerettet worden war. Anne Winton hatte sie von Anfang an wie eine Schwester behandelt, ihr den Namen Jane gegeben und darauf bestanden, dass sie beide in einem Zimmer schliefen. Als Janes leibliche Mutter starb, wurden Mary und Charles Winton in jeglicher Hinsicht ihre Eltern.
    Nelson klopfte gerade erfolglos an die Hintertür, da hörten sie hinter sich eine laute Stimme.
    Â»Das nützt nichts, wenn Sie klopfen. Der alte Knabe hört Sie nicht.«
    Â»Oh, tut mir leid. Ist er taub?«, fragte Nelson.
    Â»Taub und blind für alles um sich herum. Der ist sturzbetrunken. So geht das schon, solange ich hier bin.«
    Â»Und wie lange sind Sie schon hier?«
    Â»Seit vier Monaten, und ich halt es nicht mehr lange aus. Die meisten Burschen sind schon weg. Wir sind nur noch zu zweit. Wir bleiben bloß hier, um aufzupassen, dass der alte Knabe sich nicht zu Tode säuft. Oder um ihn anständig zu begraben, wenn er’s doch tut. Seid ihr hier, weil ihr Arbeit sucht, oder was?«
    So wie der Mann sie nun ansah, hatte er anscheinend gerade erst bemerkt, dass sie Aborigines waren. Allerdings wirkte er eher neugierig als herablassend.
    Â»Wir haben vor etlichen Jahren hier gelebt, als Riverview das Anwesen der Wintons war«, erklärte Nelson. »Gehört es immer noch den Leuten, die es damals gekauft haben?«
    Â»Keine Ahnung. Der alte Knabe heißt Randall.«
    Nelson nickte. »So hießen die Leute. Ich hab ihn damals kennengelernt. Ich hab ihn für einen guten Mann gehalten, der das Anwesen in Ordnung halten würde. Was ist passiert?«
    Der Mann zuckte mit den Schultern. »Ich kann Ihnen nur sagen, was man mir erzählt hat. Möchtet ihr ’ne Tasse Tee? Kommt mit in die Küche, ich mach welchen. Es gibt auch noch ’ne Dose Kekse.«
    Sie folgten dem Mann in die Küche. Jane blickte sich voller Entsetzen in dem verdreckten Raum um, der einst Mary Wintons ganzer Stolz gewesen war. Ihr schauderte bei dem Gedanken, in welchem Zustand der Rest des Hauses sein mochte, und sie konnte nur mühsam die Tränen zurückhalten. Darcys Gesichtsausdruck sagte ihr, dass er ähnliche Gedanken hatte, obwohl er erst vier gewesen war, als sie Riverview verlassen hatten.
    Der Mann stellte eine Keksdose auf den kahlen Tisch und brühte einen Kessel Tee auf.
    Â»Ich weiß nur vom Hörensagen, was sich hier abgespielt hat. Wie ich bereits sagte, bin ich erst seit ein paar Monaten hier. Ich bin auf einem Flussschiff hergekommen,

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