Lied des Schicksals
muss zugeben, dass ich ihn vermisse und Louisa auch. Ich vermisse sogar die ganzen Benedicts. Es ist furchtbar ruhig hier, seit die Kinder alle weg sind.«
»Papa hat mir erzählt, dass er vorhat, eine neue Familie einzustellen.«
»Er hat bereits mit zwei Familien gesprochen und gesagt, dass er keine von beiden für geeignet hält, hier auf Langsdale zu leben.«
»Ich hab den Mann noch nicht kennengelernt, den Papa für Nelson eingestellt hat. Wie ist er denn so?«
»Ehrlich gesagt, Etty, ich mag den Buschen nicht. Er ist ein guter Arbeiter und scheint sich mit Schafen auszukennen. Aber er hat etwas an sich, was mir nicht gefällt. Ich habe das Gefühl, dass er irgendwas vor uns verbirgt.«
»Du meinst etwas aus seiner Vergangenheit, das niemand wissen soll?«
»Nein, das nicht. Eher etwas in seinem Charakter, das nicht gut ist. Er hat schon ein paarmal abfällige Bemerkungen mir gegenüber gemacht, weil ich der Sohn vom Boss bin. Natürlich nur, wenn Papa es nicht hören konnte.«
»Hast du Papa davon erzählt?«
»Papa braucht mich nicht zu verteidigen. Komm, lass uns noch ein bisschen galoppieren. Wir müssen bald umkehren.«
Sie trieben ihre Pferde zu einem kurzen Galopp an und lieÃen sie dann im Schritt nach Hause gehen.
»Ich muss dir unbedingt was erzählen, Ruan. Du wirst ganz überrascht sein.«
»Darf ich raten? Du hast unsere Eltern überredet, dass sie dich nach Europa gehen lassen.«
»Nein.« Etty zog die Mundwinkel herunter. »Und ich glaube auch nicht, dass ich sie noch überreden kann. Ich bin sauer auf Mama. Ich hab gedacht, sie würde mich unterstützen.«
Nun lieà sich Etty etwa eine Minute lang über ihren ganzen Verdruss aus, bis Ruan es nicht mehr hören konnte.
»Was wolltest du mir denn eigentlich erzählen?«
»Das wirst du niemals raten, Ruan. Ich hab Mama auch noch nichts davon gesagt. Ich glaube, Mr Boniface wird Madame bald einen Heiratsantrag machen.«
»Was!« Ruans Reaktion war so heftig, dass sein Pferd nervös zu tänzeln anfing. Als er es wieder unter Kontrolle hatte, sah er Etty an. »Soll das ein Witz sein? Boney und deine verrückte Madame Marietta?«
»Ich weiÃ, man kann es sich kaum vorstellen.« Etty lachte. »Doch sie verbringen viel Zeit miteinander und genieÃen das offenbar sehr.«
»Mich trifft der Schlag«, erklärte Ruan und benutzte einen von Neds Lieblingsaussprüchen. »Wenn das tatsächlich passiert, wird Madame vielleicht nicht mit dir nach Europa wollen.«
»Darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht, deshalb habe ich Mama nichts davon gesagt. Aber dir wollte ich es auf jeden Fall erzählen.«
»Ich bin froh, dass du es getan hast. Haha! Madame und Boney! Was für ein merkwürdiges Paar die abgeben werden.«
»Irgendwann in einem Gespräch mit Alistair ist mir klar geworden, dass Madame eine sehr einsame Frau ist. Sie hat keine Familie, die sich um sie kümmert, wenn sie nicht mehr alleine zurechtkommt. Vielleicht ist das bei Boney auch so.«
Ruan dachte über die Vermutung seiner Schwester nach. »Da hast du vielleicht recht, Etty. Der gute alte Boney hat auch keine Familie. Zwei einsame Menschen, die beieinander Trost suchen.«
»Ich glaube nicht, dass es den beiden um Trost geht. Das ist jedenfalls nicht der Hauptgrund. Trotz ihrer ganzen Exzentrik ist Madame sehr intelligent. Boney und sie können stundenlang über Themen diskutieren, über die die meisten Leute nichts wissen oder für die sie sich nicht interessieren.«
»Ich hab den alten Boney immer gemocht. Er war â ist â ein guter Lehrer.«
»Madame ist auch eine gute Lehrerin, auf ihrem Gebiet. Doch wenn sie ihre Wutausbrüche kriegt, bin ich manchmal froh, dass ich Alistairs Unterstützung habe.«
»Wie geht es Alistair? Du magst ihn sehr gerne, nicht wahr?«
»Ach, Ruan, du bist genauso schlimm wie Mama.«
»Was soll das denn heiÃen?«
»Mama hat mehr oder weniger vorgeschlagen, ich sollte Alistair heiraten. Sie hat gesagt, wenn ich einen Ehemann hätte, brauchte ich nicht die Erlaubnis meiner Eltern, um nach Europa zu reisen. Mein Mann wäre dann für mich verantwortlich.«
»Ich weià doch, dass du unbedingt nach Italien willst. Warum heiratest du Alistair nicht einfach? Scheint mir die perfekte Lösung, wenn unsere
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