Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lieder von Sternen und Schatten

Lieder von Sternen und Schatten

Titel: Lieder von Sternen und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
Vom Netzwerk:
verloren.
    »Ich lasse Ihnen zwei Laser hier. Sorgen Sie dafür, daß die Jaenshi in einem Jahr damit umgehen können. Ich glaube, ich weiß, was für Handelsgüter ich mitbringen sollte.«
    Die Jaenshi lebten in Clans (wie neKrol das für sich einschätzte) von zwanzig oder dreißig Individuen; jeder Clan teilte sich gleichmäßig in Erwachsene und Kinder; jeder hatte seinen eigenen Heimatwald und eigene Betpyramide. Die Jaenshi bauten nicht; sie schliefen zusammengerollt in Bäumen rund um ihre Pyramide. Zur Nahrungssuche streiften sie umher; saftige, blauschwarze Früchte wuchsen überall; es gab drei Arten von eßbaren Beeren, ein Blatt mit Rausch- und Halluzinogenwirkung und eine seifige, gelbe Wurzel, nach der die Jaenshi gruben. neKrol hatte sie auch als Jäger erlebt, wenngleich nur selten. Ein Clan kam monatelang ohne Fleisch aus, während die schnüffelnden braunen Buschschweine ringsumher sich rasch vermehrten, Wurzeln ausgruben und mit den Kindern spielten. Dann plötzlich, wenn die Zahl der Buschschweine einen kritischen Punkt erreichte, traten die Speerträger der Jaenshi ruhig unter sie, töteten zwei Drittel davon, und in dieser Woche wurden jeden Abend um die Pyramide große Bratfeste abgehalten. Ähnliches war zu erkennen bei den weißen Baumschnecken, die manchmal die Obstbäume wie eine Pest bedeckten, bis die Jaenshi sie zum Kochen einsammelten, und bei den obstraubenden Pseudoaffen, die durch das höhere Geäst geisterten. Soweit neKrol das beurteilen konnte, gab es in den Wäldern der Jaenshi keine Raubtiere. In den ersten Monaten seines Aufenthalts auf ihrer Welt hatte er ein langes Energiemesser und einen Handlaser getragen, als er auf seiner Handelsroute von Pyramide zu Pyramide gegangen war. Er war aber niemals auf etwas auch nur entfernt Feindseliges gestoßen, und nun lag das Messer zerbrochen in seiner Küche, während der Laser längst irgendwo verschwunden war.
    Am Tag nach dem Abflug der ›Lights of Jolostar‹ ging neKrol wieder in den Wald, bewaffnet mit einem Jagdlasergewehr von Ryther.
    Keine zwei Kilometer von seinem Stützpunkt entfernt fand neKrol das Lager der Jaenshi, die er die Wasserfall-Leute nannte. Sie lebten am Hang eines stark bewaldeten Berges, wo ein Strom brodelnden, blauweißen Wassers herabgerauscht und -gestürzt kam, sich immer wieder teilend und zusammenschließend, so daß die ganze Bergseite ein verschlungenes, glitzerndes Geflecht von Wasserfällen und Stromschnellen und seichten Teichen und sprühenden nassen Schleiern war. Die Betpyramide des Clans stand im untersten Becken, auf einem flachen grauen Stein inmitten der Wasserwirbel; größer als die meisten Jaenshi, reichte sie neKrol bis ans Kinn und sah unendlich schwer und massiv und unbeweglich aus. Sie war ein dreiseitiger Block aus dunklem, dunklem Rot.
    neKrol ließ sich nicht täuschen; er hatte andere Pyramiden von den Laserwaffen der Stahlengel zerschnitten, zerteilt und von den Flammen ihrer Strahler zerfetzt gesehen; welche Macht die Pyramiden in den Mythen der Jaenshi auch besitzen mochten, welche Geheimnisse sich hinter ihrem Ursprung auch verbargen, sie reichten nicht aus, den Schwertern Bakkalons standzuhalten.
    Die Lichtung um das Pyramiden-Becken war erfüllt von Sonnenlicht, als neKrol hineintrat, und die langen Gräser schwankten im leichten Wind, aber die meisten Wasserfall-Leute hielten sich anderswo auf. Vielleicht in den Bäumen, kletternd und sich paarend und Früchte pflückend oder an ihrem Berg durch die Wälder streifend. Der Händler fand nur ein paar kleine Kinder, die in der Lichtung auf einem Buschschwein ritten, als er ankam. Er setzte sich hin, um zu warten und sich in der Sonne zu wärmen.
    Bald kam der alte Sprecher.
    Er setzte sich zu neKrol. Er war ein winziger, verrunzelter Jaenshi, bei dem nur ein paar Stellen von schmutzig-grauweißem Fell die Falten an seiner Haut verbargen. Er besaß auch keine Zähne mehr, war krallenlos, schwächlich, aber seine Augen, groß und golden und pupillenlos wie die aller Jaenshi, waren noch immer wach und lebendig. Er war der Sprecher der Wasserfall-Leute und stand mit der Betpyramide in engster Verbindung. Jeder Clan hatte einen Sprecher.
    »Ich habe etwas Neues anzubieten«, sagte neKrol in der sanften, undeutlichen Sprache der Jaenshi. Er hatte sie gelernt, bevor er hierher gekommen war, noch auf Avalon. Tomas Chung, der legendäre Sprach-Esper von Avalon, hatte sie Jahrhunderte zuvor entschlüsselt, als die Kleronomas-Vermessung

Weitere Kostenlose Bücher