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LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

Titel: LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Everson
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Rücken steckte. »Nein! Du hast alles getötet, was mir lieb und teuer ist. Niemals könnte ich dir gehören.«
    Damit ergriff er das Heft des Speers und drängte ihn mit aller verbliebenen Energie in seine Richtung. Er konnte spüren, wie sich der kalte Stahl in ihr bewegte. Ligeias Augen weiteten sich, als er sich den Weg durch ihre Rippen und den Magen bahnte, um an der Vorderseite ihres Körpers wieder auszutreten. Als Evan spürte, wie die Speerspitze gegen seinen Bauch pikste, ließ er Ligeia los.
    »Stirb«, sagte er leise, stieß sich mit den Füßen von ihrer Brust ab und strebte, Bill im Klammergriff, dem offenen Gewässer der Bucht zu.
    Nur ein einziges Mal blickte er zurück, während sie hinausschwammen. Ligeia lag zusammengesunken auf den rußgeschwärzten Planken des alten Wracks.
    »Sarah«, stöhnte Bill, nachdem sie den Schatten des Schiffs hinter sich zurückgelassen hatten. Evan nickte und trat, so schnell und fest er konnte, mit den Füßen, um sie zum Grund der Bucht zu bringen – an die Stelle, an der, wie er wusste, der Leichnam seiner Frau auf ihn wartete.
    Im trügerischen Zwielicht, das unter den Wogen herrschte, wirkte Sarahs Gesicht beinahe friedlich. Evan zögerte, sie zu berühren. Doch dann flüsterte Bill in sein Mikro »Heb sie auf!«, und Evan stellte fest, dass er nicht widerstehen konnte. Er wollte sie noch einmal in den Armen halten, auch wenn es unmöglich schien, sie ans Ufer mitzunehmen.
    Evan ließ seine Hände in den Schlamm unter Sarahs Körper gleiten und zog sie zu einer letzten Umarmung heran. Schlaff und reglos drängte sie sich gegen ihn. Tot. Aber Evan bemühte sich trotzdem, in diesem toten Fleisch einen letzten Funken des Zaubers zu finden, der Sarah ausgemacht hatte. All die Jahre über hatte er diese Frau geliebt. Sie war ihm beste Freundin, Geliebte und Sparringspartnerin zugleich gewesen. Sie hatten einander gehasst und geliebt auf eine Art, die ein Außenstehender kaum nachvollziehen konnte. Sie hatten Josh gezeugt und wären gemeinsam fast an seinem Verlust zerbrochen.
    Nun, wo er in der sonderbaren, diesigen Strömung der Bucht von Delilah ihre ruhigen und verflossenen Züge betrachtete, begriff Evan endlich, dass er auch sie ein für alle Mal verloren hatte. Er würde nie wieder mit ihr um fünf Uhr morgens in der Küche Kaffee trinken. Sie würde nie mehr im Badezimmer stehen, ihren Lippenstift auftragen und sich mit einem anzüglichen Grinsen erkundigen, ob sie »wie eine Schlampe« aussah. Und auch nicht zuerst seine Lippen, dann seine Brustwarzen und schließlich seinen Schwanz küssen, um ihm aus dieser unterwürfigen Haltung ein inbrünstiges »Ich liebe dich« entgegenzuhauchen.
    Die Tausende von Malen, die er sie schlecht behandelt hatte, drängten sich in seine Erinnerung. Innerhalb eines einzigen Herzschlags weinte er darüber und flehte zugleich um Vergebung. Er legte ihr seine gefesselten Arme wie eine Trageschlinge um den Kopf, drückte sie an sich und mühte sich ab, sie vom Meeresboden in die Höhe zu hieven. Dann sagte er ruhig in sein Mikrofon: »Bill, ich brauche deine Hilfe.«
    Irgendwie gelang es Bill, seine Arme um sie beide herumzuschlingen. Er war zwar wackelig auf den Beinen, aber mit all seiner Erfahrung dirigierte er sie ins flache Wasser der Bucht von Delilah, wo Evan, als sie die Küste schon vor Augen hatten, übernahm. Am Ende war es die Kraft seiner eigenen Beine, die sie alle drei ans Ufer brachte. Manchmal waren es diejenigen, von denen man es am wenigsten erwartete, die einen dazu brachten, den Weg einzuschlagen, den man selbst nie freiwillig eingeschlagen hätte.
    Evan fand seinen Weg, als er sich gleichzeitig an Sarahs Leichnam und Bills ausgepumptem Körper festhielt. Während er beide dem Strand entgegenschob, dachte er an Josh und Steine, die in einer verlassenen Bucht übers Wasser hüpften.
    »Let me touch you now, forever«, flüsterte er den Text ihres gemeinsamen Lieblingslieds. »Just this one last time.« Eine allerletzte Berührung. Die letzten Tränen versiegten, als sein Kopf die rettende Wasseroberfläche durchbrach.

EPILOG
    Sarah hatte eine Menge Kleider besessen. Evan war nie bewusst gewesen, wie viele – erst jetzt, wo sie nicht mehr lebte. Im Gegensatz dazu, wie er und sie mit Joshs Tod umgegangen waren, fasste er in der ersten Nacht, die er allein zu Hause verbrachte, den Entschluss, aus dem Haus keine Gedenkstätte für sie zu machen. Nach dem vergangenen Jahr wusste er es besser. Eine Woche nach

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