LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)
Mit einem verwirrten Stirnrunzeln blickte sie zu ihm auf.
»Morgen früh fangen wir damit an, Joshs Zimmer zu renovieren.«
Sarah nickte lediglich und trank einen weiteren Schluck Kaffee.
»Ich weiß, dass ich das schon mal gesagt habe, aber jetzt müssen wir es wirklich tun. Uns beiden zuliebe.«
»Ich weiß nicht, ob ich es schaffe, dir dabei zu helfen«, entgegnete sie. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich die Kraft habe, seine Sachen in einen Karton zu packen.«
Diesmal war es an Evan zu nicken. »Geh doch morgen Vormittag einkaufen«, schlug er vor. »Ich werde mich ums Gröbste kümmern. Anschließend kannst du mir beim Tapezieren helfen, damit alles wie neu aussieht.«
Er strich ihr eine Träne von der Wange und sie schmiegte sich an seine Hand. Wortlos hielt er sie fest, streichelte mit der freien Hand über ihre Schulter und versicherte erneut: »Ich liebe dich.«
Der Arbeitstag wollte nicht zu Ende gehen. Evan kämpfte sich durch eine wahre Flut an Papieren, und das bedeutete, stundenlang stupide am Schreibtisch zu sitzen und Formulare durchzusehen. Jede Menge Zeit, um nachzudenken. Und immer wieder kehrten seine Gedanken zurück ans Meer. Zu einer ganz bestimmten Frau.
»Wie läuft’s?«, wollte Bill am Nachmittag von ihm wissen. »Du warst heute ziemlich still.«
Evan zuckte die Achseln. »Als ich heute Morgen aufgewacht bin, lag ein riesiger Haufen Fische auf unserer Veranda.«
»Hmmm«, machte sein Freund, beugte sich an ihn heran und redete leise weiter: »Tja, das kommt mir eigentlich ganz normal vor. Insbesondere, wenn man sich dauernd mit einem Meeresgeschöpf trifft. Vielleicht hat das bei einer Sirene ja dasselbe zu bedeuten wie Rosen?«
»Das glaube ich nicht«, erwiderte Evan. »Gestern Nacht habe ich mit ihr Schluss gemacht.«
»Uh, oh! Wenn es sich so verhält, gehe ich davon aus, dass es sich um das maritime Gegenstück zu einem Haufen Hundescheiße vor der Tür handelt. Sei froh, dass sie die Fische nicht auch noch angezündet hat. Das hätte sicher mächtig gestunken. Aber bei dir in der Gegend hätte wohl sowieso niemand den Unterschied bemerkt.«
»Äußerst witzig«, moserte Evan. »Was meinst du, soll ich heute Abend versuchen, noch mal mit ihr zu reden?«
»Willst du dich mit ihr aussöhnen?«
Evan schüttelte den Kopf. »Ich muss dem ein Ende bereiten. Ich habe Sarah gesagt, dass wir morgen Joshs Zimmer ausräumen. Es wird wirklich Zeit, reinen Tisch zu machen. Weißt du? In jeder Hinsicht!«
»Dann lass es bleiben«, meinte Bill. »Du wirst sie kein bisschen glücklicher machen, wenn du da rausgehst, neue Hoffnungen weckst, wenn sie dich sieht, nur um ihr dann zum zweiten Mal zu erklären, dass du Schluss machen willst. Glaub mir, es hinauszuzögern, macht es nicht leichter. Du hast es ihr einmal gesagt und jetzt vergiss die Kleine. Die Bombe ist geplatzt, sie hat dir im Gegenzug einen kleinen Liebesbeweis geschickt, und damit ist die Geschichte hoffentlich ausgestanden.«
Evan nickte. »Hoffentlich!«
Bill ging an seinen Schreibtisch zurück, doch tief im Innern wusste Evan, dass mit einem Haufen Fische längst nicht das letzte Wort gesprochen war. So schnell war Ligeia nicht zufriedenzustellen. Allerdings hatte er nicht die leiseste Ahnung, was sie als Nächstes tun würde. Die Härchen in seinem Nacken richteten sich auf. Nicht die leiseste.
29
»Ich habe ein paar Umzugskartons von der Arbeit mitgebracht«, sagte Sarah. Evan stand mit dem Kaffeebecher in der Hand mitten in Joshs früherem Zimmer. »Ich habe sie in der Garage gestapelt.«
Evan nickte geistesabwesend, während er seinen Blick durch den Raum schweifen ließ, über die Poster und Lampen zu dem Durcheinander auf dem Schreibtisch. Er hatte keine Ahnung, wo er anfangen sollte.
»Das ist gut«, murmelte er. »Danke.«
Sarah legte ihm die Hand auf die Schulter und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. »Und du bist mir auch nicht böse, weil ich dich jetzt eine Zeit lang allein lasse, damit du das erledigen kannst, oder?«
»Nein, das verstehe ich doch«, behauptete Evan, auch wenn es ihm nicht gefiel, dass sich Sarah ausgerechnet bei dieser entscheidenden Etappe ausklinkte. Sie mussten gemeinsam die Überbleibsel aus dem Leben ihres Sohnes wegräumen – wenn er ihr diese Aufgabe abnahm, würde ihr das nicht helfen, die Trauer zu verarbeiten. Außerdem hätte er durchaus ihre Hilfe brauchen können, mit dem Ganzen fertig zu werden. Symbolisch ohnehin, in der Praxis erst recht. Schließlich freute er
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