Light & Darkness
hatte. Übelkeit stieg in ihm auf.
»Ich mag es nicht, wenn man mich unterbricht«, zischte Crispin, antwortete jedoch auf seine Frage. »Ich glaube nicht, dass mein Sohn mir gegenüber loyal ist. Ich möchte wissen, ob ich ihm vertrauen kann. Und wenn er dir etwas über die Censio verrät, kann ich es nicht.«
»Was passiert, wenn er mir etwas verrät?«
»Ich hoffe nicht, dass dieser Fall eintritt, aber wenn es so ist, sehe ich mich gezwungen ihn zu töten.« Crispin zuckte gelangweilt mit den Schultern, als würde er von einer alten Zeitung sprechen, die er entsorgen musste.
»Wieso wollen Sie das Ihrem eigenen Sohn antun?« In Wirklichkeit frage Jude sich nur, wie Light reagieren würde, wenn Dante weg wäre. Er mochte ihn nicht, spürte aber, dass seine Schwester inzwischen eine Verbindung zu dem Dämon aufgebaut hatte, obwohl dieser ihre Zuneigung nicht verdiente.
»Ich habe mein Leben den Censio verschrieben und Verräter haben es nicht verdient, Teil der Gruppe zu sein.« Er änderte seine Sitzposition, dabei schlugen seine schweren Stiefel hart auf den Boden. »Dante ist wie seine Mutter, gefühlsbetont und leicht manipulierbar. Er ist eine Zumutung für die Censio und wäre er mir … uns treu ergeben, wäre er schon längst zurückgekehrt.«
Jude schmeckte Galle auf seiner Zunge. »Was passiert, wenn Dante mir nichts über die Censio erzählt?«
»Darüber musst du dir keine Gedanken machen. Du solltest lieber über Möglichkeit zwei nachdenken ...,« fuhr er fort. »Solltest du dich weigern mit mir zu kooperieren, sehe ich mich gezwungen dich zu töten.«
Nun konnte Jude es nicht mehr zurückhalten. Er übergab sich direkt vor Crispin und augenblicklich war die Luft vom Gestank seines Erbrochenen geschwängert. Angewidert verzog Crispin das Gesicht und fast glaubte Jude, er würde ihn für diese Respektlosigkeit schlagen, doch nichts dergleichen geschah. In einer geschmeidigen Bewegung stand Crispin auf und betätigte die Gegensprechanlage. Jude hörte, wie er sich mit jemandem unterhielt, aber die Worte waren zu leise, als dass er sie hätte verstehen können. Unwohl rutschte Jude auf seinen Stuhl hin und her. Er wollte nach Hause, weg von dem Gestank und weg von Crispin.
»Es kommt gleich jemand, der sich darum kümmert«, sagte Crispin und zog seinen Stuhl auf einige Meter Entfernung weg. Noch im selben Moment öffnete sich die Tür und ein Mann, der Jude ebenfalls bekannt vorkam, betrat den Raum. Er hatte einen Eimer und mehrere Lappen bei sich. Seine Uniform wies ihn als hochrangiges Mitglied der Censio aus, dennoch schien es ihm nicht peinlich zu sein, sich hinzuknien und Erbrochenes aufzuwischen. »Wieso schaffst du es nie einen Eimer vor ihre Füße zu stellen«, beschwerte sich der Mann, als er fertig war. Fast schuldig lächelte Crispin ihn an und deutete ihm den Raum zu verlassen. Woher kannte Jude ihn nur? War er ebenfalls ein Verwandter von Dante?
»Und?«, fragte Crispin neugierig. »Hast du dich für eine Möglichkeit entschieden?«
Verwirrt sah Jude ihn an, bis er sich daran erinnerte, was Crispin meinte. Er könnte für ihn als Spion arbeiten, ihm Dante ausliefern und dabei sein eigenes Leben retten. »Ich werde Ihnen helfen«, sagte Jude entschlossen. Er würde Dante zu einem Geständnis zwingen und kurze Zeit später wäre Light ihn los. Sie würde ein Wesen bekommen, das ihrer würdig war.
»Eine kluge Entscheidung, Delegat Jude«, spottete Crispin. Er stand von seinem Stuhl auf und ging in Richtung Tür. Als seine Hand schon auf der Türklinge lag, drehte er sich noch einmal um. »Geht es Dante gut?«, fragte er und das erste Mal überhaupt hörte er sich an wie ein Vater.
Jude zögerte. »Ich denke schon.« Sicher war er sich nicht, aber Crispin schien die Antwort zu genügen – er wandte sich ab, um zu gehen. »Hey!«, rief Jude ihm hinterher, als er schon halb aus der Tür war. »Was ist mit mir? Lassen Sie mich gehen! Ich habe doch gesagt, ich werde Euch helfen!« Verzweiflung und Furcht schwangen in seiner Stimme mit.
»Keine Sorge, ich lasse dich gehen«, versicherte ihm Crispin. »Aber erst in ein paar Tagen. Die Leute wissen, dass wir dich entführt haben, es kommt bereits in den Nachrichten. Lassen wir dich jetzt unversehrt gehen, werden sie wissen, dass etwas nicht stimmt.« Wieder umspielte ein teuflisches Lächeln seine Lippen.
Was sollte das heißen? Wie lange würden sie ihn hierbehalten? Einen Tag? Zwei? Vier? Das anfängliche Gefühl des Erstickens
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