Light Dragons: Eine feurige Angelegenheit (German Edition)
blickte ihn an. Er verzog keine Miene.
»Ich verstehe.«
»Ich bin überrascht, dass du keine Vision über diese Episode hattest«, sagte er nach einer Weile. »Du hast immerhin beinahe einen Erzmagier getötet. Es würde sich doch lohnen, eine solche Vision zu erleben.«
In meinem Kopf hörte ich auf einmal das Echo einer Stimme. Ich blinkte und fuhr an den Straßenrand. Jim blickte fragend auf, vertiefte sich jedoch sogleich seufzend wieder in seine Zeitschrift. Ich wandte mich zu Baltic.
»Gefährtin?«, fragte Baltic und zog eine Augenbraue hoch.
»Sei still. Es ist da, ganz hinten in meinem Kopf. Ich kann das Echo hören. Ich will wissen, was passiert ist. Ich möchte es sehen. Ich möchte mich wieder erinnern können. Ich will …«
Das Echo tanzte quälend nahe an den Rändern meines Bewusstseins entlang, wo ich es sehen, aber nicht greifen konnte. Ich schloss die Augen und versuchte, mich darauf zu konzentrieren, aber die Echos blieben zusammenhanglos und unvollständig.
»… soll nicht sein! Ich werde nicht …«
»Du hast nicht das Recht, Drache …«
»Gefährtin, du kannst nicht …«
Kopfschüttelnd versuchte ich, die Erinnerung zurückzuholen. »Ich habe sie verloren, Baltic. Ich kann mich noch nicht einmal mehr an meine eigene Vergangenheit erinnern.«
Ich hörte ihn seufzen, und plötzlich lag ich in seinen Armen. Sein Körper war warm und fest, und er hielt mich zärtlich umfangen. Ich öffnete die Augen und blickte in die dunklen, endlosen Tiefen der seinen, die mich in seine Seele hineinzogen.
»Tu das nicht, Ysolde. Du bist meine Liebe, mein Leben. Du bist der Atem in meinen Lungen und der Schlag meines Herzens. Ohne dich könnte ich nicht sein.«
»Sie hat versucht, dich mir wegzunehmen«, hörte ich mich sagen und stellte fest, dass ihm gelungen war, was ich nicht vermocht hatte – er hatte die Vision aus meinen verborgenen Erinnerungen herausgeholt.
»Nein«, sagte der Baltic aus der Vergangenheit. Sein Gesicht war anders und doch vertraut. »Das kann niemand. Du brauchst sie nicht zu töten. Riskiere nichts, was du dir nicht leisten kannst, Geliebte. Sie ist es nicht wert.«
Ich drehte mich zu der Frau um, die von meinem Feuer an einer steinernen Mauer gefangen gehalten wurde. Am Rand der Schatten standen Drachen und andere Gestalten in respektvollem Abstand zu uns. Es war Nacht. Die Luft war warm und duftete nach Jasmin und Orangenblüten. In der Ferne kündeten gedämpfte Geräusche von einer Stadt.
Das Feuer brannte still, wie Drachenfeuer das so an sich haben, aber mit einer Helligkeit, die den gesamten Bereich um uns herum in gleißendes Licht tauchte. Aber nicht nur das Drachenfeuer umgab sie; ein Gefühl von Macht erfüllte mich und floss ebenfalls zu Antonia. Am liebsten hätte ich sie mit meiner Macht überwältigt, aber Baltics Liebe hüllte mich in ein so dichtes Netz ein, dass ich es nicht fertigbrachte. Mit nur einem einzigen Gedanken hätte ich es zerreißen können, aber dann hätte ich auch unsere Liebe zerstört, und nichts auf dieser Welt konnte mich zu so einem großen Opfer bewegen.
»Es freut mich, dass ich mich in dir nicht geirrt habe«, sagte eine ruhige Stimme von der Seite.
Ein Mann trat durch die Menge, die sich vor ihm teilte, als würde er durch fruchtbare Erde pflügen. Hinter ihm ertönte unterdrücktes Murmeln, als er vor mir stehen blieb. Sein Gesicht und seine Augen waren alterslos, alles sehend, alles wissend, als ob es ihm mit völliger Klarheit bewusst sei, dass ich dabei war, einen Akt zu begehen, der meinen Lebensweg für immer verändern würde.
»Wer bist du?«, fragte ich den Mann. Er war ein Drache, da war ich mir sicher, aber ich erkannte ihn nicht und wusste auch nicht, von welcher Sippe er war.
Er blickte mich aus seinen dunklen Augen amüsiert an – zumindest, bis sein Blick auf Baltic fiel. Da kniff er die Augen zusammen und seine Lippen wurden schmal. Wer auch immer er sein mochte, erfreut war er nicht.
»Baltic«, sagte er und wandte seinen Blick wieder mir zu, »deine Gefährtin ist die Quelle großer Probleme, scheint mir.«
Baltic zog mich fest an sich. » Mir macht sie keine Probleme.«
Die Lippen des Drachen zuckten, aber er drehte lediglich den Kopf, um Antonia von Endres zu betrachten, die bewegungslos an der steinernen Turmwand der Villa stand. Er zog die Augenbrauen hoch. »Willst du die Magierin vernichten, Tochter der Nacht?«
Ich hatte eigentlich nicht vorgehabt, ihm zu antworten, aber etwas an seiner
Weitere Kostenlose Bücher