Light Dragons
Frau die Trümmer von Baltics Wutanfall beiseite. Kurz darauf wurden drei neue Bänke aufgestellt. Die Einheimischen tauchten jedoch erst zwei Stunden später auf, als sie sicher sein konnten, dass der irre Lord oben schlief. Das leise Murmeln ihrer Gespräche, das nach oben drang, schwoll von Zeit zu Zeit an, wenn jemand herzlich lachte, was aber sofort unterdrückt wurde, weil die Gäste anscheinend Angst hatten, zu viel Lärm zu machen.
»Das ist albern. Er hat mich herausgefordert. Er hat mir das Schwert an den Hals gehalten. Warum bedauere ich eigentlich, was ich getan habe?«, sagte ich zu mir selbst und berührte dabei die Stelle an meinem Hals, wo das Schwert meine Haut durchbohrt hatte.
Die Wunde war nicht mehr da. Sie war fast sofort geheilt, und wenn nicht ein paar Tropfen Blut auf mein Hemd geflossen wären, hätte ich fast geglaubt, mir alles nur eingebildet zu haben. Ich hatte meine zerrissene Kleidung gewechselt, nachdem Pavel mir meinen Reisekorb gebracht hatte, aber das Hemd mit dem rostroten Fleck lag obendrauf. Ich rieb an dem getrockneten Blut und versuchte das Gefühl von Schuld und Scham zu ignorieren.
»Das hat doch keinen Zweck«, sagte ich schließlich. Ich straffte die Schultern, öffnete die Tür und betrat das Hauptzimmer.
Die einzige Lichtquelle war der Mond, der durch die Fensterläden schien. Ich hielt die Kerze aus meiner Kammer in die Höhe und blickte suchend über die Strohsäcke. Zu meiner Überraschung waren alle bis auf einen leer.
Vorsichtig trat ich näher. Ich konnte nicht erkennen, um welchen Mann es sich handelte – ein Fell war über ihn ausgebreitet, und man sah nur noch seinen Scheitel, denn alle Wachen hatten mehr oder weniger dunkle Haare.
Ich stellte die Kerze auf den Fußboden neben den Strohsack, um das Fell so weit herunterzuziehen, dass ich erkennen konnte, wer da lag, aber bevor ich es berühren konnte, schoss eine Hand heraus und packte mein Handgelenk in eisernem Griff. Ich schrie auf, und der Mann setzte sich auf. Als er sah, dass ich es war, ließ er mein Handgelenk los.
»Was tust du hier?«, knurrte er.
Es war Baltic, und er schien sich nicht besonders zu freuen, als er mich sah.
»Ich wollte nachschauen, ob du verletzt bist«, sagte ich verlegen. Ich wies auf seine Beine. »An deiner … Stelle da.«
Einen Moment lang starrte er mich an, als ob mir plötzlich zwei Karotten aus den Ohren wachsen würden. »Du wolltest nachschauen, ob ich verletzt bin?«
»Ja. Ich weiß, dass Männer da empfindlich sind. Na ja, das ist ja auch kein Wunder, oder? Es hängt schließlich alles offen herum und ist nicht so schön versteckt wie bei Frauen. Ich wusste ja auch, dass ich dich damit außer Gefecht setzen würde, aber ich habe darüber nachgedacht und mir ist klar geworden, dass ich dich vielleicht überrumpelt habe und dass du in dem Moment, als ich sagte, dass wir gleich anfangen können, wahrscheinlich noch nicht bereit für meinen Angriff warst. Deshalb habe ich gedacht, ich sehe mal nach, ob du verletzt bist. Also, ernsthaft verletzt, meine ich, denn dass es dir wehgetan hat, weiß ich ja, sonst hättest du dich schließlich nicht auf dem Boden gewälzt.«
Während ich redete, saß er da und gab kein Wort von sich, aber als ich fertig war, schüttelte er den Kopf und sagte in relativ nüchternem Ton: »Ja, du hast mir wehgetan. Du hast mir die Eier fast bis in den Bauch gerammt. Aber du hast mir keinen dauerhaften Schaden zugefügt, wenn du deswegen Gewissensbisse haben solltest.«
»Bist du sicher?«, fragte ich und kniete mich neben ihn. Am liebsten hätte ich seine Geschlechtsteile untersucht, aber ich wusste nicht so recht, wie ich ihm das sagen sollte, ohne dass er den Eindruck bekam, ich wolle ihn lüstern betrachten. Was ich, wie ich leider zugeben musste, auch ganz gern getan hätte. »Vielleicht sollte ich mich mal vergewissern. Meine Mutter – Lady Alice – hat mir viel über Krankenpflege beigebracht. Ich bin weithin bekannt für meine heilenden Fähigkeiten.«
Er murmelte etwas, das wie eine Schmähung von Heilern klang, dann straffte er sich plötzlich. »Du willst dir meinen Schwanz anschauen?«
»Ich hielte es für das Beste, deine männlichen Teile auf Verletzungen hin zu untersuchen, ja«, erwiderte ich und versuchte, möglichst kenntnisreich in Bezug auf Genitalien zu wirken. »Schließlich habe ich die Verletzung verursacht. Wenn jemand diesen … äh … Bereich untersuchen sollte, dann ich.«
Er lehnte sich halb an die Wand.
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