Liliane Susewind – Delphine in Seenot (German Edition)
Ende des Stegs gefahren und verfolgte ebenfalls, was geschah. »Hierher! Hier ist das Meer!«, schrie sie unvermittelt.
Lilli begriff im ersten Moment nicht, warum sie so schrie, doch dann wurde ihr klar, welche Chance sich hier bot. »Fitz! Zapp!«, brüllte Lilli. »Folgt Felines Stimme! Das ist die richtige Richtung!«
Feline schrie erneut aus Leibeskräften: »Hierher!«
Die Delphine, von denen Lilli nur noch die Rückenfinnen sehen konnte, änderten die Richtung und strebten nun auf Feline zu. Es hatte geklappt! Sie schwammen zum Ende des Stegs, und hinter dem Steg lag das offene Meer.
Als sie Feline erreichten, atmete Lilli geräuschvoll aus. Sie wollte schon laut jubeln, da verschwand Fitz’ Rückenfinne plötzlich. War er abgetaucht? Wo war er? Alarmiert wechselte Lilli einen Blick mit Jesahja, doch der schüttelte auch nur ratlos den Kopf.
Da erklang ein durchdringendes, hohes Pfeifen von Zapp, das Lilli bis ins Mark erschütterte. »Nein! O nein! Fitz! Er hat sich in dem Netz verheddert! Hilfe! Er steckt in dem Netz und kann nicht mehr nach oben! Er bekommt keine Luft!«
Lilli erstarrte.
»Was ist los?«, fragte Jesahja mit bebender Stimme.
Das Netz, von dem Zapp sprach, konnte nur das Fischernetz sein, das an der Happy Hannelore befestigt war. Wenn Fitz sich in diesem Netz verheddert hatte, war es unmöglich für ihn, sich allein zu befreien. Er würde unter Wasser ersticken!
»Fitz steckt in dem Fischernetz fest«, flüsterte Lilli kaum hörbar.
Jesahja riss erschrocken die Augen auf. Mit einer panischen Bewegung stürzte er sich ins Wasser und schwamm los. Doch die Wellen waren mittlerweile so stark, dass er nur langsam vorankam.
Da hörte Lilli Feline verzweifelt rufen: »Der Kleine steckt unter dem Boot fest! O Gott! Jemand muss ihm helfen!«
Lilli konnte sich nicht bewegen. Sie war vor Entsetzen wie erstarrt und konnte keinen klaren Gedanken fassen.
Feline raufte sich die Haare und schrie wieder und wieder, dass jemand dem Delphin helfen müsse. Doch Jesahja, der auf das Boot zuschwamm, war noch lange nicht dort.
Dann geschah etwas, das Lilli zuerst nicht begreifen konnte: Feline fuhr mit ihrem Rollstuhl an den Rand des Stegs und ließ sich ins Wasser fallen!
Lilli blinzelte, denn sie glaubte, einer Sinnestäuschung zu unterliegen. Doch als sie die Augen öffnete, lag nur noch der umgekippte Rollstuhl auf dem Steg. Feline hatte sich ins Wasser gestürzt, um Fitz zu retten.
Lilli erschauderte vor Grauen. Hatte Feline vergessen, dass sie nicht schwimmen konnte? Sie würde selbst ertrinken!
Nun kam Leben in Lillis Glieder, und die lähmende Angst fiel von ihr ab. Sie musste etwas tun! Doch wenn Jesahja im Wasser so langsam vorankam, war es zwecklos, hinter ihm herzuschwimmen.
Kurz entschlossen kämpfte Lilli sich, halb schwimmend, aus dem Wasser an Land. Mit puddingweichen Beinen rannte sie dann über den Strand zum Steg. Als sie endlich das Ende erreichte, bot sich ihr ein seltsames Bild: Jesahja war mittlerweile bei der Happy Hannelore angelangt. Doch er schwamm nicht unter das Boot zu Fitz. Stattdessen starrte er ungläubig auf Feline, die im Wasser schwamm.
Sie schwamm .
Mit kräftigen Armbewegungen nahm Feline Schwung und tauchte unter. Die Happy Hannelore schwankte. Lilli hörte kratzende, rumpelnde Geräusche, die unter dem Boot hervordrangen. Im nächsten Augenblick tauchte Fitz’ Kopf an der Oberfläche auf. Eine hohe Wasserfontäne spritzte in die Luft, und er pfiff: »Huch, das war knapp!«
Da tauchte auch Feline auf. Lilli sah sie verdutzt an, denn Felines Gesicht hatte sich verändert. Lilli erkannte nicht gleich, was genau anders war, doch dann wusste sie es: Feline lachte!
»Ich kann schwimmen!«, rief Feline und lachte dabei so sehr, dass man sie kaum verstehen konnte. »Ich schwimme!«
»Aber wie?«, hörte Lilli sich fragen.
»Ich schwimme mit den Armen! Seht mal!« Feline machte im Wasser eine übermütige Drehung. »Ich brauche meine Beine gar nicht! Ich kann mich mit den Armen über Wasser halten!« Sie jauchzte laut auf und begann zu kraulen.
Lilli konnte es kaum fassen. Auch Jesahja blickte sie voller Verblüffung an. »Bleib lieber nicht zu lange drin«, rief er Feline zu, und man hörte ihm an, dass er der Sache noch nicht so ganz traute.
Feline seufzte. »Du hast wahrscheinlich recht. Ich sollte es nicht übertreiben. Aber das ist bestimmt nicht das letzte Mal, dass ich schwimme!« Sie strahlte über das ganze Gesicht.
Lilli war tief berührt von
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